Politik

Legale Vetternwirtschaft in Bayern Seehofer opfert Fraktionschef Schmid

CSU-Chef Seehofer (r.) will nichts von den 17 Vettern-Fällen gewusst haben: Hier mit Ex-Fraktionschef Schmid (Archivbild).

CSU-Chef Seehofer (r.) will nichts von den 17 Vettern-Fällen gewusst haben: Hier mit Ex-Fraktionschef Schmid (Archivbild).

(Foto: dpa)

Das war nur in Bayern möglich: Über Jahre haben CSU-Abgeordnete Ehepartner oder Kinder als Mitarbeiter beschäftigt. Die Debatte über die Sonderregelung, die das erlaubte, fegt CSU-Fraktionschef Schmid aus dem Amt. Denn er hatte seiner Frau ein besonders üppiges Salär bezahlt.

Wenige Tage nach Bekanntwerden der krassen Fälle von Vetternwirtschaft in der bayerischen CSU-Fraktion hat Fraktionschef Georg Schmid seinen Hut genommen. Sein Mandat will er behalten.

Schmid hatte über Jahre seine Ehefrau als Mitarbeiterin beschäftigt und ihr monatlich bis zu 5500 Euro bezahlt. Bayerischen Landtagsabgeordneten stehen neben vergleichsweise hohen Diäten in Höhe von 7244 Euro und einer Kostenpauschale in Höhe von 3282 Euro 7524 Euro für Personal zur Verfügung. Rechenschaft müssen sie über die Verwendung dieses Geldes nicht ablegen.

Fraktionschef Schmid war nicht der einzige CSU-Abgeordnete, der Ehepartner oder Kinder beschäftigte, insgesamt 17 Fälle von Vetternwirtschaft gab es zuletzt in der CSU-Landtagsfraktion. Mittlerweile drängt die CSU-Spitze sämtliche betroffene Abgeordnete in ihren Reihen, Ehefrauen und Kinder umgehend als Mitarbeiter zu entlassen.

Altfallregelung galt seit 2000

Seit dem Jahr 2000 ist die Anstellung von Ehepartnern und Kindern - wie in allen anderen deutschen Landtagen sowie im Bundestag - verboten. Schmid und seine Fraktionskollegen profitierten jedoch von einer Altfallregelung, die in Vergessenheit geraten war und an die der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim in seinem Buch "Die Selbstbediener" erinnert hatte.

Danach durften Beschäftigungen, die bereits vor dem Verbot bestanden hatten, weitergeführt werden - ohne zeitliche Begrenzung. Der Abgeordnete Georg Winter stellte kurz vor Inkrafttreten des Verbots noch rasch seine beiden Söhne als Mitarbeiter ein und beschäftigte sie bis Ende 2012. Dass sie im Jahr 2000 erst 13 und 14 Jahre alt waren, störte Winter nicht.

19 Jahre lang 1000 Euro pro Monat

Schmid ist nicht der einzige prominente Fall unter den 17 Vetternwirten - auch der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle beschäftigte seine Frau, allerdings nur für 1000 Euro im Monat. Nach 19 Jahren kündigte er ihr zum Ende des Monats. Einen Zusammenhang zur laufenden Berichterstattung bestritt er. "Das läuft jetzt einfach aus", sagte Spaenle vor einer Woche.

Das Besondere am Fall Schmid ist schlicht die Höhe der Vergütung für seine Frau. In seiner Rücktrittserklärung betonte Schmid, er sei "der festen Überzeugung, dass ich mich immer rechtlich und politisch korrekt verhalten habe". Die öffentliche Diskussion binde ihn aber in einem Umfang, "der mit nicht mehr erlaubt, meine Arbeit an der Spitze der CSU-Fraktion so zu erfüllen, wie ich das selbst von mir erwarte". Mit anderen Worten: Fehler hat er nicht gemacht, die Anschuldigungen lenken ihn jedoch zu sehr ab.

Gespräch bei Seehofer am Vorabend

Tatsächlich hatte Schmid jedoch in den vergangenen Tagen in der CSU massiv an Rückhalt verloren. CSU-Chef Horst Seehofer soll hochgradig verärgert sein über die Affäre. Kein Wunder, bestätigt sie doch sowohl das Stereotyp vom raffgierigen Politiker als auch das Klischee der CSU als Partei, die sich gern mal mit dem Staat verwechselt. Die Entscheidung für Schmids Rücktritt dürfte schon am Mittwoch gefallen sein: Seehofer hatte Schmid am Abend zu einem Gespräch einbestellt.

Rechtlich möglich, aber nach 13 Jahren politisch nicht mehr vertretbar sei diese Praxis, sagte Seehofer schon kurz nach Bekanntwerden der 17 Fälle. Ihm selbst sei die Regelung unbekannt gewesen. Landesministern verbot der Ministerpräsident sofort, die Ausnahmeregelung zu nutzen - neben Spaenle waren die Staatssekretäre Franz Pschierer und Gerhard Eck betroffen. Die Koalitionsfraktionen bat Seehofer um rasche Korrektur des Gesetzes.

Ein Nachfolger für Schmid steht wahrscheinlich schon in den Startlöchern. Finanzminister Markus Söder hat sich, so heißt es, mit einer sehr strategischen Rede an die Fraktion gewandt. Darin habe er die gesamte Problem-Gemengelage, der sich die CSU in diesen Tagen gegenübersieht, klug analysiert - vom Fall Hoeneß über den Vorwurf zu weniger Steuerprüfer bis hin zu den Angehörigen-Anstellungsverträgen. Einzelne Abgeordnete sprachen von einer "Bewerbungsrede".

Update: Schmids Nachfolger soll an diesem Freitag gewählt werden. Als "ganz heiße Favoritin" gilt die frühere Landessozialministerin Christa Stewens. Seehofer soll seine Zustimmung signalisiert haben - auch deshalb, weil er eine Kabinettsumbildung auf jeden Fall vermeiden will.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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