"Wir sind Gäste von Ponomarjow" Separatisten präsentieren OSZE-Beobachter
27.04.2014, 13:33 Uhr
Erstmals führen die ukrainischen Separatisten die von ihnen festgesetzten OSZE-Beobachter in der Öffentlichkeit vor. "Sie sind Kriegsgefangene", sagt Milizführer Ponomarjow. Ein festgesetzter Deutscher sieht das anders.
Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine haben mehrere festgesetzte OSZE-Beobachter bei einer Pressekonferenz in Slawjansk präsentiert. Aktivisten unter der Leitung des selbst ernannten Bürgermeisters Wjatscheslaw Ponomarjow führten die Männer, die unverletzt schienen, in einen Saal mit Journalisten.
"Wir sind Gäste von Ponomarjow. Wir sind keine Kriegsgefangenen", sagte Axel Schneider, einer der vier deutschen Festgesetzten. Alle Mitglieder des Teams seien gesund. Die Bedingungen ihrer Freilassung seien ihnen nicht bekannt. "Wir hängen von unseren Diplomaten ab, die mit dem Bürgermeister verhandeln müssen", sagte Schneider, der der Leiter der Inspektorengruppe ist.
Die prorussischen Milizen sehen den Status der OSZE-Beobachter offenbar anders. "Sie sind Kriegsgefangene", sagte der Milizführer Ponomarjow im besetzten Rathaus der Industriestadt. Zugleich lehnt er weiter die Freilassung der festgesetzten Beobachter ab.
OSZE will verhandeln
Ponomarjow bestätigte zudem, dass eine OSZE-Delegation zu Gesprächen über die Freilassung der festgesetzten Militärbeobachter in Slawjansk erwartet werde. Die Milizionäre wollen sie aber nur gegen eigene Gefangene austauschen. Zur Frage, ob sich Russland für die Freilassung der OSZE-Gruppe engagiere, sagte Ponomarjow, er habe "keinen direkten Kontakt mit Moskau". Er sagte zudem, sie hätten drei weitere ukrainische Offiziere in Slawjansk gefangengenommen, die auf einer "Spionagemission" gewesen seien.
Die OSZE-Sprecherin Tatyana Baeva hatte zuvor gesagt, es sei eine Delegation nach Slawjansk entsandt worden, um über die Freilassung der Beobachter zu verhandeln. Das Verhandlungsteam werde am Sonntag dort erwartet.
Mehrere Deutsche unter Festgenommenen
Die prorussischen Milizen hatten am Freitagmittag einen Bus mit Mitgliedern einer Militärbeobachtermission der OSZE nahe Slawjansk gestoppt. Unter ihnen sind drei deutsche Soldaten, ein deutscher Dolmetscher sowie ein Pole, ein Däne, ein Tscheche und ein Schwede. Außerdem gehören fünf ukrainische Soldaten zu der Gruppe.
Nach Angaben des Vizechefs des OSZE-Krisenpräventionszentrums, Claus Neukirch, sind die Festgehaltenen keine Mitglieder der eigentlichen, diplomatischen OSZE-Beobachtermission. Es handele sich vielmehr um eine bilaterale Mission unter Leitung der Bundeswehr und auf Einladung der ukrainischen Regierung. Solche Inspektionen nach dem "Wiener Dokument" haben nicht das breite Mandat einer OSZE-Mission, sondern sind unter den Staaten selbst vereinbart.
Die prorussischen Milizionäre bezeichneten die Beobachter am Samstag als "Nato-Spione" und forderten einen Gefangenenaustausch. Russland, gleichfalls ein OSZE-Mitglied, versicherte am Samstag, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Freilassung der Beobachter zu erreichen.
Obama warnt Russland
US-Präsident Barack Obama machte indes erneut Russland für die Krise im Osten der Ukraine verantwortlich und forderte eine angemessene und gemeinsame Antwort von Europa und den USA. Russland müsse die "Destabilisierung" der Ukraine sofort einstellen, sagte Obama. Die Führung in Moskau habe "nicht einen Finger gerührt", um prorussische Separatisten im Zaum zu halten - vielmehr gebe es deutliche Anzeichen dafür, dass sie deren Aktivitäten ermutigt habe.
Die USA und Europa bereiten derzeit weitere Sanktionen gegen Russland vor, die möglicherweise schon am Montag angekündigt werden. Es ist von Kontensperrungen und Reisebeschränkungen für einflussreiche Russen die Rede. Darüber hinausgehende Sanktionen gegen einzelne Branchen der russischen Wirtschaft würden davon abhängen, ob sich die USA und Europa auf eine gemeinsame Position einigen könnten, erklärte Obama weiter.
Klitschko: Moskau schürt Konflikt
Der ukrainische Politiker Vitali Klitschko beschuldigte indes Russland, die Eskalation des Konflikts voranzutreiben. Alles sei "künstlich aufgeblasen. Russland versucht alles, um Krieg zu schüren", sagte Klitschko. Es gebe keinen Grund für einen Krieg in der Ukraine: "Ob Sprache, Geschichte oder Glaube: Es gibt keinen Konflikt in unserem Land." Der ehemalige WBC-Champion, der seinen WM-Titel für die Politik niedergelegt hatte, bat zugleich um Hilfe: "Wir brauchen moralische und politische und wahrscheinlich auch finanzielle Unterstützung, um diese wirtschaftlich schwierige Zeit zu überleben. Wir brauchen Hilfe von unseren Freunden."
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/sid