Politik

Nahrungsmittel-Krise Soforthilfe reicht nicht aus

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) befürchtet, dass sich die Nahrungsmittelkrise ausweitet. "Die Krise hat sich verschärft, weil allein im März die Nahrungsmittelpreise weltweit nochmals um rund 20 Prozent zugelegt haben", sagte der Leiter des deutschen WFP- Büros, Ralf Südhoff. Seit Sommer vergangenen Jahres seien die Preise für Hauptnahrungsmittel damit um 55 Prozent gestiegen.

"Wir müssen davon ausgehen, dass der Betrag von 500 Millionen Dollar nicht mehr reichen wird. Wir werden wahrscheinlich eine noch höhere Summe nennen müssen", sagte Südhoff. Die UN-Organisation hatte einen Appell an die wichtigsten Geldgeber gerichtet, um die Finanzlücke von 500 Millionen Dollar zu stopfen. Dies hatte die Weltbank aufgegriffen. Mit dem Geld sollen die 70 Millionen bedürftigsten Menschen auf der Welt versorgt werden.

Neue Bedürftige

"Wir reden überhaupt noch nicht über die Frage, wie viele neue Bedürftige es gibt", sagte Südhoff. "In Afghanistan muss man davon ausgehen, dass dort rund zweieinhalb Millionen neue Bedürftige hinzugekommen sind, weil sich die Weizenpreise um mehr als zwei Drittel erhöht haben."

Der Experte hält die angekündigten Mittel der Bundesregierung und der USA für bedeutend. "Wenn sich das realisiert, wäre womöglich bald die Hälfte des Bedarfs von 500 Millionen Dollar etwa gedeckt", sagte Südhoff. "Das ist weit mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Trotzdem genügt es hinten und vorne nicht." Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hatte insgesamt 13 Millionen Euro zusätzliche Hilfe angekündigt. Die Bundesregierung gab im vergangenen Jahr 48 Millionen Euro an das WFP. Die US-Regierung stellt 200 Millionen Dollar Soforthilfe bereit.

Preise explosionsartig gestiegen

Das WFP rechnet mit einer Verschärfung der Krise. "Alle Experten gehen davon aus, dass die Lebensmittelpreise zumindest in den nächsten Jahren weiter steigen werden", sagte Südhoff. "Menschen, die ohnehin weite Teile ihres Einkommens früher schon für Essen ausgeben mussten, können es sich jetzt überhaupt nicht mehr leisten." Das Problem sei, dass die Preise explosionsartig gestiegen seien. "Kleinbauern können im Moment vom Preisboom nur Schaden nehmen." Sie müssten Nahrungsmittel zukaufen. "Mittel- und langfristig ist unser Ziel, dass sie auf ihren lokalen Märkten ihre Ernte verkaufen und von den gestiegenen Preisen profitieren."

Die UN-Organisation forderte die EU auf, ihre Exportsubventionen für Agrarprodukte wie geplant bis 2013 abzuschaffen. "Die EU hat da erste Schritte unternommen, aber das Problem ist noch nicht gelöst."

Unruhen sind nicht einzudämmen

Trotz Subventionen halten in Haiti die Auseinandersetzungen wegen der hohen Lebensmittelpreise an. Händler und Kunden gerieten aneinander, weil sich Reis trotz des Eingreifens der Regierung nicht verbilligt hatte. Die Läden verkauften das Grundnahrungsmittel weiter zu den hohen Preisen, die in der vergangenen Woche auf dem Weltmarkt gezahlt werden mussten. Die Regierung hatte am Wochenende mit den Importeuren eine deutliche Senkung der Kosten vereinbart. Die Händler machen geltend, dass sie ihre Vorräte zu teuren Preisen eingekauft hätten und die Subventionen der Regierung durch weitere Preissteigerungen bereits aufgezehrt seien.

Proteste gegen den drastischen Anstieg der Nahrungsmittelpreise gab es auch in mehreren afrikanischen Ländern, in Bangladesch, Indonesien und auf den Philippinen.

Nordkorea droht neue Hungersnot

Nordkorea droht infolge einer Missernte und explodierender Preise erneut eine Hungersnot. "Die Nahrungsmittelversorgung in Nordkorea ist ganz schlecht und verschlechtert sich weiter", warnte Tony Banbury vom Welternährungsprogramm WFP der Vereinten Nationen. Um eine schwere Tragödie zu vermeiden, sei dringend Hilfe aus dem Ausland erforderlich. Dem kommunistisch regierten Land könnten bis Oktober 1,66 Millionen Tonnen Getreide fehlen. Der Preis für ein Kilogramm Reis hat sich in Teilen des Landes binnen Jahresfrist mehr als verdoppelt und verschlingt jetzt ein Drittel des Monatseinkommens eines Durchschnittsarbeiters. Während einer Hungersnot waren in den 90er Jahren eine Million Nordkoreaner zu Tode gekommen.

Die rapide Teuerung geht vor allem auf höhere Energiepreise, eine stärkere Nachfrage nach Lebensmitteln in Asien und den durch staatliche Subventionen geförderten Biosprit-Boom zurück, der landwirtschaftliche Anbauflächen verbraucht.

Quelle: ntv.de

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