E-Mail vom Amt Späh-Software angeblich fertig
29.08.2007, 10:21 UhrBei der Online-Durchsuchung will sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble notfalls mit falschen Behörden-Mails Zugriff auf fremde Computer verschaffen. "Das Versenden von E-Mails unter dem Namen einer anderen Behörde ... könnte nur in begründeten Ausnahmefällen in Absprache mit der betroffenen Behörde zum Einsatz kommen", heißt es in der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage des Justizressorts.
Aus dem Schreiben geht auch hervor, dass die Entwicklung einer Späh-Software so gut wie abgeschlossen ist. Der Unions-Innenexperte Wolfgang Bosbach verteidigte die Maßnahme als notwendig zur Terrorbekämpfung, die SPD reagierte dagegen skeptisch.
Union und SPD streiten seit Monaten darüber, ob das Bundeskriminalamt die Befugnis zur Online-Durchsuchung erhalten soll. Ein erstes Treffen nach der Sommerpause hatte am Montag keine Annäherung gebracht. Dabei war es um technische Fragen gegangen. Das Innenministerium nahm in einem 22-seitigen Schreiben Stellung zu einem Fragenkatalog des Justizressorts. Die Arbeitsgruppe zu dem Thema will am Freitag erneut zusammenkommen, dann soll über Rechtsfragen diskutiert werden.
"Es fehlt an Sachverstand"
Skepsis ganz anderer Art äußerte der Chaos Computer Club (CCC). "Bei den Äußerungen des Innenministers wird deutlich, dass es erheblich an technischem Sachverstand fehlt", sagte CCC-Sprecher Andy Müller-Maguhn der "Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen".
"Natürlich stimmt es beispielsweise nicht, dass es keine Entdeckungsmöglichkeiten von Trojanern gibt. Die Professionalität der Behörde darf bezweifelt werde", so Müller-Maguhn. Offensichtlich werde Schäuble "eher von Wünschen als von Erfahrungen gesteuert".
"Maximal zehn Durchsuchungen"
BKA-Chef Jörg Ziercke warf Kritikern der Online-Durchsuchungen eine Angstmacher-Diskussion vor. Im "Stern" sprach er von maximal zehn Online-Durchsuchungen im Jahr, die sich nur gegen den internationalen Terrorismus richten würden.
Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) warf Schäuble indes vor, mit Kalkül einen nicht realisierbaren Vorstoß zu machen. Im Falle eines Anschlags wolle Schäuble den Sozialdemokraten eine Mitschuld geben: "Dann will er wohl sagen, seht ihr, das wäre zu vermeiden gewesen, wenn die SPD mitgemacht hätte." Er habe aber große Zweifel, ob eine Online-Durchsuchung verfassungskonform sei. Die Linksfraktion kritisierte, Schäuble zerstöre das Vertrauen der Bürger in die Institutionen.
Während Schäuble dem BKA die Online-Durchsuchung möglichst rasch ermöglichen will, würde die SPD gern ein erst für das Frühjahr 2008 erwartetes Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten. In Karlsruhe sind mehrere Klagen gegen das nordrhein-westfälische Verfassungsschutzgesetz anhängig, das dem Geheimdienst dort die Befugnis zu heimlichen Online-Durchsuchungen gibt. Die Richter verhandeln am 10. Oktober über den Fall.
Quelle: ntv.de