Neuverschuldung bei 4 Prozent Staatskasse lange belastet
02.02.2009, 16:54 UhrDie Wirtschaftskrise wird die Staatskassen nach Einschätzung der Bundesregierung noch über viele Jahre stark belasten. Die Neuverschuldung des Staates werde 2010 vor allem wegen des neuen Konjunkturpakets voraussichtlich auf 4,0 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit deutlich über die Maastricht-Obergrenze von drei Prozent steigen, heißt es in der Aktualisierung des deutschen Stabilitätsprogramms, das die Regierung in der vergangenen Woche an die EU-Kommission in Brüssel meldete und die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.
Für 2009 und 2011 geht die Regierung von einem Defizit von drei Prozent aus, das dann 2012 auf 2,5 Prozent sinkt. Der gesamte Schuldenstand des Staates werde sich dadurch von 68,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr auf 72,5 Prozent 2012 erhöhen, die EU-Obergrenze liegt bei 60 Prozent. Im Dezember hatte die Regierung noch bis 2012 einen Rückgang des Schuldenstandes auf 61,5 Prozent nach Brüssel gemeldet. "Seit Vorlage des Stabilitätsprogramms im Dezember 2008 haben sich die weltwirtschaftliche Lage und Perspektiven nochmals deutlich verschlechtert", hieß es in dem Papier. Deshalb seien die neuen Ausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft erforderlich geworden.
Weitere Risiken
Einschließlich des neuen Konjunkturpaketes belaufen sich die Schritte zur Ankurbelung der Wirtschaft in den Jahren 2009 und 2010 der Regierung zufolge auf insgesamt fast 90 Milliarden Euro. In der Dezember-Prognose - und damit vor Verabschiedung des neuen Konjunkturpaketes über 50 Milliarden Euro - hatte die Regierung noch angenommen, dass sich die Neuverschuldung in diesem Jahr auf lediglich 0,5 Prozent belaufen wird. Für 2010 hatte die Regierung damals ein Minus von lediglich 1,5 Prozent veranschlagt, für 2011 von 1,0 Prozent und für 2012 dann wieder 0,5 Prozent.
Die Regierung warnt in dem Papier bereits, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise die Schulden sogar noch deutlich stärker in die Höhe treiben könnte. So sei in den neuen Prognosen unterstellt, dass der Konjunktureinbruch im Wesentlichen auf dieses Jahr beschränkt bleibe und die Arbeitslosigkeit deshalb nicht sehr deutlich steige. "Nicht unbeträchtliche Risiken ergeben sich darüber hinaus aus möglichen weiteren Finanzmarktstabilisierungsmaßnahmen sowie Ausfällen aus Garantievergaben", heißt es in dem Bericht.
"Dringender Handlungsbedarf"
Um die immense Neuverschuldung durch das zweite Konjunkturpaket zurückzuführen, wollen Bund und Länder indes eine schärfere Schuldenbremse einführen. Eine Einigung ist aber nicht in Sicht, weil einige Länder Sonderforderungen stellen. An diesem Donnerstag findet die entscheidende Sitzung der Föderalismuskommission II statt.
Nach Ansicht des haushaltpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Steffen Kampeter (CDU), besteht angesichts der "erschreckenden Zahlen zur Defizit- und Schuldenstandsentwicklung" dringender Handlungsbedarf. "Bund und Länder sind jetzt zu gemeinsamem Handeln aufgerufen, um den fiskalischen Missbrauch künftiger Generationen zu verhindern."
Bayerns CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer sprach sich für eine gesetzlich verankerte Schuldenbremse für Bund und Länder aus. Es dürfe "in normalen wirtschaftlichen Zeiten" keine Neuverschuldung mehr erlaubt werden, allenfalls in Krisenzeiten, sagte Seehofer nach einer CSU-Vorstandssitzung in München. Zudem müsse es einen Zwang "aus dem Grundgesetz heraus" geben, in wirtschaftlich guten Zeiten diese Schulden abzutragen.
Quelle: ntv.de