Politik

"Nicht als Waffe gedacht" Starlink lässt die Ukraine fallen und liefert dürftigen Grund

Starlink-Terminals werden in der Ukraine für zivile Zwecke und von der Armee genutzt - solange es dabei um normale Kommunikation geht, ist das für SpaceX "okay".

Starlink-Terminals werden in der Ukraine für zivile Zwecke und von der Armee genutzt - solange es dabei um normale Kommunikation geht, ist das für SpaceX "okay".

(Foto: REUTERS)

Das Raumfahrtunternehmen SpaceX von Tesla-Gründer Elon Musk schränkt die Nutzung seines Satellitennetzwerks Starlink durch die ukrainische Armee ein. Die Ukraine hatte die Technologie unter anderem genutzt, um Drohnenangriffe zu koordinieren. Das dürfte nun deutlich schwieriger werden.

Der Grund, den SpaceX für seine Entscheidung nennt, ist rein formaler Natur. Ein aus 39 Wörtern bestehender "Friedensplan" von Elon Musk könnte eine Erklärung liefern: Darin forderte er den Verzicht der Ukraine auf Territorium, das Russland erobert hat. Eine Übersicht.

Was ist passiert?

Der Hinweis, dass SpaceX sich gegen eine militärische Nutzung durch die Ukraine abschottet, kommt von SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell, die bei dem Raumfahrtunternehmen als Nummer zwei hinter Musk für das operative Geschäft zuständig ist. Shotwell äußerte sich am Mittwochnachmittag (Ortszeit) auf einer Raumfahrtkonferenz der US-Luftfahrtbehörde FAA in Washington.

"Wir haben uns sehr gefreut, dass wir der Ukraine Konnektivität zur Verfügung stellen und sie in ihrem ... Kampf für die Freiheit unterstützen konnten", sagte Shotwell nach Angaben des Online-Magazins "Breaking Defense". Starlink sei jedoch nie dazu gedacht gewesen, als Waffe eingesetzt zu werden.

Was für einen Service bietet Starlink an?

SpaceX betreibt zwischen 3300 und knapp 4000 Satelliten. Für die Ukraine stellte das Unternehmen nach dem russischen Überfall mobiles Internet im ganzen Land zur Verfügung. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hat SpaceX "LKW-Ladungen von Starlink-Terminals in die Ukraine" geliefert, die für die Nutzung vor Ort notwendig sind.

Finanziert wird der Dienst von westlichen Staaten, vor allem den USA, auch von privaten Spenden aus der Ukraine selbst. Laut Musk ist es dennoch ein Zuschussgeschäft. Im Oktober sagte der Tesla-Gründer, dass er für den Einsatz von Starlink in der Ukraine nicht mehr bezahlen wolle, machte dann aber wenige Tage später einen Rückzieher - und schaltete im November 1300 Starlink-Terminals in der Ukraine ab.

Hat SpaceX denn nicht gewusst, dass Starlink von der ukrainischen Armee eingesetzt wird?

Shotwell zufolge hat SpaceX aus den Medien erfahren, dass die Ukraine Starlink für den Einsatz von Drohnen verwendet. Gegen eine Nutzung für die normale Kommunikation innerhalb der ukrainischen Armee habe sie keine Einwände, das sei "okay". Auf die Frage, ob SpaceX die Nutzung von Starlink für militärische Zwecke in der Ukraine vorausgesehen habe, als es sich entschied, Terminals in das Kriegsgebiet zu schicken, sagte sie: "Wir haben nicht darüber nachgedacht. Ich habe nicht darüber nachgedacht. Unser Starlink-Team vielleicht schon, ich weiß es nicht. Aber wir haben ziemlich schnell gelernt."

Kommt der Schritt überraschend?

Nein. Elon Musk hat bereits im September getwittert, Starlink sei nur für den friedlichen Gebrauch gedacht. So ähnlich steht es auch in den Geschäftsbedingungen des Unternehmens: "Starlink ist nicht für die Verwendung mit oder in offensiven oder defensiven Waffen oder anderen vergleichbaren Endanwendungen konzipiert oder vorgesehen", heißt es dort.

Der Kontext dieser Regel legt allerdings nahe, dass es vor allem darum geht, Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter und Waffen zu vermeiden, denn unmittelbar danach findet sich der Hinweis, dass "kundenspezifische Modifikationen der Starlink-Kits oder Services für militärische Endanwendungen oder militärische Endnutzer" dazu führen können, dass die Produkte unter die US-Exportkontrollgesetze fallen.

Hat Shotwell eine Begründung geliefert?

Ein Video des "Kamingesprächs", bei dem die Äußerungen gefallen sind, gibt es nicht, aber mehreren Berichten zufolge hat Shotwell vor allem auf die Geschäftsbedingungen hingewiesen und gesagt, die Ukraine habe Starlink auf eine Art und Weise genutzt, die nicht Teil der Vereinbarung gewesen sei. Sie habe Verständnis für den Kampf der Ukraine, aber "so war das nicht gedacht".

Klar ist, dass Russland massive Kritik am Starlink-Einsatz geäußert hatte. Im Oktober drohte der Leiter einer russischen UN-Delegation in Genf, Konstantin Worontosow, damit, dass Russland kommerzielle Satelliten abschießen könnte, die von der Ukraine genutzt werden. Ende Januar trug Worontosow laut "Breaking Defense" bei einer UN-Sitzung in Genf eine "Litanei der Empörung" vor, in der er sich darüber beschwerte, dass westliche Satellitenfirmen die Ukraine so sehr unterstützten, dass dies "eine direkte Bedrohung für die nationale Sicherheit Russlands" darstelle. SpaceX und Starlink erwähnte er dabei namentlich und sagte, deren Satelliten würden nicht nur für die Kommunikation genutzt, "sondern auch zur Steuerung von Drohnen und zur Änderung der Flugbahn von Artilleriegranaten".

"Breaking Defense" schreibt zudem, es sei möglich, dass Starlink eine Rolle bei der ukrainischen Abwehr von russischen Cyberangriffen gespielt habe, "da es zumindest technisch möglich ist, dass russische Hacking-Versuche in die ukrainische Kommunikation auf demselben Weg von ukrainischer Malware zurückgehackt werden könnten".

Hat Shotwell erklärt, welche Schritte Starlink unternommen hat?

Nein. "Es gibt Dinge, die wir tun können und getan haben", sagte sie dem "Wall Street Journal" zufolge nach ihrem Auftritt. Sie habe es abgelehnt, Einzelheiten zu erörtern.

Gibt es einen Zusammenhang zu Musks "Friedensplan" vom Oktober?

Darüber kann man nur spekulieren. Auffällig ist, dass nicht Elon Musk die Nachricht verbreitete, sondern dies Shotwell überließ.

Was könnte das Motiv von Elon Musk sein, der ukrainischen Armee Starlink zu entziehen?

Musk hatte Anfang Oktober eine Art Vier-Punkte-Plan für einen russisch-ukrainischen Frieden getwittert, der aus 39 Wörtern bestand. Demnach sollten in den von Russland (illegal) annektierten Gebieten Wahlen unter Kontrolle der Vereinten Nationen stattfinden und Russland solle das Gebiet verlassen, wenn dies "der Wille des Volkes" sei. Die (restliche) Ukraine solle neutral bleiben, die (seit 2014 ebenfalls völkerrechtswidrig besetzte) Krim solle ein Teil Russlands bleiben und die Wasserversorgung der Halbinsel solle von Kiew sichergestellt werden.

Die Ukraine wies den Vorschlag zurück. Zugleich ist extrem unwahrscheinlich, dass Moskau bereit ist, Referenden unter UN-Aufsicht in den Regionen Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk zu erlauben, da Russland dort im September bereits offenkundig gefälschte Abstimmungen inszeniert hat. Generell behauptet Musk, dass die Bevölkerung im Osten der Ukraine "prorussisch" sei, was nicht den Tatsachen entspricht. Die Meldung, er habe über seinen Vorschlag mit Putin gesprochen, dementierte Musk damals.

Mehr zum Thema

Was bedeutet das für die Ukraine?

Ende Januar meldete Reuters, dass die ukrainische Armee Einheiten für Drohnenangriffe aufstellt, die Starlink-Satellitenkommunikation nutzen. Mychajlo Podoljak, Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, schrieb auf Twitter, SpaceX müsse sich entscheiden, ob es auf der Seite der Ukraine und dem Recht auf Freiheit stehen wolle oder auf der Seite Russlands und dem "Recht", zu töten und Gebiete zu stehlen.

Quelle: ntv.de

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen