Gesundheitsreform Starttermin in Gefahr
01.03.2007, 07:36 UhrDer zum 1. April geplante Start der Gesundheitsreform könnte sich verzögern. Das fast 600 Seiten starke Gesetz liege Bundespräsident Horst Köhler noch nicht zur Prüfung vor, bestätigte ein Sprecher des Präsidialamtes am Donnerstag in Berlin einen Zeitungsbericht. Aus dem Amt hieß es allerdings, in den kommenden Wochen sei durchaus noch Zeit für eine Prüfung des zentralen Reformvorhabens der großen Koalition.
Die Reform war Anfang Februar vom Bundestag und zwei Wochen später vom Bundesrat verabschiedet worden. Erst mit der Unterschrift Köhlers kann das Gesetz im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und in Kraft treten. Das Staatsoberhaupt hat sich für die Prüfung von Gesetzen bisher ausreichend Zeit genommen. Zwei Gesetzesvorhaben hatte Köhler wegen verfassungsrechtlicher Bedenken seine Unterschrift verweigert. Auch die Gesundheitsreform halten einige Kritiker für verfassungswidrig.
Auf Büttenpapier gedruckt
Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte, von der Verabschiedung bis zur Zustellung eines Gesetzes an den Bundespräsidenten vergehe immer einige Zeit. Dies liege daran, dass das Gesetz auf Büttenpapier gedruckt, von allen betroffenen Ministerien unterschrieben und schließlich vom Bundeskanzleramt mit einem Siegel versehen werden müsse. "Dabei wird penibel auf Punkt und Komma geachtet", sagte sie. Letztlich handele es sich um die Version des Gesetzes, die am Ende archiviert werde. Auf die Frage, ob es zu Verzögerungen beim In-Kraft-Treten kommen könne, sagte die Sprecherin von Ministerin Ulla Schmidt: "Theoretisch ist das immer möglich."
Die Linksfraktion warf der Koalition vor, Köhler in Bredouille zu bringen. Ähnlich sei sie mit den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses im Bundestag umgesprungen, als sie zahlreiche Änderungsanträge erst in der Nacht vor der Abstimmung vorgelegt habe. "Ein solcher Umgang mit der umstrittenen und hochkomplexen Gesundheitsreform ist untragbar", sagte Gesundheitsexperte Frank Spieth. Der FDP-Gesundheitspolitiker Daniel Bahr sagte der "Bild"-Zeitung: "Offenbar braucht das Gesundheitsministerium so lange, um die vielen Fehler auszubügeln."
"Bundespräsident kann sich Zeit nehmen"
Schmidts Sprecherin bekräftigte, das Gesetz sei im Vorfeld auf seine Verfassungsmäßigkeit hin überprüft worden. Es seien zuletzt auch keine neuen Elemente hineingeschrieben worden. Der Bundespräsident habe für seine Prüfung selbstverständlich keine Frist und könne sich die Zeit nehmen, die er benötige.
Die Ärztevereinigung NAV-Virchow-Bund forderte Köhler in einem offenen Brief auf, dem Gesetz die Unterschrift zu verweigern, da die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausgeräumt seien.
Wegen der zähen Verhandlungen in der Koalition war der Starttermin der Reform mehrfach verschoben worden. Durch die Terminierung auf den 1. April hat sich die Entlastungswirkung für die Krankenkassen für dieses Jahr schon reduziert.
Quelle: ntv.de