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Notstand in Italien Weber wirft EU bei Migration Schlafwandeln vor

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Haupttransferland Tunesien: Bootsflüchtling auf dem deutschen Seenotrettungsschiff "Humanity 1".

Haupttransferland Tunesien: Bootsflüchtling auf dem deutschen Seenotrettungsschiff "Humanity 1".

(Foto: picture alliance/dpa/SOS Humanity)

Wegen rasant steigender Flüchtlingszahlen ruft Italiens Regierung den Notstand aus - eine Maßnahme, die sonst nur für Naturkatastrophen üblich ist. EVP-Chef Weber verlangt von Brüssel ein schnelles Rücknahmeabkommen mit Tunesien und warnt die EU davor, weiter zu schlafwandeln.

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen über die Mittelmeer-Route fordert EVP-Chef Manfred Weber, mit Tunesien Verhandlungen über einen Flüchtlingspakt nach dem Vorbild des Türkei-Abkommens aufzunehmen. Die EVP wolle am Montag eine Debatte im Europäischen Parlament zum Thema beantragen, berichtete die "Bild"-Zeitung. "Die EU schlafwandelt in eine neue Migrationskrise, obwohl der rasant steigende Migrationsdruck offensichtlich ist. In Italien sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres über 300 Prozent mehr Migranten als im vergangenen Jahr angekommen", sagte Weber der Zeitung. Der EVP-Chef mahnte mehr europäische Solidarität an: "Italien hat bereits den Notstand ausgerufen - und die anderen EU-Staaten schauen weg. Wir dürfen Italien nicht allein lassen", sagte Weber.

Die "Bild"-Zeitung zitierte aus einem Bericht der EU-Grenzschutzagentur Frontex, wonach die Vorjahreszahl von 330.000 Migranten dieses Jahr bereits im Sommer erreicht sein könnte. Dem Bericht zufolge hat Tunesien mittlerweile Libyen als Haupt-Transferland abgelöst: 57 Prozent der in Italien ankommenden Migranten bestiegen dort die Schlepper-Boote.

Die EU müsse "umgehend mit Tunesien über einen Migrationspakt verhandeln", forderte Weber. "Ähnlich wie beim Türkei-Abkommen muss den Schlepperbanden gemeinsam das Handwerk gelegt werden." Auch müssten der Grenzschutz und die Kontrollen sowie das Zurückweisen illegaler Migranten "endlich funktionieren". Dafür müsse die EU-Kommission zügig neue Rückführungsabkommen aushandeln. Hunderttausende illegale Migranten seien ausreisepflichtig, blieben aber in der EU, weil ihr Heimatland sie nicht zurücknimmt.

Rom: "Notstand löst Problem nicht"

Auch die italienische Regierung sieht die EU in der Pflicht, die Ankünfte von Migranten über die Mittelmeerroute zu begrenzen. Nachdem das Kabinett am vergangenen Dienstag einen landesweiten Notstand angesichts der steigenden Zahlen ausgerufen hatte, sagte der Minister für Katastrophenschutz, Nello Musumeci: "Es muss klar sein, dass der Notstand das Problem nicht löst." Nur ein "bewusstes und verantwortungsvolles Eingreifen der Europäischen Union" könne zur Bewältigung beitragen.

Üblicherweise wird zu dieser Maßnahme gegriffen, um auf Naturkatastrophen zu reagieren, wie etwa Erdbeben oder Dürre-Rekorde im Sommer 2022. Dass der Notstand nun wegen der Migranten ausgerufen wurde, löste unter italienischen Oppositionspolitikern Kritik aus.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 17. April 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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