Politik

Brutale Berkut-Polizei der Ukraine hat ausgedient "Steinadler" werden abgeschafft

Die Berkut-Einheiten waren durch ihre auffällige Kampfmontur leicht zu erkennen.

Die Berkut-Einheiten waren durch ihre auffällige Kampfmontur leicht zu erkennen.

(Foto: REUTERS)

Die ukrainische Kurzzeit-Übergangsregierung setzt die für ihr brutales Vorgehen gegen Demonstranten berüchtigten Berkut-Polizisten ab und folgt damit einem wichtigen Wunsch der Straße. Wer das Land weiter führen wird, ist jedoch weiter unklar.

Wegen ihres gewaltsamen Vorgehens gegen die Proteste in der Ukraine ist die Bereitschaftspolizei Berkut aufgelöst worden. Die Spezialeinheiten seien mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden, teilt der Kurzzeit-Übergangsinnenminister Arsen Awakow auf seiner Facebook-Seite mit. Das Präsidialamt informierte zudem, dass Übergangspräsident Olexander Turtschinow das Oberkommando über die Armee übernommen hat. Die Berkut-Einheiten sind bei den Gegnern der Regierung des mittlerweile abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch wegen ihrer Rolle bei den Straßenkämpfen in Kiew verhasst. Dabei waren vergangene Woche mehr als 80 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden.

"Die Berkut existiert nicht mehr", schreibt Awakow auf Facebook. Er habe das entsprechende Dekret Nr. 144 unterzeichnet. Die Berkut werden für viele Übergriffe auf Demonstranten verantwortlich gemacht. So waren Berkut-Polizisten gefilmt worden, wie sie mit scharfer Munition auf die Menge schossen. Das Europaparlament hatte bereits Anfang Februar von Janukowitsch gefordert, dem "schändlichen Einsatz" der Sonderpolizei Berkut (Steinadler) ein Ende zu setzen.

Timoschenkos Kandidatur nicht offiziell

Ein Nachfolger für Janukowitsch im Präsidentenamt soll am 25. Mai gewählt werden. Am Dienstag wurde bekannt, dass der Vorsitzende der Udar-Partei, Vitali Klitschko, kandidieren will. Fraglich ist indes, ob die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko für das Amt antritt. Die 53-Jährige war nach Janukowitschs Sturz nach knapp drei Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden. In der Haft erlitt sie einen Bandscheibenvorfall, der unzureichend behandelt worden ist. Timoschenko will deshalb eine Klinik in Berlin aufsuchen. Ihre Tochter Jewgenia Timoschenko sagte in der ARD, es sei noch nicht gewiss, ob ihre Mutter eine politische Position anstreben wird. Sie müsse zunächst im März in eine Reha-Klinik, um ihr Rückenleiden zu kurieren. "Und dann müssen wir weitersehen."

Jewgenia Timoschenko betonte laut Übersetzung, dass ihre Mutter sich bislang nicht offiziell zu der Frage geäußert habe, ob sie bei der Wahl am 25. Mai antreten werde. Voraussichtlich in einer Woche oder 14 Tagen werde ihre Mutter dazu eine Erklärung abgeben. Am wichtigsten sei zunächst aber, dass die für die Gewalt in der Ukraine Verantwortlichen festgenommen und verurteilt würden.

Übergangsregierung ist Voraussetzung für Finanzhilfen

Im ostukrainischen Donetsk wehen die russische und die ukrainische Flagge nebeneinander. Die neue ukrainische Führung will die guten Beziehungen zu Russland erhalten.

Im ostukrainischen Donetsk wehen die russische und die ukrainische Flagge nebeneinander. Die neue ukrainische Führung will die guten Beziehungen zu Russland erhalten.

(Foto: AP)

Unabhängig von der Präsidentschaftsfrage sucht die bisherige ukrainische Opposition, die nach dem Sturz von Janukowitsch inzwischen die politische Neuordnung des Landes übernommen hat, nach Personal für eine Übergangsregierung. Bis zum Abend sollen die Kandidaten für das neue Kabinett feststehen und auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz in Kiew, dem Maidan, vorgestellt werden. Der frühere Parlamentschef Ar seni Jazenjuk sowie der reiche Unternehmer und Ex-Außenminister Pjotr Poroschenko gelten als Anwärter für den Posten des Ministerpräsidenten.

Die Wahl der neuen Regierung ist für Donnerstag im Parlament angesetzt. Eine gewählte Übergangsregierung ist auch Voraussetzung dafür, dass die Ukraine formal um finanzielle Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) bitten kann. Dieser ist grundsätzlich zu einem Engagement in der Ukraine bereit. Laut IWF-Chefin Christine Lagarde ist ein Vertreter der UN-Sonderorganisation in Kiew, der die Finanzlage in den nächsten Tagen sehr genau bewerten werde.

EU will Geberkonferenz unterstützen

Offenbar braucht die Ukraine weit mehr Geld als bisher gedacht. Die von Übergangspräsident Alexander Turtschinow genannten 25 Milliarden Euro reichten kaum bis Jahresende, sagte Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei der Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Russland hat weitere Finanzhilfen für Kiew infrage gestellt. Moskau sei "nicht verpflichtet", die restlichen Mittel aus einem im Dezember vereinbarten 15-Milliarden-Dollar-Paket freizugeben, sagte Vize-Finanzminister Sergej Storschak in Moskau.

EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn unterstützt die Idee einer Geberkonferenz für die Ukraine. Dies würde den EU-Mitgliedsländern erlauben, Geld für ein bedeutendes Hilfspaket zusammenzubringen, sagte der Finne am Dienstag in Straßburg. "Die EU ist bereit, der Ukraine zu helfen, parallel zu einem (Hilfs-)Programm des IWF", sagte Rehn. Wie die Außenbeauftragte Catherine Ashton nannte Rehn die Bildung einer neuen Regierung als Bedingung für internationale Hilfe. Ashton erklärte, die neue Regierung müsse sich zu wirtschaftlichen Reformen verpflichten. Sie verlangte auch einen mit internationalen Organisationen abgesprochenen Wirtschaftsplan. Die EU-Chefdiplomatin sagte: "Die starken Verbindungen zwischen der Ukraine und Russland dürfen nicht beschädigt werden."

Kerry: Kein "Westen gegen Osten"

Das Außenministerium in Kiew betont unterdessen den Willen zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen mit Russland. Wie die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass unter Berufung auf eine Mitteilung auf der Internetseite des ukrainischen Außenministeriums berichtet, will Kiew nach der Bildung einer neuen Regierung den Dialog mit Moskau wieder aufnehmen.

Der amerikanische Außenminister John Kerry betonte in Washington, die Geschehnisse in der Ukraine sollten nicht als ein "Westen gegen den Osten" verstanden werden. Aus seiner Sicht hat die Krise in der Ukraine auch das Verhältnis zwischen den USA und Russland nicht beeinflusst. Die USA wollten mit Russland und anderen Ländern daran arbeiten, dass es in der Ukraine künftig friedlich bleibe.

Quelle: ntv.de, nsc/dpa/rts/AFP

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