Politik

Ohne Rückhalt Rücktritt Steinbrück bleibt eisern

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts für 2011 eisern durchsetzen. Bei fehlender Unterstützung für seinen Konsolidierungskurs würde er sogar zurücktreten. "Ich würde es tun, wenn ich im Kabinett isoliert wäre", sagte der Minister der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Dies sei jedoch nicht der Fall. "Die Kanzlerin hat mich bislang immer unterstützt und wird es auch im Wahljahr tun", hob Steinbrück hervor. Ministeriumssprecher Torsten Albig sagte dazu, ein Rücktritt des Ministers stehe "überhaupt nicht zur Debatte".

Falls es aus konjunkturellen Gründen für den Haushalt eng werden sollte, erwägt Steinbrück auch drastische Sparmaßnahmen. Wenn es erforderlich sei, werde er "die entsprechenden Stellschrauben so verändern, dass wir den Kurs halten können", sagte der Minister der Zeitung. Für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht die geltende Regelung zur Pendlerpauschale kippen sollte, schloss Steinbrück auch eine Kürzung der steuerfreien Arbeitnehmerpauschale von 920 Euro nicht aus. Laut Finanzministerium gibt es dazu aber bislang keine konkreten Überlegungen.

Etat im Wahljahr

Derzeit diskutiert der Bundestag in Berlin den Haushaltsentwurf für 2009. Der Etatentwurf sieht im Wahljahr Ausgaben von 288,4 Milliarden Euro vor - 1,8 Prozent mehr als 2008. Die dafür notwendigen zusätzlichen Kredite von 10,5 Milliarden Euro sind die geringste Neuverschuldung seit zwei Jahrzehnten. Ob der Etat Bestand hat, hängt allerdings von der Wirtschaftsentwicklung ab, die von der weltweiten Finanzkrise weiter getrübt werden könnte.

Steinbrück hatte am ersten Beratungstag erneut Konjunkturprogramme abgelehnt. Trotz der gewachsenen Risiken hält die Koalition am Ziel fest, 2011 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen: "Und das ist die einzige Null, auf die wir alle in dieser Großen Koalition stolz sein dürfen", so der Bundesfinanzminister.

Beratungen zu Einzeletats

Inzwischen ist der Bundestag zu seinen weiteren Beratungen zusammengekommen. Im Mittelpunkt steht der mit 124 Milliarden Euro wieder größte Einzeletat für Arbeit und Soziales von Ressortchef Olaf Scholz (SPD). Dabei dürften der Mindestlohn-Streit in der Koalition sowie die Differenzen um die weitere Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung Thema sein. Beraten werden sollen auch die Etats für Familie, Umwelt, Bildung, Verkehr sowie Gesundheit.

In der Familienpolitik zeichnet sich ein Streit zwischen Union und SPD über die steuerliche Entlastung von Familien mit Kindern ab. In der Gesundheitspolitik dürfte sich die Debatte um den Gesundheitsfonds und die sich abzeichnende Erhöhung der Krankenkassenbeiträge drehen.

Scholz bleibt bei Vollbeschäftigung

Scholz bekräftigte seine Hoffnung, dass die Zahl der Arbeitslosen trotz der schwierigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Herbst unter drei Millionen sinkt. Im August lag die Zahl der Arbeitslosen bei 3,2 Millionen. Weniger als drei Millionen Menschen ohne Beschäftigung gab es zuletzt im Jahr 1992. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wäre die Unterschreitung dieser Marke für Scholz "ein Erfolg guter Politik".

Er wolle weiter am Ziel der Vollbeschäftigung festhalten, betonte der Arbeitsminister. Diese sei dann erreicht, wenn jeder Erwerbslose innerhalb eines Jahres eine neue Stelle findet. Die 41 Milliarden Euro, die 2009 für arbeitsmarktbezogene Leistungen eingeplant seien, verteidigte der Minister als "gut angelegtes Geld". Für Hartz-IV-Empfänger sind 20 Milliarden Euro und damit knapp eine Milliarde Euro weniger als 2008 vorgesehen.

"Trittbrettfahrer", "Schönfärberei" und "Kosmetik"

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Ralf Brauksiepe (CDU), rechnete den Rückgang der Arbeitslosigkeit um fast zwei Millionen seit Anfang 2006, höhere Löhne für die Beschäftigten und sprudelnde Sozialversicherungsbeiträge der guten Bilanz der Regierung zu. Die FDP dagegen warf Scholz Versagen vor. Sozialexperte Heinrich Kolb sagte, der Arbeitsminister sei lediglich "Trittbrettfahrer der guten Konjunktur". Es seien mehr und nicht weniger Reformen nötig. "Die Agenda 2010 muss zur Agenda 2015 fortgeschrieben werden", forderte er.

Volker Schneider von der Linksfraktion warf der Regierung arbeitsmarktpolitische Schönfärberei vor: "Das einzige, was bei Ihnen zunimmt, sind schlecht bezahlte und unsichere Jobs." Für die Grünen kritisierte Alexander Bonde, mit der Kürzung bei den Hartz-IV- Empfängern betreibe Scholz "Haushaltskosmetik", offensichtlich mit dem Ziel, Finanzminister Steinbrück einen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen.

Differenzen in der Union

Während Redner von CDU und CSU für die Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung von derzeit 3,3 auf 2,8 Prozent warben, zeigten sich die Sozialdemokraten zurückhaltend. Arbeitsmarktexpertin Andrea Nahles signalisierte Bereitschaft, Spielräume für eine weitere Ermäßigung zu nutzen. Die SPD-Vizevorsitzende warnte aber davor, damit notwendige Eingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose zu gefährden. Sie und Scholz warben erneut für gesetzliche Mindestlöhne.

Quelle: ntv.de

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