Warmer Empfang Steinmeier in Polen
06.04.2008, 19:24 UhrBundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat einen zweitägigen Polen-Besuch begonnen. Zum Auftakt traf er seinen polnischen Kollegen Radoslaw Sikorski in dessen Privathaus in Chobielin bei Bydgoszcz (Bromberg). Steinmeier und seine Frau Elke wurden vor dem Eingang des historischen Gutshauses aus dem 18. Jahrhundert von Sikorski, seiner Frau Anne Appelbaum und ihren beiden Söhnen begrüßt. Die Politiker spazierten anschließend durch den Park und hörten ein Orgelkonzert. Der private Empfang wurde von den polnischen Medien als symbolische Geste gewertet.
In den vergangenen zwei Jahren war es unter der national- konservativen Regierung von Jaroslaw Kaczynski zu zahlreichen Irritationen zwischen Warschau und Berlin gekommen, unter anderem wegen der Geschichtspolitik sowie der geplanten Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland. Nach der Regierungsübernahme durch den pro-europäischen Politiker Tusk kehrten beide Nachbarländer zur engen Partnerschaft zurück. Tusk hatte Berlin im Dezember besucht.
Vor dem Besuch forderte Steinmeier in einem Namensartikel für die polnische Zeitung "Dziennik" eine "neue deutsch-polnische Agenda". Dazu gehörten gemeinsame Bemühungen um die Heranführung der Staaten im Osten an das "europäisch-atlantische Netz von Wohlstand und Sicherheit", ohne dabei Russland auszuschließen. Warschau und Berlin sollten ferner bei Energiesicherheit und Klimaschutz kooperieren.
Steinmeier regte auch eine gemeinsame Geschichtsausstellung an. Sie sollte von Historikern beider Länder 2010 aus Anlass des 40. Jahrestages des Kniefalls von Willy Brandt vor dem Denkmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto (1943) vorbereitet werden. Sie würde zeigen, "wie aus Angst und Ablehnung durch Zusammenarbeit und gemeinsame Interessen Vertrauen wächst und Partnerschaft entsteht", schrieb der Bundesaußenminister.
Sikorski, der mit einer amerikanischen Journalistin verheiratet ist, war nach der Verhängung des Kriegsrechts in Polen durch die kommunistischen Machthaber 1981 nach Großbritannien gegangen. Nach einem Politik- und Philosophie-Studium in Oxford arbeitete er für englische Medien als Kriegsreporter in Afghanistan und Angola. Erst nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems kehrte Sikorski 1989 nach Polen zurück, wo er eine Blitzkarriere im Verteidigungs- und später im Außenministerium machte.
Nach politischen Gesprächen an diesem Montag in Bydgoszcz (Bromberg) wollen beide Minister an einer außenpolitischen Diskussion an der Universität in Warschau teilnehmen.
Quelle: ntv.de