Politik

Nach Desaster in Hessen Steinmeier will mit Beck reden

Nach dem hessischen Desaster will der stellvertretende SPD-Vorsitzende Frank-Walter Steinmeier die Öffnung der SPD zur Linkspartei auf den Prüfstand stellen. Mit Parteichef Kurt Beck müsse gesprochen werden, sagte Steinmeier mit Blick auf den gescheiterten Plan der hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti, sich mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen.

"Dann werden wir die notwendigen Konsequenzen, gegebenenfalls auch die Befestigung von Beschlüssen in der Partei besprechen", so Steinmeier. Beck will sich nach zweiwöchiger Krankheit am Montag auf der politischen Bühne zurückmelden. Der SPD-Chef war auch parteiintern scharf kritisiert worden, weil er kurz vor der Hamburg-Wahl vor zwei Wochen entgegen früheren Aussagen eine Zusammenarbeit mit der Linken nicht ausgeschlossen und damit einen Kurswechsel eingeleitet hatte.

"Keine angenehme Lage"

"Ich gehe davon aus, sowenig wie das für mich im Augenblick eine angenehme Lage ist, ist es auch für Kurt Beck so", sagte Steinmeier. Die SPD sei nun in keiner glücklichen Lage. Mit Blick auf die Kanzlerkandidatur 2009 war Steinmeier wiederholt als mögliche Alternative zu Beck im Gespräch. Der Außenminister hat entsprechende Ambitionen allerdings stets zurückgewiesen.

Ypsilanti hatte zuvor angekündigt, sie werde im Landtag am 5. April nicht zur Wahl antreten, da der Widerstand einer SPD-Abgeordneten ihre knappe Mehrheit gefährde. Die Darmstädter Abgeordnete Dagmar Metzger hatte erklärt, sie werde bei einer gemeinsamen Wahl mit der Linken nicht für Ypsilanti stimmen. Dies war erst am Donnerstag bekannt geworden. Metzger sagte, sie habe bereits in der ersten Sitzung der SPD-Fraktion Bedenken angemeldet. Dann sei sie in den Urlaub gefahren. Von der Entscheidung, eine Wahl Ypsilantis mit den Stimmen der Linken anzustreben, will sie erst am Mittwochabend erfahren haben. Sie habe daraufhin sofort die Parteivorsitzende und den stellvertretenden Fraktionschef Jürgen Walter angerufen.

Ypsilanti gibt Minderheitenplan auf

Ohne Metzger wäre Ypsilanti bei der Wahl zwingend auf die Genesung eines weiteren SPD-Abgeordneten angewiesen gewesen, der derzeit erkrankt ist - ein hochriskantes Unterfangen. Am Morgen hatte Ypsilanti noch vergeblich versucht, Metzger umzustimmen.

Die Tolerierung durch die Linke sei nach der Verweigerung einer Ampelkoalition durch die FDP der einzige Weg gewesen, sagte Ypsilanti nur drei Tage nach der offiziellen Verkündigung ihres rot-grünen Projekts. Wegen Metzgers Position könne der Weg aber nicht weiter verfolgt werden. "Deshalb werde ich am 5. April mich nicht zur Wahl stellen, denn ich kann für eine Mehrheit nicht garantieren." Metzger nannte ihre Ablehnung eine Gewissensentscheidung. Außerdem müsse das Versprechen aus dem Landtagswahlkampf gehalten werden, nicht mit der Linken zusammenzuarbeiten.

Koch bleibt im Amt - und hofft auf Jamaika

Mangels anderer Mehrheiten bleibt damit Ministerpräsident Roland Koch (CDU) voraussichtlich nach der konstituierenden Sitzung des Landtags am 5. April geschäftsführend im Amt. Erneut rief die CDU die Grünen auf, eine Jamaika-Koalition mit ihr und der FDP zu sondieren. Grünen-Landeschef Tarek Al-Wazir lehnte dies abermals ab.

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Rainer Brüderle legte Koch den Rücktritt nahe: "Bevor Jamaika an Herrn Koch scheitert, sollte der hessische Ministerpräsident überlegen, jetzt den Weg freizumachen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Als mögliche Alternative zu Koch wurden in den vergangenen Wochen immer wieder Verteidigungsminister Franz Josef Jung und die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (beide CDU) genannt. Die Grünen haben allerdings bereits häufig betont, dass sie mit der hessischen CDU keinesfalls koalieren werden.

SPD-Fraktionschef Peter Struck wiederum forderte im "Offenburger Tagblatt" die FDP nochmals auf, sich einer Ampelkoalition in Hessen nicht zu verweigern. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel schloss dies in derselben Zeitung aber umgehend aus. Die Union im Bund erklärte Ypsilantis Rückzieher zu einer schweren Niederlage auch für den SPD-Bundesvorsitzenden: "Beck ist auf ganzer Linie gescheitert", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder dem "Tagesspiegel".

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hielt dem entgegen, Beck sei nicht beschädigt. Ypsilanti habe verantwortlich gehandelt, das Projekt zu beenden. Beck ließ ankündigen, er werde am Montag das SPD-Parteipräsidium leiten und auch vor die Bundespressekonferenz treten.

Quelle: ntv.de

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