Politik

Prassen in Zeiten der Krise Steuermilliarden verpulvert

Die Liste ist lang. Ausgerechnet im Jahr der Krise verschwendet der Staat offenbar soviel Steuergelder wie nie zuvor. Dem Bund der Steuerzahler zufolge ist das Gesamtvolumen noch nicht abzusehen. Ganz oben in der Negativliste stehen die Milliardenverluste der Staatsbanken. Aber auch öffentliche Designer-Klos verschlingen Unsummen.

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Der Bund der Steuerzahler hat erneut eine Verschwendung öffentlicher Mittel in Milliardenhöhe angeprangert. In dem Schwarzbuch "Die öffentliche Verschwendung 2009" werden an 128 Fällen Fehlplanungen, Kostenexplosionen oder die Reiselust der Volksvertreter dargestellt. "Steuergeldverschwendung gehört zu den Schwächen unseres politischen Systems. Deshalb muss sie immer wieder und ständig hart bekämpft werden. Unser Beitrag dazu ist das Schwarzbuch 2009", erklärte der Präsident des Verbandes, Karl Heinz Däke.

Laut Däke setzen Bund, Länder und Gemeinden nach Ansicht des Steuerzahlerbundes im Krisenjahr 2009 soviel Steuergelder in den Sand wie nie zuvor. Das Gesamtvolumen sei noch nicht abzusehen, da es von der Höhe der Ausfälle bei den Staatsgarantien sowie von der Wirkung der beiden Konjunkturpakete abhänge. Sie werde aber deutlich über den bisher geschätzten fünf Prozent des Staatshaushaltes liegen, was Däke in den vergangenen Jahren seit der Währungsreform regelmäßig mit gut 30 Milliarden Euro bezifferte.

 

Däke forderte die Einführung eines "Amtsanklägers", um die Bürger vor dem sorglosen Umgang mit Steuergeldern besser zu schützen. Verschwendung müsse "hart bestraft werden", denn die Steuerzahler hätten ein Recht darauf, dass ihr Geld sorgsam und wirtschaftlich verwendet werde. Zugleich forderte Däke Union und FDP auf, ihr Wahlversprechen massiver Steuersenkungen auch umzusetzen. Däke verlangte deutliche Einsparungen. Jeder Etatposten müsse auf den Prüfstand. Der Chef des Steuerzahlerbunds plädierte für eine globale Minderausgabe für alle Ressorts. Zudem sprach er sich für weniger Ministerien aus. So könne Wirtschaft und Umwelt oder Wirtschaft und Entwicklungshilfe zusammengelegt werden.

Lange Liste der Schildbürgerstreiche

Die vom Steuerzahler-Bund veröffentlichte Liste der Verschwendungen ist lang. Ganz oben bei der Schadenshöhe stehen die Milliardenverluste der Staatsbanken in der Finanzkrise. Diese Verluste seien "wegen der geringen Kompetenz der Bankenaufsichtsräte" überproporzional höher gewesen als die der Privatbanken, kritisiert die Organisation.

Der Platz über der Kölner Philarmonie muss dreimal am Tag abgesperrt werden.

Der Platz über der Kölner Philarmonie muss dreimal am Tag abgesperrt werden.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

 

Auch die Kämmerer des hochverschuldeten Berlin haben dem Schwarzbuch zufolge anscheinend Probleme mit dem Rechenstift. Die Hauptstadt verschenkte demnach de facto drei Millionen Euro Steuergelder an den exklusiven Golfclub Wannsee. Der gut situierte Club schloss für die Nutzung des Geländes einen Erbbaurechtsvertrag für eine Einmalzahlung in Höhe von rund drei Millionen Euro ab. Das Doppelte wäre laut Steuerzahlerbund für die Stadt möglich gewesen, weil der Club 2010 seine Gemeinnützigkeit verlieren wird.

 

Die Stadt Köln leistet sich laut Schwarzbuch einen Schildbürgerstreich der besonderen Art. Dort werden den Angaben zufolge 100.000 Euro im Jahr ausgegeben, um den Heinrich-Böll-Platz etwa drei Mal täglich zu abzusperren. Der Grund: Unter dem Platz probt und spielt die Philharmonie. Doch die Schallisolierung sei so schlecht, dass sich jeder Rollkoffer oder Stöckelschuh auf dem Platz im darunter liegenden Orchestergraben akustisch bemerkbar mache. Ein Umbau wäre auf lange Sicht billiger, mahnt der Steuerzahlerbund.

Dresden hat seine seit mehr als fünf Jahre gehegten Hoffnungen buchstäblich begraben müssen, für die Bebauung des Wiener Platzes am Hauptbahnhof einen Investor zu finden. Allein die Erschließung des Grundstückes hat laut Steuerzahlerbund 151 Millionen Euro gekostet, davon 87 Millionen Eigen- und 64 Millionen Fördermittel. Die Sicherung der Baugrube verschlingt monatlich 30.000 Euro. Nun will sie die Stadt wieder zuschütten - für weitere zwei Millionen Euro.

Designer-Klos für Lübeck

Vergoldete Geschäfte kritisiert das Schwarzbuch in Lübeck. Dort mietet die Stadt zwei japanische Designer-Toiletten für den Marktplatz an und zahlt dafür 130.000 Euro im Jahr, allerdings ohne Reinigungs- und Wartungskosten. Mit zwei Jahrsmieten könnte die Stadt einen kompletten Neubau finanzieren, rechnet der Verband vor.

 

Einen aus Sicht des Steuerzahler-Bundes sinnlosen Neubau leistete sich dagegen die Stadt Grünhain-Beierfeld in Sachsen. Sie errichtete für 78.000 Euro einen Gehweg in Richtung der Nachbargemeinde Bernsbach. Der Weg ende allerdings nach 200 Metern im Nichts, weil Bernsbach keine Notwendigkeit für die Verbindung sehe.

 

Manchen Volksvertreter ist dagegen anscheinend kein Weg zu weit - so reiste laut Schwarzbuch eine zehnköpfige Delegation des Bezirks Hamburg-Mitte nach Shanghai, um dort die "Entwicklungsmöglichkeiten der sozialen Gestaltung einer Metropole" kennenzulernen. Die 20.000 Euro teure Veranstaltung unter Leitung des Bezirksamtleiters habe allerdings eher den Charakter einer "Lustreise" gehabt, beanstandete der Steuerzahler-Bund.

Sachsen-Anhalt habe das Fördergeld der EU von jährlich 230.000 Euro für die Öffentlichkeitsarbeit in der Landwirtschaft für das Kunstprojekt "Ökomenta 09" ausgegeben. Unter anderem sei "für Nutztiere musiziert und eine Nutztiermodenschau veranstaltet" worden.

"Präventive Wirkung"

In der 37. Auflage seines Schwarzbuches stellt der Verband auch fest, dass er inzwischen "präventive Wirkung" erziele. So habe er in Lüneburg erfolgreich von einer neuen Gras-Landebahn abraten können: 950.000 Euro. Meerbusch sparte durch den Steuerzahlerbund angeblich 280.000 Euro, weil die Stadt die sogenannte Alte Schule nicht aufwändig sanieren, sondern schlichtweg abreißen und neubauen ließ.

 

Ausführlich schildert Däke, dass solche Verschwendungsfälle durch das "beharrliche Engagement der Mitglieder und Mitarbeiter" an die Öffentlichkeit gezerrt würden. Der Steuerzahlerbund verlor allerdings in fünf Jahren 20 Prozent seiner Mitglieder und liegt jetzt laut Däke bei 320.000.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa

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