Politik

Streit um Sonderwünsche Steuerpaket steht auf der Kippe

Die für 2010 von Schwarz-Gelb versprochenen Steuerentlastungen drohen zu scheitern: Bayerns Ministerpräsident Seehofer will dem Gesetz nicht zustimmen, sollte der Mehrwertsteuersatz für Hotels nicht wie geplant auf sieben Prozent sinken. Dagegen wollen andere Länder das Steuerpaket stoppen, wenn sie nicht spürbar entlastet werden.

Bayerns Ministerpräsident Seehofer droht mit seinem Veto gegen das ganze "Wachstumsbeschleunigungsgesetz".

Bayerns Ministerpräsident Seehofer droht mit seinem Veto gegen das ganze "Wachstumsbeschleunigungsgesetz".

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Streit in der schwarz-gelben Koalition über Steuerprivilegien für Hoteliers stellt zunehmend das für 2010 geplante gesamte Steuersenkungspaket infrage. Bayern besteht darauf, dass die Verabredung im Koalitionsvertrag erfüllt und die Mehrwertsteuer für Übernachtungen zum Jahreswechsel von 19 auf 7 Prozent gesenkt wird. Am Ende könnte die maßgeblich von CSU und FDP befürwortete Maßnahme doch noch aus dem Gesamtpaket zur Wachstumsförderung herausgelöst werden, damit alle anderen Maßnahmen pünktlich zum 1. Januar 2010 in Kraft treten können.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) macht aber eine Zustimmung seines Landes zum sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz von den Privilegien für Hotels abhängig, wie er im "Handelsblatt" sagte. Andere Länder mit schwarz-gelben Koalitionen knüpfen eine Zustimmung dagegen an Kompensationen des Bundes für Steuerausfälle.

Seehofer sagte, Bayern stimme keinem "Schrumpfpaket zu, da kann das Trommelfeuer noch so groß sein". Seehofer berief sich auf den Koalitionsvertrag und sieht nur noch in Details Verhandlungsbedarf - etwa bei der Frage, welche Leistungen unter den Begriff Beherbergung fallen. Er widersprach dem Vorwurf, dass es sich bei dem ermäßigten Steuersatz für die Hotellerie um bayerische Klientelpolitik handele.

Länder sperren sich

Die Steuernachlässe für Hoteliers soll mit dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz noch in diesem Jahr beschlossen werden. Das Privileg kostet den Staat rund eine Milliarde Euro. Umstritten ist der Plan auch, weil es Abgrenzungsprobleme gibt und zahlreiche Experten nach bisherigen Erfahrungen bezweifeln, dass von reduzierten Mehrwertsteuersätzen auch Kunden profitieren.

Die geplanten Steuersenkungen für Hotels sind auch in der Regierungskoalition umstritten.

Die geplanten Steuersenkungen für Hotels sind auch in der Regierungskoalition umstritten.

(Foto: dpa-Zentralbild)

Mit Blick auf den Widerstand der Bundesländer mit schwarz-gelben Regierungen warnte der im Wirtschaftsministerium für Tourismus zuständige Parlamentarische Staatssekretär Ernst Burgbacher (FDP) vor einer Blockade der Gesetzespläne im Bundesrat. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier (CDU), sagte dagegen, er halte Nachfragen für berechtigt, "weil sich dies nicht auf den ersten Blick erschließt".

"Keine Zugeständnisse"

Diesen Bemühungen um einen Kompromiss mit den Ländern durch etwaige Zugeständnisse erteilte CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder allerdings eine scharfe Absage. "Es gibt keine Zugeständnisse", sagte Kauder nach Angaben von Teilnehmern. Er reagierte damit auf Aussagen aus den eigenen Reihen, vor allem finanzschwachen Ländern wie Schleswig-Holstein doch noch entgegenzukommen. Das Land hat angekündigt, das Gesetz zur Förderung des Wirtschaftswachstums, das rund 8,4 Milliarden Euro Entlastungen und Fördermaßnahmen für Familien und Unternehmen bringen soll, im Bundesrat nicht mitzutragen. Damit würde eines der wichtigsten Vorhaben der neuen Bundesregierung scheitern.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte Teilnehmern zufolge in der Fraktion eindringlich davor, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz in Frage zu stellen. "Lasst es uns nicht zerreden", habe der Minister erklärt. Schäuble und Kanzlerin Merkel, die in der Fraktion zu dem Thema nicht das Wort ergriff, hatten am Vortag signalisiert, sie wollten mit Schleswig-Holsteins Regierungschef Peter Harry Carstensen das Problem noch einmal erörtern.

Finanzminister Schäuble ruft zur Ordnung - aber ob alle hören?

Finanzminister Schäuble ruft zur Ordnung - aber ob alle hören?

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nach Schleswig-Holstein und Sachsen hatten auch das Saarland und Baden-Württemberg Bedenken gegen das Steuerentlastungspaket der Regierung angemeldet. Stuttgarts Finanzminister Willi Stächele (CDU) sagte der "Süddeutschen Zeitung", der Koalitionsvertrag werde eingehalten, seine Regierung verlange vom Bund aber einen Ausgleich. Auch Städte und Gemeinden warnen vor zusätzlichen Mindereinnahmen.

Hilfe durch die Hintertür

Denkbar ist nach Angaben aus Koalitionskreisen, den Ländern an anderer Stelle entgegenzukommen oder aber eine Teilkompensation für finanzschwache Länder. Im Rahmen der Föderalismusreform sind den fünf Ländern Schleswig-Holstein, Bremen, Berlin, Sachsen-Anhalt und Saarland für die Zeit von 2011 bis 2019 Zinshilfen zugesagt worden. Nach diesem Modell könnte der Bund auch bei der Finanzierung der Steuerausfälle helfen. Erwogen wird in CDU-Kreisen allerdings auch, die Hotelförderung am Ende doch noch aus dem Paket herauszulösen und erst später mit einer Mehrwertsteuerreform umzusetzen. Diese haben sich Union und FDP ohnehin vorgenommen.

CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich appellierte an die gesamtstaatliche Verantwortung von Bund, Ländern und Kommunen für die Wachstumsförderung, zeigte aber Verständnis für die Finanznöte einiger Länder. Es könne allerdings nicht sein, dass die FDP in den Ländern sich nicht an den Koalitionsvertrag halte, den sie im Bund geschlossen habe.

SPD spricht von "Regierungschaos"

Der Bundestag soll - entgegen ursprünglichen Überlegungen - nicht in dieser Woche, sondern erst am Freitag kommender Woche das Wachstumsbeschleunigungsgesetz beschließen. Bis dahin soll ein Kompromiss stehen. Anschließend haben die Länder zwei Wochen Zeit bis zur Abstimmung im Bundesrat am 18. Dezember.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte: "Was als Fehlstart in den Koalitionsverhandlungen begann, droht in ein Regierungschaos zu münden." Das geplante Mehrwertsteuerprivileg für Hotelübernachtungen bezeichnete er als "gefährlichen Unsinn". Auch bei CDU-geführten Landesregierungen mache sich Unmut dagegen Luft. Steinmeiers Stellvertreter Hubertus Heil sagte: "Nun wird sich zeigen, ob die wirtschaftspolitisch Vernünftigen in der CDU innerhalb der Klientel-Koalition Gehör finden."

Quelle: ntv.de, tis/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen