Politik

"Klima der Unsicherheit" Stillose Gewaltdebatte

Der verbale Schlagabtausch über härtere Strafen für jugendliche Gewalttäter wird immer sinnleerer. Nach Angriffe von Ex-Kanzler Gerhard Schröder auf die Unionsparteien nehmen diese jetzt Schröder ins Visier. Der ehemalige SPD-Chef habe mit seiner Kritik an der Linie der Union jeden Kontakt zur Wirklichkeit verloren, erklärte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla bei n-tv. Pofalla will den Wählern klarmachen, dass sich die SPD den Verbesserungen zum Schutz des Menschen verweigere.

Schröder hatte Kanzlerin Angela Merkel und Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) Wahlkampfhetze vorgeworfen. Gewalt sei nicht nur ein Problem ausländischer, sondern auch deutscher Jugendlicher.

Pofalla bezeichnete Schröder zudem als stillos, denn: "Herr Schröder lässt sich von Leibwächtern schützen und fährt in gepanzerten Limousinen." Es sei also klar, dass Schröder selbst nicht mit der Kriminalität ausländischer Jugendlicher in U-Bahnen, Bussen und auf öffentlichen Plätzen in Berührung komme.

Fokus erneut nur auf Ausländer

Aber auch der Vorsitzende der Landesgruppe der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Peter Ramsauer, legte in dem Streit nach. Ramsauer sagte, wenn man in Deutschland vor Angriffen jugendlicher Ausländer nicht mehr sicher sei, dann dürfe die Debatte darüber nicht als politisch unkorrekt abgewürgt werden: "Wer dazu schweigt, macht sich selbst schuldig an einem Klima der Unsicherheit." Koch hatte unter anderem Erziehungscamps für gewalttätige Jugendliche gefordert und war damit auf ein breites positives Echo in CDU und CSU gestoßen.

"Koch treibt Merkel vor sich her"

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil warf Merkel vor, keine eigene Position zu haben. "Offensichtlich ist die Frau Bundeskanzlerin da sehr druckempfindlich", sagte er bei n-tv. Merkel gebe immer wieder auch CDU-Ministerpräsidenten nach, denen das Wasser im Landtagswahlkampf bis zum Hals stehe, "ohne eine eigene klare Linie zu haben", so Heil. "Jetzt treibt Koch die Kanzlerin vor sich her." Merkel hatte sich am Wochenende klar hinter die Forderung Kochs nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts gestellt, nachdem ihr Regierungssprecher sich einige Tage zuvor noch eher vorsichtig geäußert hatte.

Angriffe gegen Koch und Wulff

Kochs Forderung sei "an Verlogenheit nicht zu überbieten", denn er habe "selbst die Situation verursacht, die er jetzt beklagt", kritisierte Heil. "Er hat tausend Polizeistellen in Hessen gestrichen, er hat bei Staatsanwälten, bei Richtern gekürzt, bei Jugendhilfe, bei Bildung." Das gleiche gelte für Niedersachsen, wo am 27. Januar ebenfalls ein neuer Landtag gewählt wird.

Ähnlich wie Heil äußerte sich auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Es sei ein Treppenwitz, dass sich ein Politiker mit schneidigen Parolen ins Bild setze, "während der gleiche Akteur durch Privatisierungen und Mittelkürzungen das Problem noch verschärft hat", sagte Zypries in Köln. Koch habe die freiwilligen Leistungen um ein Drittel gekürzt, bei der ehrenamtlichen Bewährungshilfe und bei der ambulanten Straffälligenhilfe den Rotstift angesetzt.

Rechte Gewalt aus dem Auge verloren

Schröder sagte der "Bild": "Wir brauchen kein neues Recht, sondern die zügige und konsequente Anwendung des bestehenden Rechts." Das Problem sei keines allein von Ausländern: "Junge deutsche Rechtsradikale verüben im Schnitt jeden Tag drei Gewalttaten - meist gegenüber Menschen mit anderer Hautfarbe." An die Adresse von Koch und Merkel fügte er hinzu: "Offenkundig sind beide auf dem rechten Auge blind." Koch betreibe eine Wahlkampfhetze, für die er bekannt sei.

Glos ohne Tunnelblick

Auch Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ging zum Gegenangriff über. Schröder bewege sich am Rande der Flegelhaftigkeit, sagte er. Im Gegensatz zu Ramsauer und Pofalla spricht Glos jedoch davon, dass die Union eine härtere Gangart sowohl gegen Links- als auch gegen Rechtsradikale sowie gleichermaßen gegen ausländische wie deutsche Jugendliche fordere.

Minister wollen beraten

Jetzt wollen sich die Innenminister der unionsregierten Länder sowie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble des Themas annehmen und ab Donnerstag bei einem zweitägigen Treffen in Wiesbaden darüber beraten. Je mehr die SPD eine Verschärfung ablehne, "umso unnachgiebiger werden wir bei diesem Thema dranbleiben", stellte Ramsauer klar.

Quelle: ntv.de

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