Politik

Mit der Angst im Nacken zur Wahlurne Stimmabgabe als Mutprobe

Für Frauen gab es extra eingerichtete Wahllokale.

Für Frauen gab es extra eingerichtete Wahllokale.

(Foto: AP)

Die Wahlbeteiligung in Afghanistan ist geringer als bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr. Nur etwa 40 Prozent der Afghanen geben ihre Stimme ab - aus Angst vor den Taliban.

Fawsia ist ganz ehrlich: "Ich habe Angst", sagt die afghanische Hausfrau vor dem Wahllokal in Kandahar. "Ich weiß um die Drohungen der Taliban. Aber ich hatte das Gefühl, dass ich herkommen muss um zu wählen." Also machte sich Fawsia zusammen mit ihren drei Töchtern und zwei Schwiegertöchtern auf den Weg, um ihre Stimme abzugeben. Es war erst das zweite Mal, dass seit dem Sturz der Taliban vor neun Jahren ein neues afghanisches Parlament gewählt wurde. Und auch diesmal konnte von einem normalen Urnengang keine Rede sein.

Gekleidet in Burkas stehen Fawsia und ihre Begleiterinnen vor einem extra für Frauen eingerichteten Wahllokal in Kandahar, einer der Hochburgen der radikal-islamischen Taliban. Ihre Männer sind zu einer anderen Wahlstation unterwegs. "Es ist wichtig, dass wir unsere Parlamentsvertreter wählen", sagt die Hausfrau. "Sie sollen für uns sprechen und uns repräsentieren." So wie Fawsia dachten etwa 40 Prozent der Afghanen - so hoch jedenfalls wurde die Beteiligung an dem Urnengang von der Wahlkommission angegeben.

ISAF bleibt im Hintergrund

Insgesamt gaben der Wahlkommission zufolge 3,6 Millionen Menschen ihre Stimme ab. Das waren mehr als eine Million weniger als bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr. Dass diesmal nicht mehr Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, war neben der allgemeinen Unzufriedenheit mit den Politikern vor allem auf die Drohungen der Taliban zurückzuführen. Sie wollten mit allen Mitteln den Urnengang boykottieren - und schlugen trotz eines massiven Sicherheitsaufgebots gewaltsam zu. Nach Angaben der NATO-Truppe ISAF gab es mehr gewaltsame Zwischenfälle als bei der Präsidentschaftswahl.

Die ISAF hielt sich auffällig im Hintergrund, dafür waren um so mehr afghanische Sicherheitskräfte zu sehen. Nach Angaben der Behörden waren 63.000 Soldaten und 52.000 Polizisten im Einsatz, um die Sicherheit der Wähler zu garantieren. In der Hauptstadt Kabul wurden überall Kontrollpunkte eingerichtet, teilweise mussten sich die Wähler Körperkontrollen unterziehen.

Letztlich aber blieb es eine Frage des Mutes und der Überzeugung, ob jemand zur Wahl ging oder nicht. "Ich will den Taliban zeigen, dass ich keine Angst vor ihnen habe", sagt der 50-jährige Mohammed Saman, als er im Kabuler Vorort Kart-e-Naw seine Stimme abgibt. Er trifft mit seiner Aussage wohl die Stimmung der meisten Wahlmutigen.

Quelle: ntv.de, Nasrat Shoib, AFP

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