Belastung für Koalition Streit um NPD-Verbot
05.04.2008, 16:44 UhrDer Streit über ein neues NPD-Verbotsverfahren belastet jetzt auch die große Koalition. SPD-Chef Kurt Beck warf der Union vor, sich nicht an die Absprachen zur Prüfung eines zweiten Anlaufs zu einem Verbot der rechtsextremistischen Partei zu halten. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) beurteilt die Erfolgschancen skeptisch. "So einfach, wie sich das die SPD vorstellt, ist ein Verbotsverfahren ja nicht. Die Hürden sind sehr hoch", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Das von der SPD geführte Innenministerium von Sachsen-Anhalt will am Montag sein für ein NPD-Verbotsverfahren zusammengestelltes Material veröffentlichen. Es handele sich um das "komplette Material", sagte Ministeriumssprecher Martin Krems. Die Erkenntnisse stammten allesamt aus öffentlich zugänglichen Quellen. Das Bundesinnenministerium bedauerte diesen Schritt.
Das von allen Ländern vereinbarte Prüfungsverfahren werde davon nicht berührt. "Wir hoffen, dass die SPD sich besinnt und bei dem vereinbarten Verfahren bleibt", sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Die Materialsammlung aus den Innenministerien zu den extremistischen Bestrebungen der NPD werde Mitte April dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages vorgelegt. Das neue Prüfverfahren für ein NPD-Verbot war auf Initiative der SPD eingeleitet worden.
Nach einem "Spiegel"-Bericht kommen die SPD-Innenministerien ebenso wie zuvor die CDU-geführten Innenbehörden zu dem Ergebnis, dass die Erfolgsaussichten eines neuen NPD-Verbotsverfahrens zweifelhaft sind. Die SPD-Innenminister prüften aber eine Veröffentlichung des jetzt gesammelten Materials, um den verfassungsfeindlichen Charakter der Partei aufzuzeigen. Für diesen Fall erwäge das Bundesinnenministerium das sofortige Ende des Prüfverfahrens, da der NPD dann bekannt werde, was gegen sie vorliege. Die Rechtsextremen könnten sich entsprechend vorbereiten.
Für Schäuble wird bei der Beurteilung des vorliegenden Materials gegen die NPD entscheidend sein, ob es von V-Leuten stammt oder nicht. "Die unionsregierten Länder haben jetzt gesagt, dass sie eben solches Material nicht vorlegen können", sagte Schäuble der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Das Bundesverfassungsgericht hatte 2003 einen Verbotsantrag mit dem Hinweis auf die V-Leute des Verfassungsschutzes in der Partei zurückgewiesen. Für Schäuble und andere CDU-Innenminister ist es nicht zu verantworten, die V-Leute aus der NPD abzuziehen.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) widersprach dieser Auffassung. "Wir müssen jetzt handeln", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos) sprach sich gegen ein erneutes NPD-Verbotsverfahren aus. "Die verwertbaren Erkenntnisse reichen nicht aus, um bei einem erneuten Verbotsverfahren erfolgreich zu sein."
"Rote Karte" für die NPD
Im thüringischen Weimar haben am Samstag rund 1000 Menschen gegen einen Aufmarsch der NPD demonstriert. Oberbürgermeister Stefan Wolf (SPD) forderte ein Verbot dieser rechtsextremen Partei. "Nur dann nämlich haben wir eine weitere Handhabe, um diesen Spuk in Weimar zu verhindern." Nach Angaben der Polizei waren rund 300 Teilnehmer zu dem NPD-Aufmarsch nach Weimar gekommen.
Zahlreiche Bürger hatten mit einer Sitzblockade versucht, den Zug der Rechtsextremen aufzuhalten. Die Blockade sei allerdings friedlich geräumt worden, sagte ein Polizeisprecher. Bis zum Nachmittag sei es zu keinen größeren Zwischenfällen gekommen.
Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) hatte die Bürger dazu aufgerufen, der NPD die "rote Karte" zu zeigen. "Die rechtsextremistische NPD ist und bleibt eine ernstzunehmende Gefahr", sagte er. Thüringen sei ein tolerantes und weltoffenes Land. Auch von anderen Parteien wurde die Kundgebung der Rechtsextremen scharf verurteilt.
Quelle: ntv.de