Kämpfen in Afghanistan Streit um die Ausrüstung
30.01.2008, 10:31 UhrDie Bundesregierung ist Bedenken entgegen getreten, die Bundeswehr sei zu schlecht ausgerüstet, um einen Kampfverband zu entsenden. Verteidigungsminister Franz Josef Jung sagte während eines Besuchs in Kabul, wenn sich die Bundesregierung für den Einsatz entscheide, würden gut ausgerüstete Einheiten in den Norden des Landes geschickt.
Auch prüfe das Verteidigungsministerium nach zahlreichen Raketenangriffen, wie das deutsche Feldlager in Kundus besser geschützt werden kann. 36 Fälle von Raketenbeschuss in vier Monaten seien nicht hinzunehmen, sagte Jung auf dem Rückflug von einem Besuch in Kundus. Mit Blick auf die Gefahr durch Sprengfallen erklärte er, die Nachrüstung der Einsatzfahrzeuge mit Störsendern sei in vollem Gang. Die sogenannten Jammer können verhindern, dass an der Straße verborgene Sprengsätze per Handy ferngezündet werden. Im vergangenen Mai waren bei einem Anschlag auf einem belebten Markt in Kundus drei deutsche Soldaten getötet worden.
Schnelle Eingreiftruppe
QRF-Soldaten sollen immer dann eingreifen, wenn Wiederaufbauteams in den Nordprovinzen des Landes militärisch unter Druck geraten. Der Kampfverband kann auch gegen Terroristen vorgehen und mögliche Evakuierungen absichern. Schnelle Eingreiftruppen der NATO verfügen über Fahrzeuge mit leichter und schwerer Bewaffnung wie Maschinengewehre, Mörsergranaten und Raketenwerfer. Zudem haben sie eigene Sanitäts- und Logistikeinheiten.
Berlin will Anfang Februar über die Entsendung eines Kampfverbandes nach Afghanistan entscheiden. Die seit längerem erwartete Bitte der NATO nach Entsendung einer schnellen Eingreiftruppe ging am Dienstag beim Verteidigungsministerium in Berlin ein. Damit steht die Bundeswehr vor ihrem ersten Einsatz mit einem Kampfverband für die NATO in Nordafghanistan.
Es fehlt an vielem
Erneut wurden allerdings Zweifel laut, ob die Bundeswehr die richtige Ausrüstung für einen solchen Einsatz hat. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sieht Nachholbedarf. "Die Eingreifkräfte der Bundeswehr verfügen bisher nicht über funktionierende Geräte, mit den sie mit den Verbündeten in Afghanistan kommunizieren können", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Das muss schleunigst geändert werden." Es fehlten auch Gefechtsfahrzeuge, die mit dem Hubschrauber CH53 transportiert werden können.
Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, sieht ebenfalls "gravierende Ausrüstungsdefizite". So gebe es keine durchgehende, weiträumige Aufklärungskapazität zur Versorgung der Truppe mit Informationen in Echtzeit, sagte er dem NDR. Außerdem fehle ein modernes, leistungsfähiges Führungs- und Informationssystem. Zudem mangele es an Waffensystemen, um Gegner auf größere Distanzen bekämpfen zu können.
Zivilgesellschaft stärken
Der afghanische Präsident Karsai sieht die geplante Truppenverstärkung kritisch. "Ich bin nicht sicher, ob die Entsendung weiterer Truppen die richtige Antwort wäre", sagte Karsai der Tageszeitung "Die Welt". "Für uns findet der Krieg nicht hier, sondern anderswo statt", sagte der Präsident. Wichtiger als das militärische Vorgehen gegen Terroristen sei es, sich auf die Zufluchtsstätten und Ausbildungslager zu konzentrieren.
"Afghanistan ist keine Zufluchtsstätte. Es war eine, aber wir haben es uns zurückgeholt", sagte Karsai. Mehr als alles andere brauche sein Land Hilfe beim Aufbau "unseres Humankapitals und unserer Institutionen", so Karsai. Es gehe etwa um die Armee, die Polizei, die Beamten und Richter. "Wir müssen unseren institutionellen Standard heben", sagte Karsai.
Quelle: ntv.de