Politik

Guttenberg plant Aufstockung Streit um neue Truppen droht

Einer von 4500 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan.

Einer von 4500 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Bundesregierung droht ein Konflikt um die künftige Strategie in Afghanistan. Verteidigungsminister Guttenberg plant laut einem Bericht eine Aufstockung der Truppe um 1500 Soldaten - sein Ministerium dementiert dies noch. Außenminister Westerwelle will dagegen wie die SPD vor allem die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte verstärken.

Deutschland wird aller Voraussicht nach deutlich mehr Soldaten nach Afghanistan schicken. Kurz vor der internationalen Afghanistan-Konferenz will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa das Bundestagsmandat um möglichst 1500 auf dann 6000 Soldaten ausweiten lassen. Davon sind bis zu 500 Soldaten für AWACS-Aufklärungsflüge eingeplant. Offiziell dementierte ein Sprecher des Ministeriums die Angaben. Die SPD lehnt zusätzliche Truppen ab und verlangt mehr Einsatz für die Ausbildung der afghanischen Armee und der Polizei. Kanzlerin Angela Merkel trifft Afghanistans Präsidenten Hamid Karsai in Berlin vor der Konferenz, die am 28. Januar in London stattfindet.

Nach Angaben der "Berliner Zeitung" zeichnet sich ab, dass Bundesaußenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle, der Deutschland auf der Afghanistan-Konferenz vertritt, nur zivile Angebote machen wird. Die Rede sei von einer Verdoppelung der Entwicklungshilfe von jährlich 125 Millionen Euro auf 250 Millionen. Die Zahl der Ausbilder für die afghanische Polizei und Armee solle von 120 auf 200 steigen. Offiziell will die Bundesregierung erst nach der Konferenz entscheiden, ob das Bundeswehr-Kontingent von derzeit maximal 4500 Mann erhöht wird.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte eine Umschichtung bei den 4500 Soldaten, die der Bundestag als Obergrenze gebilligt hat, hin zu mehr Ausbildung, damit sich die Afghanen künftig besser selbst schützen können. Erforderlich seien deutlich mehr deutsche Polizeiausbilder und zivile Mittel. Die SPD verlangt eine klare Abzugsperspektive - am besten soll noch 2011 der Rückzug der Truppen eingeleitet werden. Das plant auch US-Präsident Barack Obama. Spätestens in fünf Jahren sollten alle deutschen Soldaten aus Afghanistan zurückgeholt sein. Allerdings stockt Obama seine Truppe zuvor massiv auf.

500 Mann "Reserve"

Hohe Angehörige des Verteidigungsministeriums sagten der dpa, um eine realistische Rückzugsperspektive zu schaffen, müsse das deutsche Kontingent von derzeit 4500 auf 6000 Mann erhöht werden. 500 dieser 1500 Soldaten sollten als "Reserve" eingeplant werden, damit die vom Bundestag zu beschließende neue Obergrenze nicht gleich wieder ausgeschöpft werde. So könne man mit Blick auf Kritiker von nur "knapp unter 1000" Soldaten mehr sprechen. 300 bis 500 Soldaten davon würden für die NATO-Aufklärungsflugzeuge AWACS eingeplant. Die Regierung hatte Ende vergangenen Jahres darauf verzichtet, das AWACS-Mandat vom Bundestag verlängern zu lassen, weil fast ein halbes Jahr lang jeglicher AWACS-Einsatz an Turkmenistan scheiterte. Das Land verweigerte die Überflugrechte für die NATO-Maschinen.

Muss sich die Bundeswehr in Afghanistan auf eine Truppenaufstockung vorbereiten.

Muss sich die Bundeswehr in Afghanistan auf eine Truppenaufstockung vorbereiten.

(Foto: dpa)

Der militärische Sprecher des Verteidigungsministeriums, Christian Dienst, sagte zu den dpa-Informationen, die Zahl entbehre jeder Grundlage. Das Ministerium hat in der Vergangenheit oft Angaben dieser Art zunächst zurückgewiesen, später dann aber selbst verkündet.

Am Montag will Merkel mit den vier für den Afghanistan-Einsatz verantwortlichen Ministern (Verteidigung, Außen, Inneres, Entwicklung) die Strategie für die Londoner Konferenz besprechen. Am Dienstag und Mittwoch kommt die Kanzlerin mit Karsai zusammen. Für Dienstag ist ein Treffen Merkels gemeinsam mit den zuständigen Ministern sowie den Fraktionsvorsitzenden im Bundestag mit Karsai geplant. Am Mittwoch gibt die Kanzlerin eine Regierungserklärung zu dem Thema im Bundestag ab. Einen Tag später wird in London bei einer Konferenz die internationale Afghanistan-Strategie abgestimmt.

Guttenberg gegen "leichtsinnige" Enddaten

SPD-Chef Gabriel schlug für den Abzug der deutschen Soldaten einen "Zeitkorridor 2013 bis 2015" vor. Die internationale Gemeinschaft müsse mit der Regierung in Kabul einen entsprechenden Fahrplan ausarbeiten, sagte er bei einer Afghanistan-Konferenz seiner Partei in Berlin. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte zuletzt den Zeitraum 2013 bis 2015 für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan genannt.

Am Freitag zeichnete Guttenberg einen Haupt- und einen Oberfeldwebel mit Ehrenkreuzen aus.

Am Freitag zeichnete Guttenberg einen Haupt- und einen Oberfeldwebel mit Ehrenkreuzen aus.

(Foto: dpa)

Verteidigungsminister zu Guttenberg warnte bei der Auszeichnung zweier in Afghanistan eingesetzter Bundeswehrsoldaten für besondere Tapferkeit davor, die Abzugsdebatte politisch zu instrumentalisieren. Es dürften nicht "leichtsinnig" Enddaten für einen Abzug genannt werden. Es müsse vielmehr ein Prozess in Gang gesetzt werden, der "perspektivisch" auch den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan beinhalte, sod der CSU-Politiker.

Afghanistan in fünf Jahren bereit

Der bisherige afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta bezeichnete eine Festlegung auf einen genauen Abzugstermin als "falsches Signal". Auf der SPD-Konferenz sagte er, die Regierung in Kabul sei bereit, in fünf Jahren die Verantwortung für die Sicherheit im Land zu übernehmen. Einen entsprechenden Plan werde er in London vorlegen. Voraussetzung sei aber eine massive Unterstützung bei der Ausbildung von Armee und Polizei. Der Parlamentarische Verteidigungs-Staatssekretär Thomas Kossendey rechnet damit, dass es in London eine Einigung auf ein festes Rückzugsdatum geben wird.

Der CDU-Politiker verlangte für die Soldaten bei einem neuen Afghanistan-Mandat mehr Rechtssicherheit. Dafür sei es wichtig, die Situation in dem Land als "nicht-internationalen bewaffneten Konflikt" zu charakterisieren. "Das ins Mandat reinzuschreiben, glaube ich, ist sinnvoll." Eine solche Bewertung würde den Soldaten nach allgemeiner Rechtsauffassung mehr Handlungsspielräume im Einsatz lassen. Das neue Mandat könnte noch im Februar vom Bundestag verabschiedet werden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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