Bundesnetzagentur zur AKW-Debatte Stromlücke im Winter möglich
27.05.2011, 13:59 Uhr
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Unter bestimmten Umständen droht Deutschlands Süden im Winter eine Stromknappheit. Das erklärt die Bundesnetzagentur und rät der Regierung, sich vorzubehalten, stillgelegte Kernkraftwerke im Notfall wieder hochzufahren. Damit stützt die Behörde teilweise die Warnungen der AKW-Betreiber vor Stromausfällen.
Nach der Abschaltung der älteren deutschen Atommeiler hält die Bundesnetzagentur das Risiko für die Netzsicherheit im kommenden Sommer weiterhin für noch beherrschbar - für den Winter aber geht die Behörde von deutlich steigenden Gefahren aus. Dies geht aus einem aktualisierten Bericht der Netzagentur über die Auswirkungen des Atommoratoriums auf Netze und Versorgungssicherheit hervor, den der Behördenchef Matthias Kurth vorstellte.
Wegen der im Winter höheren Stromnachfrage bei zugleich geringerer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien könne eine kritische Situation in bestimmten Leitungen entstehen. Wenn die Sonne nicht scheine, kein Wind blase und auch noch die belastete Nord-Südleitung ausfalle, würden an einem kalten Wintertag Kapazitäten in einer Größenordnung von rund 1000 Megawatt fehlen, so Kurth. Berechnungen der vier großen Netzbetreiber, wonach unter bestimmten Bedingungen sogar bis zu 2000 Megawatt fehlten, könne er nicht bestätigen. Die Bedenken der Unternehmen zur Versorgungssicherheit seien aber berechtigt.

Matthias Kurth teilt die Bedenken der AKW-Betreiber.
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Kurth brachte vor diesem Hintergrund ins Gespräch, sich aus Netzsicherheitsgründen den Zugriff auf ein oder zwei der stillgelegten Atomkraftwerke offenzuhalten. "Da die kritische Situation nach Angabe der Übertragungsnetzbetreiber erst im Winter droht, sollte die Option, die fehlende Kapazität auch aus den im Moratorium befindlichen Kraftwerken insbesondere im Süden decken zu können, erhalten bleiben." Ob dies 2012 oder 2013 etwa wegen bis dahin gebauter neuer Kraftwerke nicht mehr nötig sei, werde man später sehen. Der Präsident der Netzagentur plädierte zudem für einen raschen und effizienten Ausbau der Netze.
VKU will "intelligente Netze"
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) mahnte, neben den Stromautobahnen müsse auch der "Verteilnetzaus- und -umbau sehr genau im Auge behalten" werden. Mehr als drei Viertel aller erneuerbaren Energieanlagen sind an das Verteilnetz angeschlossen. "Der Ausbau dezentraler Anlagen und deren Integration setzt intelligente Netze voraus", erklärte der VKU-Hautgeschäftsführer Hans-Joachim Reck in Berlin. "Autobahnen funktionieren nur dann gut, wenn sie entsprechend gute Auf- und Abfahrten und zuverlässige Bundes- und Kreisstraßen haben."
Die vier Netzbetreiber 50hertz, amprion, EnBW Transportnetze und Tennet hatten in einer gemeinsamen Erklärung vor "großflächigen Versorgungsausfällen" gewarnt, da die Netze während der zahlreichen Akw-Abschaltungen wegen des Moratoriums und der Revisionen weniger stabil geworden seien. Das elektrische System werde zeitweise "angespannter denn je betrieben", das "Risiko für Netzstörungen" steige. In Süddeutschland könnte an kalten Wintertagen mit wenig Windkrafteinspeisung der Strom knapp werden, hieß es in der Erklärung. Deutschland wäre dann auf nicht grundsätzlich gesicherte Importe angewiesen.
Seit Mitte März sind sieben ältere deutsche Atomkraftwerke im Rahmen des von der Bundesregierung nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima verkündeten Atommoratoriums vorläufig abgeschaltet. Auch der Pannenreaktor in Krümmel ist nicht am Netz. Zusätzlich liefern derzeit aber auch weitere Akw aufgrund von turnusmäßigen Wartungsarbeiten keinen Strom, so dass seit dem vergangenen Wochenende für etwa eine Woche nur noch vier Akw am Netz sind.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts