Speicher für Winter gut gefüllt Studie prognostiziert deutlich sinkenden Gasbedarf
22.09.2023, 14:47 Uhr Artikel anhören
Die Gasspeicher sind besser gefüllt als im Vorjahr.
(Foto: picture alliance / SULUPRESS.DE)
Die Nachfrage nach Erdgas wird in den kommenden Jahren erheblich sinken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie. Allerdings müssen dafür die angepeilten Klimaschutzziele in der EU auch eingehalten werden.
Der europäische Erdgasbedarf wird einer Studie zufolge in den kommenden 20 Jahren deutlich sinken - vorausgesetzt, die EU-Staaten halten ihre Klimaschutzziele ein. Demnach werden 2030 noch etwa 650 Terawattstunden Erdgas benötigt, etwa ein Drittel weniger als 2021, wie aus einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte und des Freiburger Öko-Instituts hervorgeht. Bis 2040 könnte der Bedarf demnach um zwei Drittel sinken und bis 2050 um 95 Prozent.
Grundlage dieser Schätzungen ist die Annahme, dass die EU-Staaten ihre Klimaziele einhalten. Die Bundesregierung will die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 erreichen. Die Autoren der gemeinsamen Studie gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren zunächst vor allem der Erdgasverbrauch im Gebäudesektor sinken wird, also von Privathaushalten, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen. Ab 2030 könnte dann laut Studie in der Industrie die beschleunigte Umstellung von Erdgas auf CO2-neutrale Energieversorgung folgen.
Für die gesamte EU kommen die Fachleute auf ähnliche Prognosen. Ein Grund: die Entwicklungen im Heizungsmarkt. Der Prognose zufolge werden Wärmepumpen bis 2050 fast die Hälfte der Nutzwärme in Deutschland erzeugen. Bereits 2030 sollen zudem 80 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen kommen, auch in der Industrie dürfte Erdgas eine immer geringere Rolle spielen, bis 2050 auch dort kein Erdgas mehr benötigt wird.
Speicher sind gut gefüllt
Unterdessen blickt die Bundesnetzagentur vergleichsweise entspannt auf den kommenden Winter. "Deutschland ist für diesen Winter deutlich besser vorbereitet als im vergangenen Jahr", sagte Behördenpräsident Klaus Müller. "Die Speicher sind gut gefüllt, die alternativen Quellen, über die wir Gas beziehen können, und die Einsparraten sind stabil."
Man könne durchaus optimistisch sein, für eine Entwarnung sei es aber noch zu früh. Es blieben Restrisiken. Zu ihnen zählten etwa eine sehr kalte Wetterlage und die Gefahr ausbleibender russischer Gaslieferungen in die südosteuropäischen Staaten. Sie bezögen derzeit noch Gas über die Ukraine und müssten im Falle einer Mangellage über Deutschland mitversorgt werden. Denkbar sei auch der teilweise oder vollständige Ausfall von Erdgasleitungen.
Am Vortag hatte die Behörde den Ernstfall einer Gasknappheit geprobt. Simuliert wurde ganztägig eine Versorgungslage, bei der in Deutschland nicht mehr genügend Erdgas vorhanden ist, um alle gewünschten Bedarfe zu decken. In solch einem Fall muss die Behörde als sogenannter Bundeslastverteiler etwa entscheiden, bei welchen Firmen der Gasverbrauch eingeschränkt wird. Die Bundesnetzagentur betonte, dass in der Übung berücksichtigt worden sei, dass der lebenswichtige Bedarf von Haushaltskunden einem besonderen Schutz unterliege.
Getestet wurden unter anderem die Infrastruktur des Krisenstabs und die Kommunikationswege. An der Übung nahmen auch das Bundeswirtschaftsministerium, mehrere Bundesländer und das Unternehmen Trading Hub Europe teil. Das Gemeinschaftsunternehmen der Fernleitungsbetreiber ist im deutschen Gasmarktgebiet unter anderem dafür zuständig, dass immer genügend Erdgas in den Leitungen ist. Außerdem beteiligten sich 15 Netzbetreiber, 17 Industriekunden sowie Speicherbetreiber und Speichernutzer. Insgesamt waren rund 200 Personen in die Übung eingebunden, davon 70 bei der Netzagentur, wo ein Krisenzentrum aufgebaut wurde.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/DJ