Politik

Widersprüchliches aus Jemen Syrer machen weiter Druck

In Damaskus war es nach dem Freitagsgebet zu Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern (l) und -befürwortern (r) gekommen.

In Damaskus war es nach dem Freitagsgebet zu Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern (l) und -befürwortern (r) gekommen.

(Foto: AP)

In Syrien gehen die Proteste gegen Staatschef Assad unvermindert weiter. Auch in Daraa, immer wieder Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen, versammeln sich Tausende und fordern mehr Freiheit. Im Jemen widerspricht Präsident Saleh Berichten, er verhandele bereits mit der Opposition.

Einen Tag nach der blutigen Niederschlagung von Protesten in Syrien sind in der Stadt Daraa im Süden des Landes erneut Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Wie schon in den vergangenen Tagen verlangten sie politische Reformen und bürgerliche Freiheiten. Am Freitag hatten die Sicherheitskräfte bei Kundgebungen in mehreren Städten in die Menschenmenge geschossen und nach unbestätigten Angaben 40 Menschen getötet.

Nach Informationen der oppositionellen Facebook-Seite "Youth Syria for Freedom" brannten Demonstranten in Daraa am Samstag den Sitz der herrschenden Baath-Partei nieder. Darüber hinaus liefen in Daraa stationierte Armee-Offiziere zu den Regimegegnern über. Durch andere Quellen konnten diese Angaben zunächst nicht bestätigt werden.

Jemen: Frauen und Mädchen demonstrieren in Sanaa gegen Präsident Saleh.

Jemen: Frauen und Mädchen demonstrieren in Sanaa gegen Präsident Saleh.

(Foto: AP)

Das Regime in Damaskus verschwieg die blutigen Unruhen weitestgehend. Journalisten wurde der Zugang zu den Orten der Demonstrationen verwehrt. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA berichtete lediglich, dass am Freitag "bewaffnete Gruppen" eine Offiziersmesse in Homs und ein Armeehauptquartier in Al-Sanamien bei Daraa angegriffen hätten. In Homs sei eine Person, in Al-Sanamien seien "mehrere Bewaffnete" getötet worden.

Die Proteste waren am 18. März in Daraa im Süden des Landes ausgebrochen und hatten sich von dort ausgeweitet. Unter dem Druck der Proteste hatte die Regierung in Damaskus am Donnerstag Reformen angekündigt, darunter die Öffnung in Richtung eines Mehrparteiensystems, und eine Überprüfung des Ausnahmezustands zugesagt. Dieser wurde 1963 nach der Machtübernahme durch die regierende Baath-Partei verhängt.

Krisensitzungen bei der Baath-Partei

In Damaskus trat inzwischen die Führung der Baath-Partei zum zweiten Mal innerhalb von drei Tagen zusammen. Das staatliche Fernsehen kündigte an, dass "einige wichtige Entscheidungen" bevorstünden. Darunter fielen die Freilassung weiterer politischer Gefangener und Regierungsumbildung.

200 Gefangene freigelassen

Jordanien: Polizisten verhaften Demonstranten in Amman.

Jordanien: Polizisten verhaften Demonstranten in Amman.

(Foto: AP)

Die syrischen Behörden entließen in den vergangenen Tagen mehr als 200 politische Häftlinge aus den Gefängnissen, die meisten von ihnen Islamisten, berichteten Menschenrechtsaktivisten. Die Zahl der aus politischen Gründen inhaftierten Menschen gehe allerdings in die Tausende, fügten sie hinzu.

Am Freitag hatten Sicherheitskräfte in Al-Sanamien nach Angaben der Opposition 23 Demonstranten erschossen. Die südliche Provinz Daraa ist der Brennpunkt der seit einer Woche dauernden Proteste in Syrien. Nach Angaben von Amnesty International haben die syrischen Sicherheitskräfte in dieser Zeitspanne dort insgesamt 55 Menschen getötet. Nach dem Freitagsgebet war es erstmals auch in anderen Städten Syriens zu größeren Kundgebungen für Freiheit und Reformen gekommen. Auch dabei wurden nach Oppositionsangaben bis zu 17 Menschen getötet.

EU-Außenministerin Catherine Ashton verurteilte die gewaltsame Unterdrückung der Proteste. Sie forderte die Regierung auf, Reformen einzuleiten und in einen Dialog mit dem Volk zu treten. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Navi Pillay warnte die Regierung vor einer "Abwärtsspirale von Wut, Gewalt, Töten und Chaos", wenn sie berechtigte Forderungen nach Grundrechten weiter unterdrücke.

Jemens Präsident: "Wir stehen fest wie ein Gebirge"

Soldaten bewachen die jemenitische Zentralbank in Sanaa.

Soldaten bewachen die jemenitische Zentralbank in Sanaa.

(Foto: AP)

Entgegen ersten Meldungen über einen möglichen Kompromiss mit der Opposition im Jemen zeigt Präsident Ali Abdullah Salih keine Anzeichen, sich dem Druck der Massenproteste in seinem Land beugen zu wollen. "Wir stehen fest wie ein Gebirge und lassen uns von diesen Ereignissen nicht beeinflussen", erklärte er auf einer Versammlung regime-treuer Stammesführer und Lokalpolitiker in der Hauptstadt Sanaa. Seit Mitte Februar fordern Demonstranten den Rücktritt des seit über 30 Jahren regierenden Präsidenten. Sicherheitskräfte und Salih-Anhänger haben bisher fast 100 Regimegegner getötet und mehr als 1000 verletzt.

Der Präsident widersprach Spekulationen, er verhandle bereits mit Führern der Opposition über die Modalitäten einer Machtübergabe. Diese waren durch Äußerungen von Außenminister Abu Bakr al-Kirbi ausgelöst worden, der angedeutet hatte, dass bald ein Konsens mit der Opposition erzielt würde.

Über einen möglichen Machtverzicht Salihs bis zum Jahresende hatte es in den vergangenen Wochen widersprüchliche Aussagen gegeben. Die Salih-Gegner schlugen Anfang März einen geregelten Machtwechsel noch in diesem Jahr vor, was aber prompt von der Staatsführung zurückgewiesen wurde. Nach der jüngsten Gewalteskalation, der Tötung von 53 Oppositionsanhängern am 18. März durch Heckenschützen des Regimes, radikalisierte sich die Opposition in ihren Forderungen. Salih hatte indes nach jenem Massaker in Aussicht gestellt, nach vorgezogenen Präsidentschaftswahlen zum Jahresende die Macht abzugeben.

Am Freitag hatten wieder Zehntausende Salih-Gegner den Rücktritt des Präsidenten gefordert. Aber auch der Staatschef mobilisierte Zehntausende Anhänger, die ihre Unterstützung für ihn zum Ausdruck brachten.

Die USA und das an Jemen grenzende Saudi-Arabien fürchten bei einem Rückzug Salehs ein Machtvakuum, das die im Land aktive Extremistengruppe Al-Kaida weiter stärken könnte. US-Geheimdienste warnten, durch die Unruhen in dem arabischen Land werde die dortige Anti-Terror-Aufklärung behindert.

Jordanische Regierung droht mit Konsequenzen

In Jordanien kündigte die Regierung unterdessen nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften an, chaotische Zustände nicht länger zu tolerieren. "Was heute passiert ist ganz sicher der Beginn von Chaos", sagte Ministerpräsident Maruf al-Bachit am Freitag. "Das ist inakzeptabel und ich warne vor den Konsequenzen".

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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