Gewaltige Finanzströme System des Terrorgeldes
13.06.2002, 14:51 UhrGruppen wie das El Kaida-Netzwerk des Moslem-Extremisten Osama bin Laden verfügen nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern über beträchtliche finanzielle Mittel. Allein El Kaida besitzt nach Schätzungen des Volkswirtschaftlers Friedrich Schnieder von der Universität Linz ein Vermögen von rund fünf Mrd. US-Dollar. Das jährliche Budget des Terrornetzwerks liege zwischen 20 und 50 Mio. US-Dollar, sagte der Forscher am Donnerstag vor Beginn einer Konferenz zu den wirtschaftlichen Folgen der Anschläge vom 11. September in Berlin.
Schnieder hat nach eigenen Angaben frei verfügbare Daten zusammengestellt und nach dem Muster von Schätzungen über Schwarzarbeit oder Untergrundwirtschaft ausgewertet. Die Spannweite möglicher Fehler bezifferte er auf 20 Prozent.
Mehrere Finanzquellen
El Kaida finanziert sich demnach aus verschiedenen Quellen: Bis zu 40 Prozent des Geldes stammen aus Kurierdiensten im Drogengeschäft. Spenden oder Schutzgeldzahlungen von Einzelpersonen, religiösen Gemeinschaften oder Regierungen stellen bis zu 30 Prozent des Etats. Zudem füllen klassische kriminelle Delikte wie Entführungen oder der illegale Handel mit Diamanten die Kassen bin Ladens.
Schwierige Datenlage
Über die Vermögenswerte anderer international operierender Extremistengruppen lassen sich kaum verlässliche Angaben machen. Die laufenden Ausgaben der im Nahen Osten operierenden Gruppen hat Schnieder allerdings hochrechnen können. Die Hisbollah verfügt danach mit einem Jahresetat von 50 Mio. US-Dollar über das meiste Geld. Die arabischen Mujaheddin kommen auf 38 Mio. US-Dollar, Hamas und der kurdischen PKK stehen jährlich zehn Mio. US-Dollar zur Verfügung. Zusammen mit weiteren 18 Organisationen verfügen diese Gruppen über ein Budget von 270 bis 300 Mio. US-Dollar im Jahr.
Komplizierte Transaktionen
"Die Terrornetzwerke sind hierarchisch extrem flache Organisationen", sagte Schnieder. Sie seien in viele kleine Zellen aufgeteilt, die je nach Bedarf für Aktionen eingesetzt werden könnten. Die Finanzierung der Gruppen verläuft über mehrere Kanäle. So würden viele kleine Überweisungen auf Hunderte ausländischer Konten und von dort aus mehrfach weiter überwiesen, um die Herkunft der Mittel zu verschleiern.
Illegal erworbene Gelder würden so rund um den Erdball geschickt und schließlich als legale Einnahmen wieder im Herkunftsland ankommen. Direkte Spendeneinnahmen oder in Scheinfirmen gewaschene kriminelle Einkünfte stellten weitere Einnahmequellen dar. Als Strategien gegen die Kapitalströme schlägt der Experte aufwändige finanzielle Rasterfahndungen, die Bildung einer internationalen Polizeieinheit sowie hohe Anreize für Aussteiger vor.
Quelle: ntv.de