Ein Deutscher bei Anschlag verletzt Taliban töten UN-Mitarbeiter
28.10.2009, 15:10 Uhr
Unter Beschuss: Das Gästehaus der UN in Kabul.
(Foto: Reuters)
Taliban-Kämpfer stürmen am frühen Morgen ein Gästehaus der Vereinten Nationen im Zentrum Kabuls. Mehrere Menschen werden getötet, darunter fünf UN-Mitarbeiter. Ein Deutscher wird verletzt. Die Taliban kündigen an, dies sei nur der Auftakt für weitere Angriffe vor der Stichwahl am 7. November.
Zehn Tage vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Afghanistan haben mehrere Taliban-Kämpfer am Morgen ein Gästehaus der Vereinten Nationen in Kabul attackiert und neun Menschen getötet. Unter den Todesopfern waren nach UN-Angaben fünf ausländische Mitarbeiter der Vereinten Nationen. Die Tat sorgte international für Bestürzung, der afghanische Präsident Hamid Karsai sprach von einem "hasserfüllten" Angriff. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reagierte geschockt und entsetzt auf den Anschlag. "Ich verurteile dieses verabscheuungswürdige und brutale Töten in schärfster Form", sagte Ban in New York.
Die als Polizisten verkleideten Angreifer hatten im Morgengrauen das Gästehaus in dem Geschäftsviertel Schar-e-Now gestürmt. Im Gebäude zündeten sie Zeugen zufolge Granaten und schossen um sich. Es entwickelte sich ein mehrstündiges Feuergefecht, in dessen Verlauf die Angreifer getötet wurden. Drei der Attentäter sprengten sich während des Gefechts offenbar selbst in die Luft. Nach heftigen Explosionen stand das Gebäude in Flammen.
Ein Selbstmordattentäter habe eine Frau erschossen, die entkommen wollte, sagte ein Zeuge des Anschlags, der sich zum Tatzeitpunkt in dem Gästehaus aufgehalten hatte. Eine weitere Frau sei nach den Explosionen an dem Qualm erstickt: "Sie schrie und weinte: 'Ich werde sterben'."
Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen fünf ausländische UN-Mitarbeiter ums Leben, nachdem die Zahl der Toten zunächst mit sechs angegeben worden war. Neun weitere wurden verletzt, darunter nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch ein Deutscher. Eines der Todesopfer stammte aus den USA. Die Nationalität der anderen wurde zunächst nicht bekannt. Auch zwei Sicherheitskräfte wurden getötet. Die Polizei fand in dem Gebäude zudem eine verkohlte Leiche, die zunächst nicht identifiziert werden konnte.
Taliban drohen
Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu dem Terrorakt. Die Attacke sei nur der "erste Schritt" einer Kampagne der Gewalt gegen die zweite Runde der Präsidentenwahl, sagte Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahed. Die Stichwahl zwischen Amtsinhaber Karsai und Herausforderer Abdullah Abdullah findet am 7. November statt. Am Wochenende hatten die Taliban mit Gewalttaten während der Abstimmung gedroht.
"Dieser Angriff wird die UNO nicht davon abhalten, ihre Arbeit beim Wiederaufbau des vom Krieg zerrütteten Landes zu leisten und allen Afghanen eine bessere Zukunft zu bieten", sagte der Chef der UN-Mission in Afghanistan, Kai Eide. Zugleich kündigte er an, nach dem "brutalen Angriff" sämtliche Sicherheitsmaßnahmen für die Mitarbeiter überprüfen zu lassen. Präsident Karsai wies die Sicherheitsfirmen an, die Vorkehrungen zum Schutz der internationalen Organisationen zu verstärken.
"Unausstehlicher Terrorangriff"
Die Europäische Union zeigte sich entsetzt von dem "unausstehlichen Terror-Angriff". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den "feigen Anschlag" aufs Schärfste. Die UNO verwalte die Interessen der gesamten Staatengemeinschaft. "Ein Anschlag auf die Vereinten Nationen ist somit ein Angriff auf uns alle", erklärte Merkel. Die italienische Regierung erklärte, dass die Tat den "demokratischen Prozess" in Afghanistan nicht aufhalten werde.
Kurz nach dem Angriff auf das Gästehaus wurde in Kabul das Luxushotel Serena mit zwei Raketen beschossen. Laut Polizei wurden die Raketen über die Schutzmauern gefeuert und schlugen im Garten des Fünf-Sterne-Hotels ein. Niemand sei verletzt worden.
Das Hotel war bereits im Januar 2008 angegriffen worden, damals kamen sechs Menschen ums Leben. In den vergangenen zwei Monaten wurden bei Anschlägen in Kabul insgesamt 62 Menschen getötet.
Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP/rts