Ball des Sports Tanzt der Kanzler?
03.02.2002, 16:12 UhrVor dem Frankfurter Messegelände wird auf einer Plakatwand für die nächsten Starauftritte geworben: Kylie Minogue, Chris de Burgh und Elton John kommenm demnächst in die Festhalle. Beim Ball des Sports am Samstagabend war kein so bekannter internationaler Interpret angesagt, und doch waren alle 2.500 Karten zum stolzen Preis von 1.000 Euro ausverkauft.
Nicht nur das - alles, was Rang und Namen hat in Politik, Wirtschaft und Sportwelt war vertreten: von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Oppositionsführer Friedrich Merz über DaimlerChrysler-Vorstandschef Jürgen Schrempp und Bahnchef Hartmut Mehdorn bis zu Tennis-As Boris Becker und Eisschnelllaufstar Gunda Niemann-Stirnemann.
Schließlich wird der Ballerlös vom Veranstalter, der Stiftung Deutsche Sporthilfe, für die Förderung von Spitzensportlern und Nachwuchs verwendet, und da will kaum ein Prominenter abseits stehen. Selbst der als bekennender Tanzmuffel geltende Bundeskanzler sagte zu und nahm damit erstmals an dem Ball teil, den sein Vorgänger Helmut Kohl 16 mal besucht hatte.
Kaum aus den USA zurückgekehrt, traf Schröder um 19.15 Uhr in der Euro-City ein, die sich an diesem Abend wirklich als Ersatzhauptstadt fühlen konnte. Ehefrau Doris Schröder-Köpf an seiner Seite trug ein elegantes brokatbesticktes Kleid in warmer Erdfarbe.
Wer überprüfen wollte, ob Schröder wirklich so schlecht tanzt, wie er selbst immer behauptet, kam freilich nicht auf seine Kosten: Sowohl beim Eröffnungstanz mit der Frau des Sporthilfepräsidenten Hans-Ludwig Grüschow als auch bei den nachfolgenden beiden mit Doris war der Kanzler auf dem ohnehin überfüllten Parkett so von Fotografen umringt, dass er sich kaum bewegen konnte oder musste. Mehr Glück hatte da Exfinanzminister Theo Waigel, der mit der sport- und skierprobten Ehefrau Irene Epple noch das Tanzbein schwang, als dort längst wieder viel Platz war.
Heiserer Kerner
Die Ballmoderatoren Anne Will (ARD) und Johannes B. Kerner (ZDF) hatten zuvor Sportlegenden wie Toni Sailer, Mark Spitz, Edwin Moses, Becker und Niemann-Stirnemann auf die Bühne gebeten. Kerner war dabei so heiser, dass er den Ballbesuchern regelrecht leid tat, zumal er bekannte, noch vor einer halben Stunde beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt gesessen zu haben. Immerhin konnte er der schwangeren Niemann-Stirnemann noch die Aussage entlocken, dass sie `in diesem Zustand " und angesichts des Balls gar nicht so traurig sei, nicht in Salt Lake City zu sein, wo am Freitag die Olympischen Winterspiele beginnen.
Boris Becker kam allein zu dem Ball, vielleicht wollte er von vornherein allen Spekulationen über eine neue Liaison den Wind aus den Segeln nehmen. Obwohl er wenige Stunden vorher in der Frankfurter Ballsporthalle Henri Leconte in einem Schaumatch besiegt hatte, erschien Boris beim Eintreffen auf dem Messegelände missmutig und ließ das Blitzlichtgewitter der Fotografen nur mit gequälter Miene über sich ergehen.
Im Ballsaal saß Boris dann Bundesaußenminister Joschka Fischer gegenüber, den sein alter Frankfurter Freund Johnny Klinke erst zwei Tage vor dem Ball zur Teilnahme überredet hatte. Schließlich traten Akrobaten aus Klinkes Tigerpalast im Ballprogramm auf. Auch Joschka kam allein, blieb aber im Gegensatz zu Schröder bis weit nach Mitternacht. Allerdings verschmähte er das Filet vom steirischen Almochsen, das der österreichische Starkoch Johann Lafer an diesem Abend als Hauptgericht servierte. Stattdessen kochte Lafer dem Minister ein Fischgericht.
Auch die linke Grünen-Vorsitzende Claudia Roth kam zu dem Ball, weil sie als portbegeisterte ihre `Idole einmal aus der Nähe sehen wollte". Mit etwas Wehmut nahm der Wiesbadener Oberbürgermeister Hildebrandt Diehl an der Veranstaltung teil, musste die hessische Landeshauptstadt doch nach Jahren den Event wieder an Frankfurt abgeben, wo ihn Josef Neckermann einst gegründet hatte. Vielleicht war Diehl ein Trost, dass eine Reihe von Ballbesuchern an diesem Abend doch das gemütlichere Ambiente in der Wiesbadener Rhein-Main-Halle gegenüber den weitläufigen Räumlichkeiten rund um den großen Saal der Festhalle lobten.
Dennoch genossen die Besucher auch die Mitternachtsshow, die das Orchester der Frankfurter Oper unter Maestro Paulo Carignani zusammen mit Solisten auswärtiger Opernhäuser gestaltete. Und als auf die gezogene Losfarbe Rosa nach 01.00 Uhr die Gewinne ausgegeben wurde, freute sich DaimlerChrysler-Chef über eine Mountainbike-Jacke. `Jetzt muss ich nicht mehr frieren", sagte er.
Von Gerhard Kneier, AP-Korrespondent
Quelle: ntv.de