Nigeria lenkt ein Taylor vor Auslieferung
26.03.2006, 12:40 UhrNigeria hat angekündigt, den wegen Kriegsverbrechen angeklagten früheren liberianischen Präsidenten Charles Taylor an sein Heimatland auszuliefern. Ihm wird vorgeworfen, den jahrzehntelangen Bürgerkrieg in Liberia und im benachbarten Sierra Leone mit Waffen- und Diamantenschmuggel unterstützt und angeheizt zu haben. Taylor war 2003 ins Exil nach Nigeria gegangen. Dies war Teil einer Friedensvereinbarung, die nach 14 Jahren den Bürgerkrieg beendete, in dem etwa 250.000 Menschen starben.
Die seit Januar amtierende liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf hat Nigeria jedoch um eine Auslieferung gebeten, um Taylor vor ein Sondergericht in Sierra Leone stellen zu können. Diese Forderung war auch immer wieder von den USA erhoben worden. Der Chefankläger des Sondergerichts, Desmond de Silva, begrüßte die Entscheidung Nigerias und erwartet, dass Taylor in wenigen Tagen dem Gericht überstellt werde.
Sierra Leone wirft Taylor vor, während des Bürgerkriegs in dem Land 1991 und 1992 die Rebellen unterstützt zu haben. Sie waren besonders gefürchtet, weil sie Zivilisten Arme und Beine abgehackt hatten. In dem Krieg wurden etwa 50.000 Menschen getötet. Das Sondergericht, vor dem sich Taylor nun verantworten soll, wird von den Vereinten Nationen (UN) unterstützt.
Präsidentin Johnson-Sirleaf gefährdet?
In Liberia gibt es allerdings auch die Sorge, dass die Rückkehr Taylors den brüchigen Frieden im Land bedrohen und alte Wunden neu aufreißen könnte. Taylors einflussreicher Berater Kilari Anand Paul sagte, die Auslieferung könnte wieder zu Tötungen führen. Taylor habe ihm gesagt, seine Anhänger würden versuchen, Präsidentin Johnson-Sirleaf umzubringen. "Er sagte, er habe tausende Truppen im Land, und wenn er ausgeliefert werde, seien sie nicht mehr zu kontrollieren", sagte Paul der Nachrichtenagentur Reuters von Äthiopien aus, wo er versucht, eine Verlängerung des Asyls für Taylor auszuhandeln.
Ein Sprecher Taylors in Nigeria erklärte, die Ankündigung der Regierung widerspreche der Abmachung afrikanischer Politiker, die 2003 die Vereinbarung über den Rücktritt Taylors und dessen Gang in Exil ausgehandelt hätten. Es sei vereinbart worden, dass Taylor nicht an das Sondergericht ausgeliefert werde.
Taylor lebt in einer Villa in der nigerianischen Stadt Calabar. Die bislang vor seinem Haus stationierten Wachen wurden abgezogen. Mitarbeiter des Flughafens von Calabar berichteten, rund 20 Mitglieder der Familie Taylors und enge Vertraute hätten die Stadt mit großem Gepäck verlassen, seit seine Auslieferung angekündigt wurde.
Quelle: ntv.de