Angst vor eigenem Volkswillen im Iran Teheran feiert Mubaraks Abgang
13.02.2011, 16:38 UhrMit dem Sturz der Regierung Mubarak sieht der Iran die Schlussphase einer islamischen Weltrevolution eingeleitet. Die Regierung in Teheran feiert dashalb den Abgang des verhassten Ägypters. Doch laut Washington zeugt Teherans Rhetorik vielmehr von der Angst vor dem eigenen Volkswillen.

Der Abgang Mubaraks fiel ausgerechnet auf den 32. Jahrestag der islamischen Revolution im Iran.
(Foto: dpa)
Die US-Regierung hat das Verbot einer Demonstration im Iran zur Unterstützung der arabischen Revolten kritisiert. "Indem sie angekündigt hat, die Proteste der Opposition nicht zu erlauben, hat die Regierung den Iranern das verboten, was sie bei den Ägyptern gutgeheißen hat", teilte der nationale US-Sicherheitsberater Tom Donilon mit. Er forderte, dem iranischen Volk müsse das universelle Recht zugestanden werden, sich friedlich zu versammeln und zu demonstrieren.
Die iranische Führung erklärte, die Versammlung sei ein Trick für erneute Anti-Regierungs-Demonstrationen ähnlich denen im Jahr 2009 als Folge der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Den Antrag auf die Versammlung lehnte die Regierung deshalb als "illegal" ab. Am Tag zuvor hatte Ahmadinedschad allerdings nur wenige Stunden vor dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak selbst erklärt, es sei das "Recht" der Ägypter, gegen den Präsidenten und US-Verbündeten Mubarak zu protestieren.
Teheran vereinnahmt Mubaraks Abgang für sich

"Wir werden bald einen neuen Nahen Osten ohne Amerikaner und ohne das zionistische Regime sehen", beschwört Irans Präsident Ahmadinedschad.
(Foto: dpa)
Der Sturz Mubaraks deutet die iranische Regierung als den "Anfang vom Ende der Vollendung der islamischen Revolution". Dass der Abgang des Mannes, der von den verhassten USA und Israel unterstützt wurde, ausgerechnet am 32. Jahrestag der islamischen Revolution im Iran erfolgte, sieht die Führung in Teheran als gutes Omen. Für die iranische Opposition und Washington ist diese Interpretation dagegen eine bewusste Umdeutung, mit der Teheran von den Spannungen im eigenen Land ablenken will.
"Das Zusammenfallen des Sturzes von Mubarak mit dem Jahrestag der islamischen Revolution im Iran zeigt, dass der 11. Februar der Tag des Sieges der Völker der Region ist und der Tag des Scheiterns der USA und des Zionismus" Israels, sagte der Sekretär des Obersten Sicherheitsrates im Iran, Said Dschalili, in Teheran. "Mit 30-jähriger Verspätung haben Mubarak und seine amerikanischen Unterstützer die Stimme des ägyptischen Volkes erhört."
Hoffnungen von der anderen Seite
Schon Anfang Februar hatte das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, die Aufstände in Tunesien und Ägypten als "Zeichen des islamischen Erwachens" in der Welt bezeichnet und zur Gründung islamischer Regierungen in den betroffenen Staaten aufgerufen. Tunesien und Ägypten seien der Anfang der Schlussphase einer islamischen "Weltrevolution", schlug Ahmadinedschad bei den Feiern zur iranischen Revolution 1979 in dieselbe Kerbe. "Wir werden bald einen neuen Nahen Osten ohne Amerikaner und ohne das zionistische Regime (in Israel) sehen".
Tatsächlich schaut Israel mit Sorge auf den Nachbarn Ägypten, der sich letztlich als berechenbarer Partner erwiesen hat und 1979 als erstes arabisches Land mit dem jüdischen Staat einen Friedensvertrag geschlossen hatte. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat mehrfach vor einem "iranischen" Szenario in Ägypten gewarnt und dabei die Muslimbruderschaft im Blick, die dort stärkste und am besten organisierte Oppositionskraft ist.
"Angst vor dem Willen des Volkes"
Doch für Washington soll Teherans Rhetorik von der islamischen Weltrevolution vor allem von den eigenen Problemen ablenken, nachdem die iranische Führung die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl Ahmadinedschads 2009 mit harter Hand niedergeschlagen hatte. Die iranische Regierung sei nach den politischen Umstürzen in Ägypten und Tunesien beunruhigt und habe Angst vor dem "Willen des Volkes", sagte US-Regierungssprecher Robert Gibbs. Deshalb reagiere Teheran mit neuer Repression: "Sie verhaften Menschen, blockieren ausländische Medien und sind dabei, den Zugang zum Internet zu unterbrechen."
Die reformorientierte Opposition im Iran interpretiert die Dinge ähnlich. Für sie sind die Ereignisse in Tunesien und Ägypten eher eine Reaktion auf die wochenlangen Proteste von 2009 im Iran. Dutzende Menschen wurden damals getötet und tausende verhaftet.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP