Im Visier der El Kaida Terror in Großbritannien
01.07.2007, 07:45 UhrNach dem Anschlag auf den Flughafen Glasgow und den in London vereitelten Bombenanschlägen hat Großbritannien den Kampf gegen den Terrorismus deutlich verstärkt. "Diese Gefahr verschwindet nicht in Wochen oder Monaten", sagte Premierminister Gordon Brown. Er bat die Bevölkerung am Sonntag erneut um Wachsamkeit, rief sie aber zugleich auf, trotz der inzwischen geltenden höchsten Terrorwarnstufe "das normale Leben fortzusetzen".
Erste Festnahmen
Die Polizei nahm fünf Verdächtige fest. Vermutlich stammen sie aus dem Nahen Osten. Ein Terrorverdächtiger ist auf der Flucht. Vier von ihnen werden intensiv verhört. Der fünfte liegt mit schweren Brandwunden in einem Krankenhaus. Er hatte am Samstag gemeinsam mit einem 27 Jahre alten Komplizen versucht, einen mit Propangasflaschen und Benzinkanistern gefüllten brennenden Geländewagen zwischen hunderte Menschen in die Flughafenhalle in Glasgow zu fahren. Der Wagen, in dem die Täter Benzin entzündet hatten, kam aber nicht über Sicherheitsabsperrungen an der Eingangstür hinaus. Er brannte aus. Sechs Menschen inklusive des Attentäters wurden verletzt.
In der Nähe der Klinik in Paisley bei Glasgow, in der der Verdächtige behandelt wird, führte die Polizei am Sonntag an einem verdächtigen Fahrzeug eine kontrollierte Explosion durch. Es gebe vorerst aber keine Anzeichen, dass Sprengstoff in dem Auto war, teilte die Polizei im Anschluss mit.
Koordinierte Anschläge
Die versuchten Anschläge in London und Glasgow waren "ganz klar koordiniert", sagte der Anti-Terror-Chef von Scotland Yard, Peter Clarke. "Die Verbindungen zwischen den drei Attacken werden immer klarer." Er rief die Menschen eindringlich auf, jeden verdächtigen Hinweis zu melden. Die Polizei würde tausende Stunden von Material von Überwachungskameras auswerten, das würde "viele Wochen" dauern. Neue Informationen würden "jede Stunden" ans Licht kommen.
Ein 26-jähriger Mann wurde im Zusammenhang mit einem "verdächtig wirkenden Fahrzeug" in der Nähe des Flughafens von Liverpool festgenommen. Der Flughafen wurde am späten Samstag für mehrere Stunden geschlossen. Zuvor sperrte die Polizei für die Festnahme einer 27-jährigen Frau und eines 26-jährigen Mannes in der Grafschaft Cheshire eine Autobahn. Auch in der Gegend von Newcastle-under-Lyme in Mittelengland und nahe des Flughafens in Glasgow wurden Häuser durchsucht. Weitere Festnahmen wurden am Sonntag ebenso wenig ausgeschlossen wie neue Terroranschläge.
Eher amateurhafte Mechanismen
In der Nacht zum Freitag waren in London zwei Autos mit potenziell verheerenden Sprengsätzen entdeckt worden, die jedoch nicht explodierten. Einer wurde von der Polizei unschädlich gemacht, indem sie einen Mobiltelefonzünder kappte. In beiden Wagen vom Typ Mercedes fanden die Ermittler nach Polizeiangaben zahlreiche Spuren. Zeitungen berichteten zudem, dass sich auf zwei als Zünder gedachten Handys eine Reihe von gespeicherten Telefonnummern befinden.
Verbindung zur El Kaida
Die Sicherheitskräfte würden bis auf weiteres in höchster Alarmbereitschaft bleiben, sagte Innenministerin Jacqui Smith am Sonntag. Premierminister Brown erklärte zuvor, die Attentäter hätten vorgehabt, so viele Menschen wie irgend möglich zu töten und erhebliche Zerstörungen anzurichten, um auf ihre "pervertierten religiösen Vorstellungen aufmerksam zu machen". Es sei klar, dass Großbritannien mit Leuten konfrontiert sei, die Verbindungen zum Terrornetz El Kaida hätten. "Wir müssen dagegen auf vielfältige Weise ankämpfen - militärisch, durch Sicherheitsmaßnahmen, mit der Polizei und dem Geheimdienst", sagte Brown, der erst am Mittwoch als Nachfolger von Tony Blair das Amt des Regierungschefs angetreten hatte.
Browns Terrorismus-Berater, der frühere Scotland-Yard-Chef Lord Stevens erklärte, die Täter hätten "die selben Techniken zur Bombenherstellung benutzt wie ihre Waffenbrüder in Bagdad". Es gebe immer mehr Hinweise darauf, dass in Großbritannien geborene El-Kaida- Terroristen inzwischen aus dem Irak und aus Afghanistan zurückgekehrt seien, um britische Terrorgruppen anzuleiten.
Erhöhung der Terrorwarnstufe
An vielen britischen Airports kam es am Wochenende zu Verzögerungen, da nach der Erhöhung der Terrorwarnstufe überall die Sicherheitskontrollen verschärft wurden. Aus Furcht vor Anschlägen wurden die Straßen vor den jeweiligen Terminalgebäuden gesperrt. Auch an Bahnhöfen gab es Kontrollen. Die Polizei in London stand unter besonderem Druck, da am Sonntag unter anderem ein Gedenkkonzert für Prinzessin Diana im Wembley-Stadium anstand, zu dem rund 70.000 Menschen kamen. Mehr als 450 Polizisten sicherten das Stadion.
Die US-Behörden weiten ihre Sicherheitsvorkehrungen über die Flughäfen hinaus auch auf Massentransportmittel wie Busse und Bahnen aus. Das kündigte Heimatschutzminister Michael Chertoff am Sonntag im US-Fernsehsender Fox News an. Darüber hinaus würden auf Flügen nach Großbritannien und verschiedenen anderen europäischen Flughäfen mehr Air-Mashalls eingesetzt.
Sicherheitslage in Deutschland unverändert
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht die Sicherheitslage in Deutschland dagegen unverändert. Es gebe bisher "keinerlei Erkenntnisse", dass die Anschlagsvorbereitungen einen Bezug nach Deutschland hätten, sagte er am Sonntag in Berlin. Seine französische Amtskollegin Michle Alliot-Marie teilte mit, Frankreich verstärke die Sicherheitsmaßnahmen, erhöhe aber die Alarmbereitschaft nicht. Sie bleibe auf der zweithöchsten Stufe.
Quelle: ntv.de