Opposition spricht von Manipulationen Thaci gewinnt Wahl im Kosovo
13.12.2010, 21:42 Uhr
Thaci hatte sich bereits vor Verkündung des Ergebnisses zum Sieger erklärt.
(Foto: AP)
Ministerpräsident Thaci gewinnt die erste Parlamentswahl im Kosovo seit der Unabhängigkeit vor drei Jahren. Seine Partei PDK erhält 36 Prozent der Stimmen und ist damit auf einen Koalitionspartner angewiesen. Internationale Beobachter sprechen von einer fairen Wahl, die Opposition sieht das anders.
Regierungschef Hashim Thaci hat die Parlamentswahl am Sonntag im Kosovo klar gewonnen. Seine PDK habe rund 36 Prozent der Stimmen errungen, berichtete die staatliche Wahlkommission in Pristina mehr als 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale.
Die LDK als bisheriger Juniorpartner in der Regierung kam mit knapp 24 Prozent auf den zweiten Platz. Dritter wurde die ehemalige Studentenbewegung Vetevendosje mit gut 12 Prozent, Vierter die AAK von Ramush Haradinaj, der sich zur Zeit wegen Kriegsverbrechen vor dem UN-Tribunal in Den Haag verantworten muss. Die AAK kam auf knapp 11 Prozent der Stimmen. Die AKR des albanischstämmigen Schweizer Unternehmers Behgjet Pacolli errang sieben Prozent.
Geringe Wahlbeteiligung
Alle anderen Parteien verfehlten die Fünf-Prozent-Hürde, wie die Wahlkommission weiter mitteilte. Nur knapp 48 Prozent der 1,6 Millionen Wähler hätten sich an dieser ersten Parlamentswahl seit der Unabhängigkeit des Kosovos vor drei Jahren beteiligt. Dies wurde von vielen Kommentatoren mit der Resignation der Bürger gegenüber dem politischen System erklärt. Internationale Beobachter vom Europarat und aus den USA bezeichneten die Wahl als fair. Demgegenüber behaupteten zahlreiche Parteien, die PDK von Thaci habe die Abstimmung massiv manipuliert.
"Das Manipulationsniveau bei der Kosovo-Wahl war höher als in Afghanistan", schimpfte die erstmals angetretene Partei FER (Frischer Wind), die mit nur 2,2 Prozent deutlich schlechter abschnitt als in allen Meinungsumfragen vorausgesagt. Man verfüge über Dokumente, die den groß angelegten Wahlbetrug der PDK-Partei belegten, hieß es. Vetevendosje (Selbstbestimmung) führte ein Video vor, auf dem ein Mann Dutzende Stimmzettel ausfüllt. Die zweitplatzierte LDK behauptete, sie habe genauso viele Stimmen erzielt wie die PDK.
Auch Haradinajs AAK behauptete drastische Manipulationen des Wahlprozesses. "Es gab sehr viel Betrug, die Wahlen wurden manipuliert", sagte ein AAK-Sprecher in Pristina. Man habe Fälle von mehrfacher Stimmabgabe ebenso dokumentiert wie Wahlzettel von Toten und Menschen im Ausland. Vetevendosje und AAK kündigten an, das Wahlergebnis nicht anerkennen zu wollen.
Zwei Parteien feiern
PDK und LDK bildeten bisher gemeinsam eine Koalitionsregierung, sind aber inzwischen tief zerstritten. Der damalige LDK-Vorsitzende Fatmir Sejdiu war als Staatspräsident zurückgetreten und hatte seine Minister aus der Regierung abgezogen. Deshalb waren vorzeitige Parlamentswahlen nötig geworden. Jetzt wird eine schwierige Regierungsbildung erwartet. Thaci muss auf mehrere kleinere Parteien zugehen, die bislang eine Koalition mit der PDK ausgeschlossen haben.
Die Anhänger der PDK feierten dennoch bereits am Sonntagabend im Zentrum von Pristina ihren Sieg. Dutzende Autos mit den Fahnen der Partei und Bildern von Thaci fuhren laut hupend durch die Straßen der kosovarischen Hauptstadt. Aber auch Anhänger der LDK feierten den Erfolg ihrer Partei.
Hoffnung auf Entspannung
Trotz der Spannungen zwischen der albanischen Bevölkerungsmehrheit und der kleinen serbischen Minderheit verlief die Abstimmung am Sonntag nach Angaben der staatlichen Wahlkommission ohne Zwischenfälle. Der Kosovo ist noch immer ein Protektorat der Vereinten Nationen. Mehr als zehn Jahre nach dem Kosovo-Krieg sind in dem Gebiet weiterhin ausländische Soldaten stationiert, darunter auch 1500 Deutsche.
Die USA und die EU hatten mit der Parlamentswahl die Hoffnung auf die Aufnahme des von Brüssel vermittelten Dialogs mit Serbien verknüpft. Während Pristina nur über die Lösung zwischenstaatlicher Probleme verhandeln will, strebt Belgrad die Wiedereingliederung seiner abgespaltenen früheren Provinz in seinen Staatsverband an. Das Kosovo ist heute von über 70 Staaten anerkannt, darunter von der Mehrheit der EU-Länder, den USA, Japan, Kanada, der Türkei und Saudi Arabien.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP