Stadt will klagen Transrapid für München
25.09.2007, 09:12 UhrNach jahrelangem Streit ist der Weg für die erste kommerzielle Transrapid-Strecke in Deutschland frei. Der Freistaat Bayern unterzeichnete eine Finanzierungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn sowie den am Transrapid beteiligten Firmen. Mit dem Bau der 37 Kilometer langen Strecke vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen soll im Sommer 2008 begonnen werden, die erste Bahn soll 2014 schweben. Der scheidende bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sprach von einem "endgültigen Durchbruch" für den Transrapid.
"So ein Schmarrn"
Die bayerischen Grünen sehen das anders. Landesvorsitzender Sepp Daxenberger sagte im Bayerischen Fernsehen, seine Partei werde ein Volksbegehren gegen die Transrapid-Strecke in München prüfen. "Zwei Drittel der bayerischen Bevölkerung lehnen das Projekt ab und sagen, das ist ein Schmarrn." Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern, sagte: "Wir sehen die Situation relativ gelassen und entspannt, weil der Transrapid nie fahren wird hier zwischen München und Flughafen. Und zwar weil er einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird."
Bislang war die Umsetzung der Magnetschwebebahn-Pläne an der Finanzierung gescheitert. Die Gesamtkosten der Transrapid-Strecke liegen laut einer Schätzung aus dem Jahr 2002 bei 1,85 Milliarden Euro.
Die Bahn hat ihren Finanzierungsanteil nun um 50 Millionen Euro aufgestockt, um die Finanzierungslücke von zuletzt 165 Millionen Euro zu schließen. Einen Zuschuss von ebenfalls 50 Millionen Euro soll es von der EU geben. Die Transrapid-Bauer Siemens und ThyssenKrupp steuern entgegen früherer Ankündigungen nun doch jeweils 25 Millionen Euro bei.
Festpreis-Garantie
Damit sollen insgesamt der Bund 925 Millionen Euro, der Flughafen München 100 Millionen Euro, die Bahn 235 Millionen, die Industrie 50 Millionen und die EU 50 Millionen zahlen. Tatsächlich stockte der Bund aber auch seine Zusagen auf, weil er auf die ihm zustehenden EU-Mittel zu Gunsten des Transrapid verzichtete. Bayern hatte zudem 475 Millionen zugesagt und will die fehlenden 15 Millionen Euro noch obendrauf legen.
Um den Skeptikern ein wenig Wind aus den Segeln zu nehmen, hat die Industrie einen Festpreis zugesichert. Dies sagte Henner Mahlstedt vom Transrapid-Konsortium. Die 1,85 Milliarden Euro würden auf jeden Fall eingehalten.
Nach Einschätzung von Haushaltspolitikern der Koalition ist damit dennoch nicht das letzte Wort gesprochen. Das Projekt sei nun "in finanzierbare Nähe gerückt", sagte Unions-Experte Steffen Kampeter (CDU). Das Bundesfinanz- und Verkehrsministerium müssten jetzt aber eine aktualisierte Kosten- und Finanzierungsrechnung vorlegen. "Der Teufel steckt im Detail", sagte Kampeter.
"Verdienst Stoibers"
Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion, Joachim Herrmann, bezeichnete die Lösung als "Riesenerfolg" für den Standort Bayern. Die Magnetschwebebahn sei sehr wichtig für die Entwicklung des Münchner Flughafens. Der Transrapid sei kein Prestigeobjekt von Stoiber, sondern ein "Leitprojekt" von internationaler Bedeutung. Ohne den unermüdlichen Einsatz Stoibers wäre der Durchbruch aber nicht gelungen.
München will sich wehren
Die bayerische Landeshauptstadt München will den Bau der Transrapid-Strecke nicht widerspruchslos hinnehmen. "Selbstverständlich wird die Landeshauptstadt München rechtliche Schritte gegen einen positiven Planfeststellungsbeschluss einleiten", sagte der Münchener Oberbürgermeister Christian Ude. Zudem zweifele er daran, wie rechtsverbindlich die zwischen bayerischer Staatsregierung, Bahn und Industrie ausgehandelte Vereinbarung sei. Der Koordinator der Stadt für den Transrapid, Klaus Dengler, ergänzte: "Und wir alle wissen: Derartige Klagen können sehr lange dauern."
Ude kündigte an, ein breites Bündnis von Parteien, Gewerkschaften, Umweltschützern und von der Trasse betroffene Gemeinden gegen die Schwebebahn aktivieren zu wollen. "Das Kräftemessen geht jetzt erst los", sagte Ude. Der Finanzierungsplan für die Magnetschwebebahn sei vollkommen naiv und voller Luftbuchungen.
Der Transrapid werde mindestens 2,2 Milliarden Euro kosten und Stadtentwicklungschancen zerstören, sagte Ude. Anstelle der 37 Kilometer langen Transrapid-Trasse möchte die Stadt lieber eine Express-S-Bahn.
Gegner auch im Bund
Unterstützung erhält Ude aus dem Bundesfinanzministerium. "Das Projekt wird deutlich teurer. Die Kosten werden auf keinen Fall bei 1,85 Milliarden Euro stehen bleiben", sagte Ressort-Chef Peer Steinbrück (SPD). Er betonte, dass der Bund keinesfalls mehr als die zugesagten 925 Millionen Euro geben werde. Den Rest müsse Bayern dann drauf legen. Steinbrück hatte erst vor wenigen Monaten öffentlich die Baukosten und auch den verkehrspolitischen Nutzen der Magnetschwebebahn bezweifelt.
"Keineswegs gelöst"
Wie Steinbrück warnte auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) vor Kostenrisiken. Nach seinen Worten sieht die Bundesregierung das bayerische Milliardenprojekt weiter als nicht gesichert. Tiefensee widersprach Stoiber, dass der Bau bereits im Sommer kommenden Jahres beginnen kann. Das Gesprächsergebnis des bayerischen Ministerpräsidenten mit der Deutschen Bahn AG und der Industrie sei "keineswegs die endgültige Lösung der Probleme".
Opposition protestiert
Die Bayern-SPD kritisierte die Vereinbarung als Abschiedsgeschenk für Stoiber. Die veranschlagten Kosten seien ein politischer Preis, der nicht zu halten sein werde, erklärte der SPD-Landesvize Thomas Beyer. Seit Wochen sei absehbar gewesen, dass ein Scheinvertrag geschlossen werden solle. Der Transrapid werde auch in Bayern von einer Bevölkerungsmehrheit abgelehnt. Die Menschen in Bayern würden sich für das "faule Stoiber-Geschenk" entsprechend bedanken.
Die bayerischen Grünen kündigten heftigen Protest gegen den Transrapid an. "Edmund Stoiber sollte sich nicht zu früh freuen: Noch steht sein Denkmal nicht", erklärten die Landesvorsitzenden Sepp Daxenberger und Theresa Schopper. Jetzt gehe der Widerstand erst richtig los. Bayern brauche keine "sündhaft teure Bonzenschleuder zum Flughafen", sondern einen besseren Nahverkehr in der Fläche. Für den "abgehobenen Edmund-Stoiber-Express" würden mehr als eine halbe Milliarde Euro aus Landesmitteln verschwendet.
Quelle: ntv.de