Merkels "Nein" zu Schröders "Jein" Türkei will nach Europa
22.11.2002, 17:45 UhrDie Türkei drängt auf den Beitritt in die Europäische Union. Der türkische Präsident Ahmet Sezer sagte am Rande des NATO-Gipfels in Prag, er habe mit zahlreichen Regierungschefs der EU gesprochen und um Beitrittsverhandlungen gebeten.
Sezer verlangt erste Verhandlungen für Anfang kommenden Jahres. Sonst würde durch die EU-Erweiterung eine neue Teilung in Europa entstehen, warnte er.
Die Türkei sei das einzige von 13 EU-Kandidaten, mit dem derzeit nicht gesprochen werde, so der türkische Regierungschef.
Schröder macht Sezer Hoffnung
Bundeskanzler Gerhard Schröder machte der Türkei Hoffnung, dass ihr beim EU-Gipfeltreffen in drei Wochen in Kopenhagen ein "starkes Signal" in der Beitrittsfrage gegeben werde. Schröder fügte vor Journalisten in Prag hinzu, ein Entgegenkommen Ankaras in der Zypernfrage und bei der Europäischen Eingreiftruppe würde dies erleichtern.
Dabei geht es um türkische Vorbehalte gegen einen Einsatz der EU-Truppe in türkischen Interessengebieten. Diese Fragen könnten bis Kopenhagen gelöst werden, sagte Schröder.
"Wir haben ein eminentes eigenes deutsches Interesse daran, die dem Westen zugewandten Kräfte zu unterstützen", sagte Schröder. Es müsse aber klar sein, dass nach den Wahlen die inneren Reformen fortgesetzt werden.
Merkel will die Türkei nicht in der EU
Unterdessen sprach sich CDU-Chefin Angela Merkel gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei aus. Diese Position will die CSU am Samstag in ihr Parteiprogramm aufnehmen.
Die Frage, wie man mit der Türkei umgehe, sei eine Kernanfrage an die Zukunft der politischen Union Europa. In den Beziehungen zur Türkei müsse man zu Redlichkeit und Ehrlichkeit zurück. "Wir brauchen und wollen gute Beziehungen zur Türkei, aber diese Beziehungen müssen außerhalb der Europäischen Union stattfinden", forderte Merkel.
Chirac: Türkei hat ihren Platz in Europa
Der französische Staatspräsident Jacques Chirac betonte in Prag, ganz unabhängig von den unterschiedlichen Religionen habe die Türkei ihren Platz in Europa. Zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU sagte Chirac aber: "Welches Datum auch immer festgesetzt wird - klar ist, dass wir erst verhandeln können, wenn die Bedingungen von Kopenhagen erfüllt sind."
Beim EU-Gipfel von Kopenhagen 1993 waren die Beachtung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Verhältnisse als Voraussetzung für einen EU-Beitritt festgelegt worden.
Kein Zusammenhang zwischen Zypernfrage und EU-Beitritt
Der türkische Präsident Sezer dagegen betonte, zwischen der Zypernfrage, der EU-Truppe und einem Datum für Beitrittsverhandlungen gebe es keinen Zusammenhang.
Die Türkei stelle einen solchen nicht her, und es wäre unfair, wenn die EU ihn herstellen würde. Sezer sagte, er habe in allen Gesprächen mit EU-Regierungschefs Unterstützung für Beitrittsverhandlungen bekommen, doch werde jeweils auf Vorbehalte anderer Länder verwiesen. "Sie sind nicht hundertprozentig ernsthaft in ihren Antworten", kritisierte der türkische Präsident.
Quelle: ntv.de