Geheimnis geht vor Recht US-Gericht weist Klage ab
09.10.2007, 16:15 UhrDer Deutsche Khaled el Masri ist vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten endgültig mit seiner Klage gegen den früheren US-Geheimdienstchef George Tenet gescheitert. Der Supreme Court wies die Klage ab und bestätigte damit die Position der Regierung von Präsident George W. Bush, die sich mit Verweis auf Staatsgeheimnisse gegen einen etwaigen Prozess ausgesprochen hatte. El Masris Anwalt kritisierte die Entscheidung scharf.
Das Oberste Gericht in Washington war El Masris letzte Chance in dem Verfahren, da alle unteren Instanzen seine Klage unter Hinweis auf die nationalen Interessen der USA bereits abgewiesen hatten. El Masri wirft der Geheimdienstorganisation CIA vor, ihn mit einem Verdächtigen der Terroranschläge vom 11. September verwechselt zu haben. Anfang 2004 sei er in Mazedonien festgenommen und nach Afghanistan verschleppt worden. Dort sei er geschlagen und fünf Monate lang in einem CIA-Gefängnis festgehalten worden, obwohl schon bald festgestanden habe, dass er Opfer einer Verwechslung geworden sei.
Die US-Regierung hat die Darstellung El Masris weder bestätigt noch zurückgewiesen. Der Kläger verlangte Schadensersatz von mindestens 75.000 Dollar (53.000 Euro). Der Fall El Masri wirft ein Schlaglicht auf das CIA-Programm mit der Bezeichnung "Extraordinary Rendition" (außergewöhnliche Auslieferung), das von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert wird.
Urteil der Vorinstanz bestätigt
Die Abweisung der Klage bedeutet, dass das Urteil der Vorinstanz bestätigt wurde: Am 2. März hatte das Berufungsgericht in Richmond in Virginia die Klage mit der Begründung abgelehnt, dass die nationale Sicherheit gefährdet werde, wenn Staatsgeheimnisse publik würden.
Im September schaltete sich der Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, in den Fall ein und wandte sich direkt an den Obersten Gerichtshof der USA. Die Behauptung der US-Regierung, es würden Staatsgeheimnisse preisgegeben, wenn die Verschleppung El Masris nach Afghanistan gerichtlich verhandelt werde, bezeichnete der Schweizer Abgeordnete als ungerechtfertigt. Schließlich sei im Fall des irrtümlich von der CIA entführten Deutsch-Libanesen nahezu nichts mehr geheim. Daher forderte Marty den Supreme Court auf, El Masri solle die Möglichkeit erhalten, seine Anschuldigungen vor einem US-Gericht zu beweisen.
"Das ist ein Desaster"
"Wir sind sehr enttäuscht", sagte El Masris Rechtsanwalt Manfred Gnjidic zu der Entscheidung. Selbst bei schwersten Verbrechen sei damit keine rechtliche Handhabe möglich. "Das wird jedes Vertrauen in die amerikanische Justiz erschüttern", so Gnjidic.
Der Jurist kritisierte, im Prinzip könnten prominente US-Bürger tun und lassen, was sie wollten. "Die Judikative (Rechtsprechung) hat sich völlig aus der Kontrolle der Exekutive (Regierung) zurückgezogen." Die USA forderten von jedem Verantwortung, wollten aber selbst keine Verantwortung übernehmen. "Das ist ein Desaster."
Quelle: ntv.de