Militärschlag gegen Syrien US-Koalition feuert Raketen auf Damaskus
14.04.2018, 03:03 UhrDie USA, Frankreich und Großbritannien haben als Vergeltung gegen den Einsatz chemischer Waffen mit Militärschlägen gegen Syrien begonnen. Militär- und Forschungseinrichtungen sind das Ziel. Es soll sich um einen einmaligen Schlag handeln.
Nach dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien haben die USA ihre Drohungen wahr gemacht und die Regierung des Landes angegriffen. US-Präsident Donald Trump sagte in einer Rede an die Nation, die USA, Frankreich und Großbritannien hätten in der Nacht zu Samstag mit Militärschlägen gegen Syrien begonnen. Die Angriffe seien eine Vergeltung für den Einsatz chemischer Waffen durch die syrische Regierung unter Baschar al-Assad gegen das eigene Volk. "Dies sind nicht die Taten eines Menschen", sagte Trump. "Es sind die Verbrechen eines Monsters."
Nach dem Beginn des Angriffs auf die syrische Regierung waren in der Hauptstadt Damaskus schwere Explosionen zu hören. US-Verteidigungsminister James Mattis erklärte, es handele sich bei dem Angriff um einen Schlag gegen die Infrastruktur der chemischen Waffenproduktion des Landes. Der Einsatz von Chemiewaffen könne unter keinen Umständen geduldet werden. Als weiteres Ziel sei eine Lagerstätte nahe Homs angegriffen worden. Dort sei Sarin gelagert worden.
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Darüber hinaus hätten die USA, Frankreich und Großbritannien zwei weitere Forschungseinrichtungen attackiert, davon eine ebenfalls in Damaskus und die andere in der Region Homs, erklärte die in Großbritannien ansässigen, oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Zudem seien fünf Militär-Stützpunkte und -Lager im Raum Damaskus angegriffen worden. Laut syrischem Staatsfernsehen waren auch Armeelager in der Region Homs Ziel der Angriffe. Nach Auskunft der Syrischen Beobachtungsstelle wurden alle beschossenen Ziele auf Grundlage russischer Geheimdienstinformationen vor drei Tagen evakuiert.
Laut Mattis handelt es sich bisher um eine begrenzte, einmalige Aktion. Die USA hätten ein vitales nationales Interesse daran, einer Verschlechterung der Lage in der Region entgegenzutreten, so der US-Verteidigungsminister. Es sei höchste Zeit, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden. Das syrische Volk leide entsetzlich unter der Regierung von Baschar al-Assad.
Syrien beklagt Rechtsverstoß
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, die syrische Luftabwehr habe die "amerikanisch-britisch-französische Aggression" bekämpft. Es seien 13 Raketen abgefangen worden. Bei dem Angriff wurden demnach drei Zivilisten verletzt. Sana zufolge gab es die bei der Bombardierung in der Region Homs. In einer Forschungseinrichtung in dem Ort Barsah nördlich von Damaskus sei zudem ein Gebäude zerstört worden.
Die USA haben den Angriff der Westmächte in Syrien nach Darstellung eines ranghohen Militärs nicht mit Russland koordiniert. Es habe keine Koordination mit Russland gegeben, sagte der Generalstabschef des US-Militärs, Joseph Dunford im Pentagon. Es habe lediglich Kommunikation über den regulären Kanal zwischen dem russischem und amerikanischem Militär zur Vermeidung von Zwischenfällen über Syrien gegeben.
Syrien hat den Angriff der drei Westmächte auf das Land als Verstoß gegen internationales Recht kritisiert. "Einmal mehr bestätigen die USA und die Achse zur Unterstützung des Terrors, dass sie gegen internationales Recht verstoßen, über das sie bei den Vereinten Nationen prahlerisch reden", meldete die staatliche syrische Nachrichtenagentur. "Die Aggression der drei scheiterte und es gelang ihr nicht, ihre Terrorwerkzeuge zu retten." Die internationale Gemeinschaft müsse die Aggression verurteilen.
OPCW entsandte Experten
Trump hatte Syriens Verbündeten Russland unverhohlen mit dem Angriff gedroht. Er sagte im Weißen Haus, es handele sich um Präzisionsschläge. "Wir sind darauf vorbereitet, diese Antwort fortzusetzen, bis die syrische Regierung ihren Einsatz verbotener chemischer Waffen beendet." An Russland und den Iran gerichtet, fragte Trump: "Was für eine Art Nation würde im Zusammenhang stehen wollen mit dem Massenmord an unschuldigen Männern, Frauen und Kindern?" Die syrische Armee ist schon seit Tagen in voller Alarmbereitschaft und hatte sich am Mittwoch von weiteren Stützpunkten zurückgezogen.
Am Dienstag verließ die Armee einige Militärbasen, um einer möglicherweise bevorstehenden Attacke der USA und seiner Verbündeten Frankreich und Großbritannien weniger Angriffsfläche zu bieten. Begonnen hatte die Eskalation mit einem mutmaßlichen Giftgasangriff auf die letzte damals noch von Rebellen kontrollierte Stadt Duma in der Region Ost-Ghuta am 7. April.
Dabei sollen der Hilfsorganisation Weißhelme zufolge mindestens 42 Menschen getötet worden sein. Mehr als 500 Personen wurden demnach in Krankenhäusern behandelt. Die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) entsandte Experten für eine Untersuchung nach Duma. Sie wollen von Samstag an untersuchen, ob dort tatsächlich Chemiewaffen eingesetzt wurden. Ihr Auftrag lautet jedoch nicht, die Verantwortlichen zu ermitteln. Russland hatte den Vorfall als inszenierte Provokation Großbritanniens eingestuft. "Wir haben Beweise, dass Großbritannien an der Organisation dieser Provokation in Ost-Ghuta direkt beteiligt ist", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow.
Nicht der erste Angriff gegen die Assad-Regierung
Die britische UN-Botschafterin Karen Pierce bezeichnete den russischen Vorwurf als "grotesk", "bizarr" und "offenkundige Lüge". "Es ist die schlimmste Fakenews, die wir bisher von der russischen Propagandamaschine gesehen haben." Moskau ist im Bürgerkrieg ein enger Verbündeter der syrischen Regierung. Es ist nicht das erste Mal, dass die USA und Präsident Trump die Assad-Regierung direkt angreifen.
Das US-Militär hatte vor einem Jahr die syrische Luftwaffenbasis Schairat beschossen - als Reaktion auf den Giftgasangriff mit Dutzenden Toten auf die Stadt Chan Scheichun, für den UN-Experten die Regierung von Assad verantwortlich machten. Das Eingreifen der USA galt aber weitgehend als symbolisch.
Der syrischen Regierung wurde in den vergangenen Jahren immer wieder der Einsatz von Chemiewaffen vorgeworfen. Der schwerste Angriff fand 2013 in Ost-Ghuta statt: Etwa 1400 Menschen wurden getötet, darunter viele Kinder.
Unmittelbar nach dem Beginn von Militärschlägen der Westmächte gegen Syrien ist in den USA Kritik an dem Einsatz laut geworden. Die Aktionen seien nicht vom US-Kongress bewilligt worden, der aber als einziger das Recht habe, einen Krieg zu erklären, hieß es in sozialen Netzwerken. Die etwa acht Minuten lange Ansprache von US-Präsident Donald Trump, in der er die Aktion ankündigte, war nur wenige Minuten vor Beginn angekündigt worden. Dies habe dem Schutz der an dem Einsatz beteiligten Soldaten gegolten, hieß es.
Quelle: ntv.de, jki/chr/dpa