Politik

Mobilisierung statt Teilabzug? US-Regierung: Russland verstärkt Truppen

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Am Dienstag verbreitet der Kreml Videos vom Abzug russischer Truppen von der ukrainischen Grenze. Kiew traut dem Frieden nicht - und hat offenbar wenig Grund dazu. Nach US-Angaben hat Russland 7000 weitere Soldaten an die Grenze gebracht und sucht nur einen Vorwand für den Angriff.

Die US-Regierung stuft den von Moskau angekündigten Teilabzug russischer Truppen zur Entspannung des Ukraine-Konflikts als Falschinformation ein und geht stattdessen von einem weiteren Ausbau der Militärpräsenz aus. In den "zurückliegenden Tagen" habe Russland rund 7000 zusätzliche Soldaten in die Nähe der ukrainischen Grenze gebracht, "und einige davon kamen erst heute an", sagte ein ranghoher Beamter des Weißen Hauses.

Erkenntnisse der US-Regierung zeigten inzwischen, dass Russlands Ankündigung eines Teilabzugs "falsch" sei. In einem Briefing für Journalisten in Washington erklärte der Beamte, Russland gebe an, für eine diplomatische Lösung des Konflikts offen zu sein. "Aber alle Hinweise, die wir jetzt haben, sind, dass sie Gespräche nur anbieten und Behauptungen zur Deeskalation machen, während sie insgeheim für einen Krieg mobilisieren", sagte der Vertreter, der nicht namentlich genannt werden darf.

Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hatte zuvor im Fernsehen gesagt, man habe bislang keinen Abzug russischer Truppen unweit der Grenzen festgestellt. "Wir sehen die eine oder andere Rotation, doch ich würde das nicht als Abzug von Truppen vonseiten der Russischen Föderation bezeichnen", sagte er am Mittwoch. Es sei noch zu früh, um sich zu freuen.

Erst Falschinformationen, dann Einmarsch?

Der US-Regierungsbeamte erklärte, es gebe zudem Informationen, wonach Russland "jederzeit" Ereignisse inszenieren oder erfinden könnte, um eine "Ausrede" für einen Angriff auf die Ukraine zu schaffen. Eine Möglichkeit sei eine Provokation in der ostukrainischen Region Donbass. Es könne auch vermehrt russische Falschinformationen geben, darunter grundlose Behauptungen, dass die USA und die Ukraine "biologische oder chemische Waffen" einsetzten. Es sei unklar, welchen Grund Russland letztlich vorschieben werde. "Wir hoffen, die Welt ist dafür bereit, sagte der Beamte. "Niemand sollte diese Behauptungen für bare Münze nehmen", betonte er.

Moskau hatte am Dienstag den Abzug eines Teils seiner Truppen von der ukrainischen Grenze angekündigt. US-Präsident Biden warnte anschließend dennoch vor einem weiterhin möglichen russischen Einmarsch in das Nachbarland. An der russisch-ukrainischen Grenze befänden sich inzwischen "mehr als 150.000" russische Soldaten. Ähnlich äußerte sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch. Er sehe bisher keine Anzeichen für einen russischen Truppenabzug. "Im Gegenteil, Russland scheint seine Militärpräsenz weiter auszubauen."

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Das US-Außenministerium hatte Russland bereits vorgeworfen, mit unbegründeten Vorwürfen eines "Genozids" in der ostukrainischen Region Donbass einen Vorwand für einen Einmarsch in das Nachbarland schaffen zu wollen. Russische Medien hatten zuletzt Artikel und Fotos zu angeblichen Massengräbern in der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region veröffentlicht. Der russische Präsident Wladimir Putin sprach in diesem Zusammenhang von einem "Genozid". "Das sind falsche Schilderungen, die Russland entwickelt, um sie als Vorwand für ein militärisches Vorgehen gegen die Ukraine zu verwenden", sagte US-Außenamtssprecher Ned Price. "Diese Behauptungen basieren nicht auf der Wahrheit."

Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Biden riefen Russland erneut zur Deeskalation auf. Beide seien sich in einem Telefonat einig gewesen, dass "ein signifikanter Rückzug russischer Truppen" von der ukrainischen Grenze "bislang nicht zu beobachten" sei, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwochabend. Das Risiko einer "weiteren militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine" bestehe fort. Russland müsse "echte Schritte zur Deeskalation einleiten".

Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa

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