Politik

Vor Obama-Antritt in Moskau US-Waffenflüge über Russland

Der US-Präsident will Anfang der Woche Abrüstungszeichen in Moskau setzten. Vorab liefert er sich mit Ex-Kremlchef und Ministerpräsident Putin ein Fernduell über die Unmöglichkeit, im Spagat zu stehen.

Für umgerechnet 8,25 Euro kann man sich derzeit in Moskau einen persönlichen Obama leisten.

Für umgerechnet 8,25 Euro kann man sich derzeit in Moskau einen persönlichen Obama leisten.

(Foto: AP)

Russland öffnet zum Antrittsbesuch von US-Präsident Barack Obama auch seinen Luftraum für Waffen- und Nachschubtransporte der Amerikaner nach Afghanistan. "Es geht um den Land-, aber im großen Ausmaß auch um den Lufttransport aller Fracht", sagte der außenpolitische Sprecher des Kremls, Sergej Prichodko. Ausgenommen sind russischen Medienberichten zufolge aber weiterhin US-Truppentransporte über russisches Territorium. Die US-Armee darf bereits seit März das Schienennetz für Versorgungslieferungen nutzen.

Die US-Zeitung "New York Times" berichtete dagegen unter Berufung auf amerikanische und russische Angaben in ihrer Internetausgabe, dass neben Waffen auch Soldaten transportiert werden dürften. Das Abkommen soll nach Kremlangaben bei Obamas Russland-Besuch in Moskau am Montag und Dienstag offiziell bekanntgegeben werden.

Die Einigung stelle nach Jahren eines angespannten Verhältnisses einen der konkretesten Erfolge in den Bemühungen der US-Regierung zur Verbesserung der Beziehungen zu Moskau dar, schrieb die Zeitung. Bisher erlaubte Russland über sein Schienennetz nur die Lieferung von zivilen Versorgungsgütern für die US-Truppen in Afghanistan. Der erste Containerzug mit ziviler Ausrüstung war im März gestartet. Jetzt könnten Tausende von Versorgungsflügen über den russischen Luftraum gehen.

Das Abkommen habe für Obama Priorität gehabt, schrieb das Blatt. US-Truppen führen derzeit eine Großoffensive gegen die radikal-islamischen Taliban in Afghanistan. Die Bundeswehr darf bereits seit Jahren den russischen Luftraum durchqueren, um ihre Truppen in Afghanistan über den Stützpunkt im usbekischen Termes zu versorgen. Russland fürchtet eine Zunahme von extremistischem Terror an seiner Südflanke und unterstützt deshalb das Vorgehen gegen die Taliban. Ein eigenes militärisches Engagement schließt Moskau aber mit Verweis auf den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979 aus.

START und Raketenschild

Medwedew und Obama machten sich schon mal auf dem G20-Gipfel im April in London bekannt.

Medwedew und Obama machten sich schon mal auf dem G20-Gipfel im April in London bekannt.

(Foto: AP)

Einem Interview zufolge, das Obama der russischen Agentur Itar-Tass gab, will der US-Präsident in Moskau über konkrete Abrüstungsschritte bei den Atomwaffen verhandeln. "Wir werden über die Höchstgrenzen sprechen", wird Obama zitiert. Der Wille zur Abrüstung solle ein Signal für die Welt sein. "Wir wollen die Zeiten des Kalten Krieges hinter uns lassen."

Experten erwarten, dass die Präsidenten eine Absichtserklärung über ein Nachfolgeabkommen für den Ende 2009 auslaufenden Vertrag über die Reduzierung strategischer Atomwaffen (START) unterzeichnen. Als Ziel könnte darin eine neue Höchstgrenze von 1500 nuklearen Sprengköpfen pro Land festgeschrieben werden. Nach Angaben beider Länder vom April verfügten die USA zuletzt über 5576 Atomsprengköpfe und Russland über 3909.

Die russische Regierung unterstrich ihre Haltung, nur dann bei einem Nachfolgeabkommen für START mitzumachen, wenn die Amerikaner auf ihre Raketenabwehrpläne für Mitteleuropa verzichten. "Es ist unmöglich, über die Verringerung der strategischen Angriffswaffen zu sprechen, ohne endgültige Klarheit über die Stationierungspläne der Amerikaner in Europa zu haben", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow dem Moskauer Radiosender Echo Moskwy.

Im Vorfeld des Besuchs führen beide Seiten auf Expertenebene intensive Verhandlungen. Bislang habe man sich noch nicht auf eine konkrete Reduzierungs-Vorgabe einigen können, berichtete die Moskauer Tageszeitung "Kommersant" mit Verweis auf Delegationskreise. Obama will am Mittwoch von Moskau aus zum G8-Gipfel nach Italien weiterreisen.

Kleines Geplänkel zwischen Putin und Obama

Putin will Obama endlich die Wahrheit über Russland sagen.

Putin will Obama endlich die Wahrheit über Russland sagen.

(Foto: AP)

Obama trifft in Moskau neben Präsident Dmitri Medwedew auch erstmals Regierungschef Wladimir Putin, mit dem er sich im Vorfeld ein verbales Fernduell lieferte. Obama sagte sinngemäß in Washington, der frühere Kremlchef habe nur einen Fuß in der Gegenwart, mit dem anderen Bein stehe er in der Vergangenheit. Daraufhin entgegnete Putin, er halte es mit einer Volksweisheit, wonach man im Spagat nicht stehen könne. "Wir stehen fest auf unseren Beinen und schauen immer in die Zukunft", sagte Putin. "Das ist die Besonderheit Russlands." Dies habe es Russland immer ermöglicht, vorwärts zu kommen und stärker zu werden, sagte er im staatlichen Fernsehen. "Das wird so weitergehen." Zugleich betonte er, sich auf Obama zu freuen.

Der US-Präsident sagte in Washington, er sehe in Putin weiterhin einen "sehr starken Führer des russischen Volkes". Putin müsse aber verstehen, dass die amerikanisch-russischen Beziehungen nicht mehr nach Art des Kalten Kriegs funktionierten. Putin sei dies bereits seit langem klar, reagierte dessen Sprecher Peskow. Peskow fügte hinzu, Putin werde versuchen, Obamas Weltsicht zu begreifen, und das Treffen mit ihm am Dienstag nutzen, um dessen falsche Eindrücke zu berichtigen. Obama sei nicht umfassend informiert. Nach seinem Moskau-Besuch werde er jedoch besser Bescheid wissen. "Ich bin mir sicher, dass Präsident Obama seine Meinung ändern wird, nachdem er Putin getroffen hat."

Quelle: ntv.de, hdr/dpa/rts/AFP

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