US-Wahl

Republikaner auf dem Weg ins Aus Romney verprellt die Latinos

Inmitten reicher Spender zeigte Romney eine Seite seines Charakters, die er vermutlich lieber nicht öffentlich gemacht hätte.

Inmitten reicher Spender zeigte Romney eine Seite seines Charakters, die er vermutlich lieber nicht öffentlich gemacht hätte.

(Foto: "Mother Jones" / Screenshot)

47 Prozent der US-Wähler hat Romney bereits abgeschrieben. Die Stimmen der Latinos kann er vermutlich ebenfalls vergessen, denn auf dem Video, das seine verächtlichen Bemerkungen dokumentiert, spricht er auch mit abfälligem Unterton über die am schnellsten wachsende Wählergruppe der USA.

Auch sie bekommen in Mitt Romneys inzwischen legendärer Spendenrede von Florida ihr Fett weg: die Latinos. "Wären meine Eltern Mexikaner gewesen", sagt Romney dort, "dann hätte ich jetzt bessere Chancen, zu gewinnen". Ein Scherz auf Kosten einer Wählergruppe, die es im US-amerikanischen Alltag oft besonders schwer hat, und die nun noch weniger bereit sein wird, ihn zu unterstützen. Dem Ex-Gouverneur, dessen Vater George einst in Mexiko geboren wurde, sollte das durchaus zu denken geben.

Wahlkampf in der Defensive ist selten erfolgreich.

Wahlkampf in der Defensive ist selten erfolgreich.

(Foto: REUTERS)

Denn Latinos sind die am schnellsten wachsende Wählgruppe in den USA. Rund 50 Millionen leben bereits zwischen New York und Los Angeles, rund 21 Millionen sind wahlberechtigt. Traditionell stimmen sie eher widerwillig ab, doch wenn sie es tun, dann vor allem für Demokraten. Was für Republikaner kein Problem war, so lange Latinos nur eine kleine Minderheit waren. Doch das hat sich geändert: In einigen Bundesstaaten können sie Wahlen inzwischen entscheidend beeinflussen.

Die 35-Prozent-Marke

Romney weiß das. "Wenn der lateinamerikanische Wählerblock in Zukunft ähnlich treu zu den Demokraten steht wie es die Afro-Amerikaner bereits tun", warnt Romney in seiner Rede, "dann ist unser Partei und das ganze Land in Schwierigkeiten."

Zumindest für Romneys Pläne, das Weiße Haus zu übernehmen, stimmt diese Analyse. Ex-Kandidat Newt Gingrich, der vom Romney-Gegner zum Romney-Fürsprecher mutierte, sagte seinem Parteifreund bereits 40 Prozent der Latino-Stimmen voraus. Dessen Berater sind da bescheidener: Sie würden sich mit rund 35 Prozent zufrieden geben, so viele wie einst George W. Bush gewann.

Einwanderungsaktivisten demonstrieren gegen Romney.

Einwanderungsaktivisten demonstrieren gegen Romney.

(Foto: AP)

Aktuellen Umfragen zufolge ist Romney von diesem Wert allerdings weit entfernt: Nach dem Parteitag im August wollten noch rund 26 Prozent der Latinos für den Republikaner stimmen, 68 Prozent für Barack Obama. Die Veröffentlichungen der vergangenen Tage dürften Romneys Chancen kaum verbessert haben.

Dabei sollte ausgerechnet dies die Woche werden, in der Romney besonders intensiv um die Stimmen der Latinos kämpfen wollte. Eine Rede vor der lateinamerikanischen Geschäftsgemeinde war geplant, dazu mehrere Interviews mit spanischsprachigen Medien. Vor allem seine Pläne für den versprochenen Wirtschaftsaufschwung wollte er vortragen, schließlich leiden auch Latino-Amerikaner unter der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit.

Selbstdeportation und Budgetkürzungen

Jetzt wird er erst einmal erklären müssen, warum er glaubt, ein Latino hätte es leichter, Präsident zu werden, als der Sohn eines reichen Industriekapitäns mit besten politischen Verbindungen.

Zumal Romney sich bereits für seine harte Haltung in der Einwanderungspolitik rechtfertigen muss. "Selbstdeportation", Romneys Vorschlag für den Umgang mit illegalen Einwanderern, ist bei vielen Latinos bereits das Unwort des Jahres. Demnach soll der Aufenthalt in den USA so sehr erschwert werden, dass sich die ungebetenen Gäste einfach selbst ausweisen. Eine dauerhafte Lösung ist das freilich nicht, das weiß Romney auch. Im Interview mit dem TV-Sender Telemundo geizte er dennoch mit Details. "Nun, ich werde sicherstellen, dass mein Vorschlag für eine Einwanderungsreform eine Lösung enthält." Mehr ließ sich Romney nicht entlocken.

Dazu kommt sein Widerstand gegen Obamas "Dream Act", der vielen Illegalen eine realistische Chance auf die US-Staatsbürgerschaft geben soll. Viele Latinos sehen darin einen Weg aus der Illegalität, Romney und die meisten Republikaner aber lehnen das ab. Kürzungen bei Sozialausgaben, unter anderem im Bereich Bildung, die Romneys Vize Paul Ryan in seinem Haushaltsplan vorschlägt, kommen ebenfalls nicht besonders gut an. Romney brauche schon einen "extremen Imagewandel", um Latinos noch von sich zu überzeugen, ätzt die Obama-Kampagne in einem neuen Webvideo.

Latinos begeistern bei Parteitagen

Es ist ein schweres Paket, das sich Romney da aufgeladen hat. Dabei haben beide Parteien die Zeichen der Zeit längst verstanden. Bei ihren Conventions im Sommer nahmen Latino-Politiker besonders prominente Rollen ein: der von der konservativen Tea Party umschwärmte Senator Marco Rubio begeisterte die Republikaner in Tampa, der junge Bürgermeister von San Antonio Julian Castro die Demokraten in Charlotte.

Castro erlebte bei seiner Rede sogar eine Art Obama-Moment. So wie einst die Rede des jungen Senators aus Illinois 2004 katapultierte sich Castro mit seinem Auftritt in die Herzen seiner Parteikollegen. Seitdem setzt ihn die Kampagne des Präsidenten immer wieder als Werbeträger ein - und mit Obama teilt der 38-Jährige ganz nebenbei auch die Bürde, einen für US-Wahlen eher unvorteilhaften Namen zu haben.

Dass mit Rubio und Castro schon 2016 zwei Latino-Amerikaner für die beiden großen Volksparteien zur Präsidentschaftswahl antreten, ist eher unwahrscheinlich. Dafür haben sich bereits zu viele andere politische Schwergewichte in Stellung gebracht. Doch schon für 2020 ist dieses Szenario durchaus denkbar. Ein Zeichen dafür, wie weit es Latinos in den USA schon gebracht haben. Dieser Realität muss sich nun auch Mitt Romney stellen.

(Hier das Romney-Video in voller Länge.)

Quelle: ntv.de

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