US-Wahl

Republikanische Kandidaten 2012 Der andere Mormone

Jon Huntsman war Gouverneur von Utah und Obamas Botschafter in China.

Jon Huntsman war Gouverneur von Utah und Obamas Botschafter in China.

(Foto: AP)

Zur vorletzten TV-Debatte haben sie ihn gar nicht mehr eingeladen. Während die anderen republikanischen Präsidentschaftskandidaten in Iowas Hauptstadt Des Moines auf der Bühne standen, stand Jon Huntsman vor Wählern in New Hampshire. Damals lag er in den Umfragen bei weniger als fünf Prozent, deswegen durfte er nicht kommen – und fand das nicht weiter schlimm. "In Iowa ernten sie Mais", sagte er schnippisch, "in New Hampshire küren sie Präsidenten."

Der 51-Jährige kommt daher wie eine Mischung aus konservativem Schwiegermuttertraum und coolem Globetrotter: Die Schule schmiss er hin, um in der Band "Wizard" Keyboard zu spielen, machte vorher aber noch seinen "Eagle Scout", den höchsten Rang bei den amerikanischen Pfadfindern; er ging als Missionar nach Asien und lernte dort Chinesisch, hält inzwischen sechs Ehrendoktortitel von sechs Universitäten und spielte einmal vor Tausenden Fans mit den Rock-Legenden von REO Speedwagon; zur Entspannung düst der Vater von sieben Kindern (zwei adoptiert) mit seiner Enduro durch die staubigen Weiten Utahs. Mit Letzterem stellte er sich 2011 in eine TV-Spot auch den amerikanischen Wählern vor: Als einsamer Offroad-Biker mit steiler Polit-Karriere und moderat-konservativen Wertvorstellungen.

Trotzdem steht Jon Huntsman nun vor der wohl größten Herausforderung seines bisherigen Lebens: Er muss eine republikanische Partei von sich überzeugen, in der er als Mann der Mitte kaum noch mehrheitsfähig ist.

Vom Goldjungen ins Abseits

Dabei hat es das Leben mit ihm bisher recht gut gemeint. Als Sohn des Milliardärs Jon Huntsman Sr. und Karen Haight, Tochter des von den Mormonen als Apostel verehrten David B. Haight, war für den jungen Jon sowohl finanziell als auch spirituell vorgesorgt. Ähnlich wie Rivale Mitt Romney ging Huntsman für zwei Jahre als Missionar für die Mormonengemeinde ins Ausland. Er wählte Taiwan, lernte dort Chinesisch und machte später seine Asienkenntnisse zur Basis seines politischen Aufstiegs.

Mit einem Studienabschluss in Internationalen Politik in der Tasche wurde Huntsman Mitarbeiter im Weißen Haus von Ronald Reagan, stieg unter dessen Nachfolger George H. W. Bush zum Botschafter in Singapur auf und sammelte nebenbei im Firmenimperium seines Vaters Wirtschaftserfahrung.

Bisher keine Wahl verloren

2004 gewann Huntsman gleich im ersten Anlauf die Wahl zum Gouverneur im Mormonen-Bundesstaat Utah. Seine Beliebtheit erreichte zeitweise knapp 90 Prozent, und bei seiner Wiederwahl 2008 holte er atemberaubende 78 Prozent der Stimmen. Gouverneur

Huntsman schaffte Jobs und führte eine allgemeine Einkommenssteuer von nur fünf Prozent ein, was ihn zum Helden sämtlicher konservativer Ideenfabriken machte. Wie Romney in Massachusetts reformierte auch Huntsman das Gesundheitswesen, verzichtete jedoch auf eine Versicherungspflicht und setzte vor allem auf privatwirtschaftliche Lösungen - ganz nach den republikanischen Vorstellungen. Allerdings gab Huntsman auch kräftig Geld aus, unterstützte die Einführung eines Mindestlohns und zeigte sich progressiv bei der Umweltpolitik, was ihm von den eigenen Leuten bis heute angelastet wird.

Aus der Art geschlagen

Damals schien sich der Mittelweg auszuzahlen für Huntsman, doch in Washington D.C. wurde das politische Klima immer rauer: Kompromiss-Politiker waren plötzlich nicht mehr gefragt, stattdessen regierte der ideologische Rand, vor allem bei den Republikanern. 2008 hatte Huntsman auf dem Bundesparteitag noch enthusiastisch die gerade erst ernannte Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin angesagt - 2009 folgte er dem Ruf von Präsident Barack Obama und wurde Botschafter in China. Als er im April 2011 für den Wahlkampf in die USA zurückkehrte, hatte sich der frühere Huntsman-Hype gelegt. Zu Beginn des Vorwahlkampfes verfolgt Huntsman nur noch einen Plan: Ein gutes Ergebnis in New Hampshire muss her, sonst ist die erste Wahlkampfniederlage seines Lebens wohl unausweichlich.

 

Quelle: ntv.de

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