US-Wahl 2024

Gescheiterte Migrationspolitik Darum würde Harris' Wahlkampf gegen Trump zum Spießrutenlauf

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Kamala Harris bietet Angriffsfläche für Trumps Wahlkampfteam.

Kamala Harris bietet Angriffsfläche für Trumps Wahlkampfteam.

(Foto: picture alliance / Siegfried Nacion/STAR MAX/IPx)

Noch hat Kamala Harris nicht erklärt, wie sie die Inflation in den USA bekämpfen will. An der Aufgabe, die illegale Einwanderung aus Mexiko zu bekämpfen, ist sie gescheitert. All das wird Trump für Attacken nutzen, sollten die Demokraten Harris gegen ihn ins Rennen schicken.

Obwohl sie als US-Vizepräsidentin eher blass blieb, hat Kamala Harris durchaus ein politisches Profil: Als erste schwarze Frau in ihrem Amt ist sie das Gesicht der Demokraten in der Kampagne für den Zugang zu Abtreibungen. Zudem verfügt sie als Ex-Generalstaatsanwältin genügend Expertise, um einem verurteilten Straftäter wie Donald Trump im Wahlkampf Nadelstiche zu versetzen. Aber reicht das aus, um Trump zu schlagen, sollte sie von den Demokraten als seine Kontrahentin im Rennen um den Einzug ins Weiße Haus nominiert werden?

Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln, hat da so seine Zweifel. Er sieht die Inflation und die Migration als die bestimmenden Themen im US-Wahlkampf, für die Harris bislang keine Lösungen parat habe, wie Jäger im Gespräch mit ntv.de sagt.

Die Auswirkungen der Teuerung spüren die Amerikaner seit geraumer Zeit in ihrem Geldbeutel. Im Juni waren die Verbraucherpreise 3 Prozent höher im Vergleich zum gleichen Monat des Vorjahres, wie das US-Arbeitsministerium mitteilte. Die Kerninflationsrate, die Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, betrug 3,3 Prozent.

Noch steht nicht fest, welchen Plan Harris schmieden könnte, um die Teuerungsrate zu senken. Schließlich bedeutet die Unterstützung Bidens für ihre Ersatzkandidatur nicht automatisch deren Erfolg. Sie muss von ihrer Partei erst noch gewählt werden, um anschließend ihr Programm zu präsentieren. Biden hat zwar die US-Wirtschaft durch milliardenschwere Subventionen und Steuervergünstigungen gestärkt sowie die Arbeitslosenquote zeitweise auf ein Rekordtief gedrückt. Doch Harris muss es auch schaffen, diese Erfolge zu verkaufen.

"Harris hat die eine Chance so wenig genutzt wie die andere"

Zudem tobt zwischen Republikanern und Demokraten bereits seit Jahren ein heftiger Streit darüber, wie die Migration speziell an der US-Grenze zu Mexiko eingedämmt werden kann. Die Lage im Grenzgebiet hat sich seit Bidens Amtsantritt nachweislich verschärft: 2021 haben laut Statistik der US-Grenzschutzbehörde etwa 1,9 Millionen Menschen versucht, von Mexiko aus in die USA einzuwandern. Ein Jahr später waren es gut 2,7 Millionen und dann, 2023, über 3,2 Millionen.

Dass eine Lösung dafür noch immer in weiter Ferne liegt, führt Jäger auf Harris' Scheitern zurück - sie wurde 2021 von Biden beauftragt, die Einwanderung zu managen. "In der Bearbeitung der Migrationsfrage hätte für Harris eine enorme Chance gesteckt, da sie für die Amerikaner ein wichtiges Thema war. Sie hätte auch international an Profil gewinnen können, hätte sie die Ursachen für Migration gemeinsam mit zentralamerikanischen und lateinamerikanischen Staaten bekämpft. Aber Harris hat die eine Chance so wenig genutzt wie die andere", sagt Jäger.

Einem Rechtspopulisten wie Trump ist diese Schlappe willkommen. Er nutzt die Migrationsprobleme schon seit langer Zeit, um Stimmung gegen die Demokraten zu machen. Gleich nach Bidens Entscheidung, Harris als Präsidentschaftskandidatin zu unterstützen, frohlockte sein Sohn Donald Trump Jr. auf dem sozialen Netzwerk Truth Social: "Kamala Harris besitzt die gesamte linke politische Bilanz von Joe Biden. Der einzige Unterschied ist, dass sie noch liberaler und weniger kompetent ist als Joe, was wirklich etwas heißen will. Sie wurde mit der Grenzüberwachung beauftragt und wir erlebten die schlimmste Invasion von Illegalen in unserer Geschichte."

"Abtreibung ist ein wichtiges Thema im Wahlkampf"

Kurz darauf schaltete Make America Great Again Inc., die wichtigste Lobbyorganisation für die Unterstützung von Trumps Kampagne, einen Wahlwerbespot, der vor allem in Pennsylvania, Georgia und Arizona ausgestrahlt werden soll - und Harris scharf attackiert. "Sehen Sie, was sie angerichtet hat: eine Invasion an der Grenze, galoppierende Inflation, das Ende des amerikanischen Traums. Sie haben dieses Chaos angerichtet. Sie, Kamala, sind für diese gescheiterte Bilanz verantwortlich", heißt es in dem Spot. Angesichts solcher Attacken würde Harris' Wahlkampf gegen Trump voraussichtlich zum Spießrutenlauf werden.

Jäger ist sich sicher: Die Demokraten bieten den Republikanern genügend Angriffsfläche, falls sie sich für Harris als ihre Kandidatin entscheiden. "Es ist verwunderlich, dass man alle Hoffnung in Harris setzt und denkt: Sie dreht jetzt alles. Nachdem man in den vergangenen dreieinhalb Jahren festgestellt hat: Sie kann es nicht", so Jäger. Trump werde den Wahlkampf mit Harris als Kontrahentin frauenfeindlicher gestalten, sagt er. Das habe bereits 2017 geklappt, als er die demokratische Kandidatin Hillary Clinton beim Rennen ums Weiße Haus ausstach. Damals wurden etwa "Trump that Bitch"-T-Shirts zu Kassenschlagern.

Trumps Misogynie wiederum spielt Harris in die Karten, glaubt Jäger. Besonders ihr Kampf für ein landesweites Abtreibungsrecht könnte Frauen dazu verleiten, ihr Kreuz bei Harris zu machen. Teile der Republikaner sprechen sich für eine Verschärfung des Abtreibungsrechts aus. "Abtreibung ist ein wichtiges Thema im amerikanischen Wahlkampf. Hier hat Trump kein Angebot, das die Frauen interessiert. Er will das Thema verschweigen", sagt Jäger. "Die Frage ist: Überdeckt das dann die Themen Einwanderung und Inflation oder nicht?"

Quelle: ntv.de

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