Revolutionäre Garden im Iran USA befürchten Militärdiktatur
15.02.2010, 19:20 UhrDie US-Regierung sieht den Iran wegen des wachsenden Einflusses der Revolutionären Garden auf dem Weg zu einer Militärdiktatur. Neue Sanktionen sollen deshalb vor allem die für Präsident Ahmadinedschad so wichtige Truppe treffen.

Die USA wollen vor allem die Revolutionsgarden treffen, das Machtzentrum Ahmadinedschads.
(Foto: AP)
Die USA sehen den Iran auf dem Weg in eine Militärdiktatur und haben das Land gewarnt, sie würden nicht untätig den drohenden Bau einer Atombombe abwarten. Die Vereinigten Staaten seien immer noch offen für Verhandlungen, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton vor Studenten im Emirat Katar. "Aber wir wollen die Welt einig sehen in der unmissverständlichen Botschaft an den Iran, dass wir nicht untätig ein Nuklearprogramm abwarten werden, mit dem die Nachbarn und weitere Staaten bedroht werden könnten." Der Iran versicherte erneut, mit seinem Atomprogramm nur zivile Absichten zu verfolgen. Frankreich und Russland wiesen Darstellungen Irans zurück, sie hätten neue Kompromissangebote gemacht.
Clinton versicherte, die USA planten keinen Angriff auf den Iran. Es gehe darum, die internationale Gemeinschaft auf wirtschaftliche Sanktionen einzuschwören, die vor allem die Revolutionären Garden treffen sollten. Die 125.000 Mann starke Truppe gilt als wichtigster Rückhalt für den umstrittenen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, der mit Zerstörungs-Drohungen gegen Israel weltweit Besorgnis ausgelöst hat. "Wir glauben, dass die Regierung des Iran, der Oberste Führer, der Präsident, das Parlament verdrängt werden und dass der Iran sich auf eine Militärdiktatur zubewegt", sagte Clinton. Sie verwies auf die Unterdrückung der Opposition im Iran. Der Einfluss der Eliteeinheit ist in den vergangenen Jahren durch die Kontrolle von Banken, Reedereien und anderen Unternehmen gewachsen.
Clinton bereist derzeit den Nahen Osten, um Unterstützung für eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrats für weitere Sanktionen zu erreichen. Sie machte auch in Saudi-Arabien Halt, wo sich die USA besondere Hilfe erhoffen. Das ölreiche Land soll dazu beitragen, Bedenken Chinas zu zerstreuen. China hat bedeutende Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran, dessen drittwichtigster Ölversorger es ist. Nach US-Vorstellungen könnte Saudi Arabien einspringen, falls Iran seine Öllieferungen an China stoppen sollte. China kann als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates mit seinem Veto Sanktionen verhindern.
Kritik an Menschenrechts-Lage
In Genf musste sich der Vertreter Irans gegen Vorwürfe verteidigen, in seinem Land würden systematisch die Menschenrechte verletzt. "Alle iranischen Bürger haben die gleichen Rechte", sagte der Vorsitzende des iranischen Hohen Rates für Menschenrechte, Mohammed Dschawad Ardaschir Laridschani. Dies gelte auch für Frauenrechte, was schon der hohe Ausbildungsstand von Frauen zeige. Laridschani vertrat sein Land bei einer UN-Ausschusssitzung für universelle Staatenüberprüfung (UPR) von Menschenrechten. "Die Lage der Menschenrechte wird von einigen westlichen Ländern ständig als politisches Werkzeug benutzt, um Druck auf uns auszuüben", sagte der iranische Delegationsleiter.
Dagegen kritisierten westliche Staaten Teheran wegen der Verletzung grundlegender Menschenrechte scharf. So erinnerte etwa der deutsche UN-Botschafter Reinhard Schweppe daran, dass diese Rechte im Iran über alle Bevölkerungsschichten hinweg verletzt würden. Er prangerte auch willkürliche Exekutionen, Gefängnisstrafen sowie die Verletzung der Rechte von Inhaftierten an. US-Botschafter Michael Posner verurteilte die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Iran. "Medien wurden geschlossen. Iranische sowie ausländische Journalisten wurden verhaftet oder an ihrer Arbeit gehindert", kritisierte Posner. Zudem werde der Zugang ins Internet stark behindert oder gar unterbunden.
Zurückhaltender äußerten sich die Vertreter Russlands und Chinas. Sie empfahlen dem Iran, "alles dafür zu tun, seine Bürger im Rahmen der Gesetze des Landes zu schützen". Brasilien regte einen "respektvollen Dialog" zwischen Regierung und Bevölkerung an. Lob erntete Teheran für sein Gesundheits- und Bildungssystem von den linksgerichteten lateinamerikanischen Staaten Kuba, Venezuela und Nicaragua.
Wirwarr um Kompromisse
Die iranische Regierung bekundete unterdessen ihr Interesse an Kompromissangeboten des Auslands. Nach der Entscheidung, Uran auf 20 Prozent anzureichern, seien Vorschläge für eine Anreicherung jenseits der Staatsgrenzen von den USA, Russland und Frankreich eingegangen, sagte der Leiter der iranischen Atomenergie-Behörde, Ali Akbar Salehi, der halbamtlichen Nachrichtenagentur Ilna. Derzeit würden die Vorschläge zusammen mit Vorstößen anderer Länder geprüft. Frankreich und Russland widersprachen umgehend: Es seien keine neuen Vorschläge für eine Urananreicherung im Ausland gemacht worden, teilten die Außenministerien in Paris und Moskau mit.
Vor allem westliche Staaten fürchten, dass der Iran das Uran für den Bau einer Atombombe anreichern will. Die Islamische Republik bestreitet das und gibt an, auf 20 Prozent angereichertes Uran für medizinische Zwecke zu gebrauchen, auf 3,5 Prozent angereichertes für die Stromgewinnung. Für eine Atombombe wird 90-Prozent-Uran gebraucht. Allerdings ist es von der 20-Prozent-Stufe nur noch ein vergleichsweise kleiner Schritt bis zur Anreicherung auf 90 Prozent.
Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu war auf einer Auslandsreise, um für Sanktionen gegen die islamische Republik zu werben. Beim russischen Präsidenten Dmitri Medwedew warb er für Sanktionen, die den Iran empfindlich treffen sollen.
Kriegsrhetorik
US-Generalstabschef Michael Mullen hat während eines Besuchs in Israel vor einer weiteren Eskalation im Atomkonflikt mit Teheran gewarnt. Ein Krieg mit dem Iran wäre "ein großes Problem für alle", sagte Mullen nach israelischen Armeeangaben. "Ich mache mir Sorgen über die nicht beabsichtigten Folgen eines Angriffs", sagte er. Mullen schloss einen Angriff nicht aus, sagte jedoch zugleich: "Wir sind noch nicht an diesem Punkt angelangt. Die diplomatischen Bemühungen müssen bis zum Ende ausgeschöpft werden."
Israel, das sich durch Teherans Führung unter Präsident Mahmud Ahmadinedschad in seiner Existenz bedroht sieht, aber auch die USA hatten in den vergangenen Jahren mehrfach erklärt, dass sie einen Militärschlag gegen die iranischen Nuklearanlagen nicht ausschließen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP