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Biden lobt sich, Trump pöbelt USA verhängen bisher strengste Auflagen für Autoindustrie

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US-Präsident Joe Biden lässt sich in einem Elektroauto fotografieren.

US-Präsident Joe Biden lässt sich in einem Elektroauto fotografieren.

(Foto: REUTERS)

Mit China im Nacken setzt die US-Regierung die bislang schärfsten Umweltauflagen für ihre eigene Autoindustrie in Kraft. Sie könnten das Ende des Verbrenners einläuten. Trump hat andere Ideen - und pöbelt gegen Präsident Biden.

Noch acht Jahre, dann soll der Umbau der Autoindustrie in den USA vollzogen sein. Die US-Umweltbehörde EPA hat entsprechende Abgasauflagen verhängt. Noch nie griff eine US-Regierung so stark ein: Demnach gelten nun unter anderem schärfere Kohlendioxid-Grenzwerte für die Gesamtproduktion der Hersteller ab 2027, mit einem Fahrplan bis 2032. Der Schadstoffausstoß soll dann halbiert worden sein. Um die Auflagen zu erfüllen, müssten 2032 etwa 60 Prozent aller Neuwagen vollelektrisch fahren. Durch den Verkauf von Hybridwagen oder anderer Antriebstechnik kann dieser Anteil auch geringer sein. Eingeschlossen in die Regelung sind reguläre Autos, SUV und die meisten Pickups.

US-Präsident Joe Biden verhängt mit der Ausstoßregulierung auch eine der bislang strengsten Umweltauflagen. Seit Amtsantritt des Demokraten hatte seine Regierung daran gearbeitet. Der Verkehrssektor ist für den größten Anteil des Kohlendioxidausstoßes verantwortlich, der wiederum die Klimaerwärmung vorantreibt. Die USA sind nach China der größte Umweltverschmutzer der Welt. Biden hat als Ziel ausgegeben, bis Ende des Jahrzehnts die Schadstoffemissionen der USA zu halbieren und bis 2050 CO2-neutral zu werden. Die drastische Regulierung der Autoindustrie hätte den mit Abstand wichtigsten Anteil daran. Doch viele erwarten, dass sich die fossile Energieindustrie juristisch wehren wird und die Republikaner politisch dagegen vorgehen.

Bidens Herausforderer Donald Trump sieht schwere Zeiten auf die US-Autoindustrie zukommen.

Bidens Herausforderer Donald Trump sieht schwere Zeiten auf die US-Autoindustrie zukommen.

(Foto: AP)

Was angesichts der Wetterextreme und Prognosen der Klimawandelfolgen nach verantwortungsvoller Politik klingt, ist weit entfernt von gesellschaftlichem Konsens. Schon der Inflation Reduction Act aus dem Jahr 2023 ist wegen seiner Subventionen für erneuerbare Energien hochumstritten; trotz der etwa 200 Milliarden US-Dollar neuer Industrieinvestitionen, die laut "New York Times" durch das Gesetzespaket angeregt worden sind. Dieses enthält neben Subventionen für Firmen auch Steuernachlässe für Verbraucher, die sich Elektroautos, Wärmepumpen oder andere energieeffiziente Anlagen anschaffen.

Der explosive Streit über die Zukunft der Autoindustrie ist Teil des Präsidentschaftswahlkampfes. Biden selbst lobte sich nach der Verkündung in einem Video für die neuen Auflagen der Autoindustrie, weil sie dabei helfen würden, die Klimaziele zu erreichen. Donald Trump hingegen hatte bei einem Auftritt am Wochenende gepöbelt, würde er im November nicht gewählt, werde sein Widersacher ein "Blutbad für das Land" anrichten. Er bezog sich offenbar auf Pläne chinesischer Autobauer, ihre Modelle für den US-Markt in Mexiko herstellen zu lassen. Trump forderte stattdessen Protektionismus, der die eigene Autoindustrie schützen soll: Einen drastischen 100-Prozent-Zoll auf importierte Autos. In seiner ersten Amtszeit hatte er das als Jobkiller verschriene Freihandelsabkommen NAFTA zwischen Kanada, Mexiko und den USA neu verhandelt, es heißt seither USMCA.

Langsamere Verkäufe, hohes Einsparpotenzial

Zunächst hatte die Umweltbehörde im vergangenen Jahr ein Ziel von 67 Prozent Elektroautos für das Jahr 2032 vorgeschlagen, woraufhin Konzerne, Zulieferer, Händler und Gewerkschaften für eine langsamere Implementierung der Ziele plädierten. Die nun vorgestellte Regelung ist ein Ergebnis dieser Verhandlungen. Die mächtigste Autogewerkschaft United Auto Workers (UAW) steht im Präsidentschaftswahlkampf auf der Seite der Demokraten. Sie hatte zuvor in einem historischen Streik mit Bidens Unterstützung signifikante Lohnerhöhungen durchgeboxt. Allerdings befürchten Gewerkschaftler wegen der Umstellungen auf die Elektroautoproduktion, dass Stellen gestrichen werden. Der Bundesstaat Michigan mit seiner Autoindustrie in und um Detroit ist einer der Schlüssel zu einem Wahlsieg.

Die United Auto Workers und ihr Anführer Shawn Fain unterstützen Biden offiziell.

Die United Auto Workers und ihr Anführer Shawn Fain unterstützen Biden offiziell.

(Foto: AP)

Erfüllen die Autohersteller die Ziele der neuen Auflagen, prognostiziert die Umweltbehörde umfassende Folgen: Etwa 100 Milliarden US-Dollar Kosten würden danach jährlich eingespart, darunter 13 Milliarden US-Dollar an staatlichen Gesundheitsleistungen wegen den Folgen der Luftverschmutzung. Ein durchschnittlicher US-amerikanischer Fahrer würde über die Lebensdauer eines Elektroautos zudem etwa 6000 US-Dollar gegenüber einem Verbrenner einsparen. Die Grundlage der Regulierung ist der Clean Air Act, das Gesetz für saubere Luft.

Die US-Autoindustrie steht unter enormem Konkurrenzdruck aus China. Zugleich haben die Verkäufe von Elektroautos in den USA zuletzt nachgelassen, was ein weiterer Grund sein dürfte, warum Bidens Regierung die ursprünglich noch ambitionierteren Grenzwerte etwas aufweichte. In den USA liefen im vergangenen Jahr 1,2 Millionen Elektrofahrzeuge vom Band, so viele wie nie zuvor; sie machten aber nur 7,6 Prozent der Verkäufe aus. Viele US-Amerikaner sind an Elektroautos interessiert, befürchten aber, entweder keine Ladestationen zu finden oder dass der Ladevorgang sie zu viel Zeit kostet. Zudem sind gleichzusetzende Verbrenner häufig günstiger in der Anschaffung.

Fossile Energieindustrie wehrt sich

Die fossile Energieindustrie versucht bereits, die neuen Auflagen in Verruf zu bringen. Die Lobbyorganisation "American Fuel & Petrochemical Manufacturers" nennt die EPA-Regelungen "Bidens Autoverbot", und führen Werbekampagnen in den wichtigsten Bundesstaaten für eine mögliche Wiederwahl durch. Autobauer können jedoch selbst entscheiden, wie sie die Auflagen erfüllen, die Werbung führt daher in die Irre. Die Unternehmen können zusätzlich Wasserstoffautos verkaufen, Hybridwagen, sogar CO2-Zertifikate von anderen Herstellern erwerben, welche die Auflagen übererfüllen.

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Klagt die fossile Energieindustrie oder andere gegen die Auflagen, könnte die Frage über die Kompetenzen der Umweltbehörde EPA am Ende vom Supreme Court entschieden werden. Dessen Richter sind überwiegend konservativ eingestellt. "Es gibt eine Grenze ihrer Kompetenzen, welche die Gesellschaft nach ihren eigenen Vorstellungen verändern wollen", wird die Generalstaatsanwältin des Bundesstaats Louisiana in der "New York Times" zitiert. Die Öl- und Gasindustrie hat in Louisiana viel Einfluss; der Bundesstaat ist unter Biden schon mehrmals gegen die EPA juristisch vorgegangen.

Gewinnt Trump im November die Präsidentschaftswahl, bekommen die Republikaner auch die Kontrolle über die Umweltbehörde und könnten die Auflagen wieder streichen lassen. Auch auf Steuernachlässe haben es die Republikaner laut einer Lobbygruppe der fossilen Energieindustrie abgesehen. Trump betont immer wieder, er wolle die Produktion fossiler Brennstoffe forcieren und motzt zudem über Elektroautos. Schon in seiner ersten Amtszeit von 2016 bis 2020 hatte die Behörde eine Vielzahl von Umweltschutzregulierungen wieder gestrichen. Doch auch wenn Biden an der Macht bleibt, müssen für das Erreichen der Klimaziele die Autofahrer mitmachen - und in acht Jahren zehn Mal so viele Elektroautos kaufen wie aktuell.

Quelle: ntv.de

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