Konzerthalle als Ziel genannt USA warnten Moskau vor Anschlag wohl sehr konkret
03.04.2024, 12:01 Uhr Artikel anhören
Am 22. März ereignete sich in der Moskauer Konzerthalle Crocus City Hall der schlimmste Terroranschlag in Russland seit Jahren.
(Foto: IMAGO/Xinhua)
Nach dem Anschlag auf die Moskauer Konzerthalle Crocus City Hall mit über 140 Toten behauptet Russland, dass Warnungen der USA zu ungenau gewesen seien, um den Angriff zu verhindern. Einem Bericht zufolge entspricht dies aber nicht der Wahrheit.
Die US-Sicherheitsbehörden haben einem Zeitungsbericht zufolge die russische Seite direkt vor einem möglichen Terroranschlag auf die Moskauer Konzerthalle Crocus City Hall gewarnt. Die Zeitung "Washington Post" berief sich in ihrem Bericht auf nicht genannte Quellen in der US-Regierung. Die US-Geheimdienste seien sich sehr sicher gewesen, dass die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) einen Anschlag gerade auf diesen Ort plane.
Am 22. März stürmten vier Männer ungehindert das mit Tausenden Menschen besetzte Veranstaltungszentrum am Moskauer Stadtrand, schossen um sich und legten einen Brand. Bei diesem schlimmsten Terroranschlag in Russland seit Jahren kamen mehr als 140 Menschen ums Leben. Öffentlich bekannt geworden war die Warnung am 7. März, als die US-Botschaft und in Folge andere westliche Vertretungen in Moskau ihre Bürger anhielten, in den kommenden Tagen große öffentliche Veranstaltungen zu meiden.
Putin: US-Warnungen "westliche Provokation"
Wenige Tage vor dem Anschlag tat der russische Präsident Wladimir Putin die Warnung indes als westliche Provokation ab. Nach dem Anschlag bekräftigte der Nationale Sicherheitsrat der USA, dass Moskau auf internen Kanälen benachrichtigt worden sei. Diese Äußerungen gingen aber nicht so weit ins Detail, dass sogar der konkrete Ort Crocus City Hall genannt worden sei. Der Bericht der "Washington Post" widerspricht Angaben des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR in Moskau.
SWR-Chef Sergej Naryschkin bestätigte zwar, dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB von den USA gewarnt worden sei. "Aber unsere russischen Kollegen sagen, dass die Informationen zu allgemein waren und nicht erlaubten, die Personen zu finden, die an diesem schrecklichen Verbrechen beteiligt waren", sagte Naryschkin der Nachrichtenagentur Interfax. Auch wirft die Genauigkeit der US-Warnungen neue Fragen darüber auf, warum die russischen Behörden keine strengeren Maßnahmen zum Schutz der Crocus City Hall ergriffen haben. Zumal auch der Iran, seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine ein enger Verbündeter Russlands, Moskau Insidern zufolge vor dem Anschlag warnte.
IS-Ableger bekennt sich zu Anschlag
Der Islamische Staat hat den Anschlag in mehreren Bekennerschreiben für sich reklamiert. Westliche Sicherheitsbehörden und Experten halten diese Botschaften für glaubwürdig. Sie gehen davon aus, dass die Attacke auf das Konto des IS-Ablegers Islamischer Staat Provinz Khorasan geht. Die russische Führung versucht aber, die Ukraine als eigentlichen Drahtzieher darzustellen, um eine Legitimation für ihren Angriffskrieg zu schaffen.
Putin sagte auf einer Versammlung im Innenministerium, alle Nutznießer dieses Verbrechens sollten ermittelt werden. Er kündigte zugleich an, das Agieren der Sicherheitsbehörden und anderer Stellen während des Anschlags solle untersucht werden. Russische Medien hatten berichtet, dass Spezialeinheiten der Polizei erst mehr als eine Stunde nach Beginn der Schießerei eintrafen und dann mehr als 30 Minuten warteten, bevor sie das Gebäude betraten, während die Angreifer bereits geflohen waren.
Quelle: ntv.de, lar/dpa