Politik

Mordkomplott nicht vom Iran gesteuert? USA zweifeln an Vorwürfen

Feindbild USA: Antiamerikanisches Wandgemälde in Teheran.

Feindbild USA: Antiamerikanisches Wandgemälde in Teheran.

(Foto: REUTERS)

Hat der Iran einen Mordkomplott gegen den saudiarabischen Botschafter in den USA gesteuert oder nicht? Die Islamische Republik selbst weist die Vorwürfe vehement zurück, legt gar Beschwerde bei der UN ein. Jetzt kommen den US-Politikern selbst Zweifel - der Versuch sei zu dilettantisch gewesen, heißt es.

Die US-Regierung hat hochrangigen Mitgliedern zufolge keine harten Beweise für Kenntnisse der obersten iranischen Führung von dem angeblichen Mordkomplott gegen den saudiarabischen Botschafter in Washington. Es sei "mehr als wahrscheinlich", dass der geistliche Führer und die militärische iranische Eliteeinheit Kuds von den Plänen gewusst hätten, sagten die Regierungsvertreter, die namentlich nicht genannt werden wollten. Diese Schlussfolgerung gründe sich aber vor allem auf Analysen und das Wissen über Aufbau und Funktionsweise der Kuds-Truppe. Die Aktion sei sicherlich nicht abseits des Systems geplant worden. Doch: andere Teile der zersplitterten iranischen Führung wie Präsident Mahmud Ahmadinedschad müssten aber "nicht zwangsläufig davon gewusst haben", sagten sie weiter.

"Nieder mit den USA" an einem Regierungsgebäude in Teheran.

"Nieder mit den USA" an einem Regierungsgebäude in Teheran.

(Foto: REUTERS)

Medienberichten zufolge ist der verhaftete Tatverdächtige vor rund einem Jahr in den Iran gezogen. Die Frau des 56-Jährigen beteuerte in Interviews seine Unschuld: Auch wenn sie inzwischen getrennt von ihm lebe, könne sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, "dass er zu so etwas fähig wäre", sagte sie dem TV-Sender KVUE im texanischen Austin. Der Anklageschrift zufolge bekleidet ein Cousin des Verdächtigen einen hochrangigen Posten bei der Kuds-Truppe. Den Behörden zufolge hat der Angeklagte nach seiner Festnahme die Pläne unter Beisein von Ermittlungsbeamten mit einem Kuds-Verbindungsmann am Telefon diskutiert.           

Mehrere hochrangige Regierungsvertreter räumten ein, dass der angebliche Komplott ungewöhnlich schlecht organisiert worden sei. "Wir hätten erwartet, dass die Kuds-Truppe ihre Spuren effektiver verwischt", sagte einer von ihnen. Ein anderer meinte, der Plan für einen gewaltsamen Angriff in den USA liege "sehr außerhalb des Musters" jüngster Kuds-Aktionen.  

"Das passt nicht zusammen"     

"Eine sehr ernste Sache": Catherine Ashton.

"Eine sehr ernste Sache": Catherine Ashton.

(Foto: AP)

Auch ein Iran-Experte des Kongresses äußerte Zweifel an den angeblichen Plänen. "Ein Autoverkäufer aus Texas, der nicht wirklich selbst ein Kuds-Mitglied ist und seit vielen Jahren in den USA lebt - das passt nicht zusammen", sagte Kenneth Katzman. "Es kann dazu einen gewissen Kontakt mit der Kuds gegeben haben, aber die Idee eines gezielten, voll durchdachten Plans, genehmigt von hohen Stellen der iranischen Führung, strapaziert die Gutgläubigkeit." Der Iran wies die Komplottvorwürfe zurück.

International steht die Regierung in Teheran unter Druck. Die Europäische Union hatte den Iran vor "sehr ernsten Konsequenzen" gewarnt, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Washington drohte zuvor mit neuen Strafmaßnahmen gegen die Islamische Republik. "Wir nehmen die Sache sehr ernst", ließ die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel erklären. Wenn sich die Vorwürfe bestätigten, handele es sich dabei um "eine klare Verletzung" zwischenstaatlichen Rechts, die "nach internationalem Strafrecht" verfolgt werden müsse. Den Iran rief Ashtons Sprecherin zur Zusammenarbeit mit den USA auf, um die Vorwürfe aufzuklären.

Die britische Regierung erklärte, die USA dabei unterstützen zu wollen, Teheran für sein Handeln zur Verantwortung zu ziehen. Ein Sprecher von Premierminister David Cameron nannte die angebliche Verwicklung des Iran in den Attentatsplan "schockierend". US-Außenminister Hillary Clinton hatte angekündigt, dass Washington eine Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Teheran anstrebe und den Iran international weiter "isolieren" wolle.

Mutmaßlicher Drahtzieher verhaftet

Manssor Arbabsiar wurde schon im September verhaftet.

Manssor Arbabsiar wurde schon im September verhaftet.

(Foto: AP)

Als mutmaßliche Drahtzieher nannte das US-Justizministerium Manssor Arbabsiar, einen 56-Jährigen mit iranischer und US-Staatsbürgerschaft, und Gholam Schakuri, Mitglied der Al-Kuds-Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden. Arbabsiar sei Ende September am New Yorker Flughafen John F. Kennedy festgenommen worden, Schakuri sei flüchtig. Beide hätten bei ihren Anschlagsplänen eng mit Teilen der iranischen Regierung zusammengearbeitet.

Die "Verschwörung" sei vom Iran aus "erdacht, gefördert und gelenkt" worden, hatte US-Justizminister Eric Holder gesagt. FBI-Chef Robert Mueller sprach von einem Komplott "wie ein Hollywood-Drehbuch". Demnach sollte der saudi-arabische Botschafter Adel al Dschubeir bei einem Bombenanschlag in einem Restaurant in Washington getötet werden. Dafür hätten die Iraner im Sommer einen vermeintlichen mexikanischen Auftragskiller angeheuert, der allerdings als Informant für die US-Behörden tätig war.

Die mutmaßlichen Drahtzieher seien bereit gewesen, 1,5 Millionen Dollar für das Attentat zu bezahlen und hätten bereits eine Anzahlung von 100.000 Dollar geleistet. US-Medien zufolge sahen die Pläne auch Bombenanschläge auf die saudi-arabische und israelische Botschaft in Washington vor.

Iran wehrt sich

Adel al Dschubeir soll das Ziel des Komplotts gewesen sein.

Adel al Dschubeir soll das Ziel des Komplotts gewesen sein.

(Foto: dapd)

Teheran bezeichnete die Anschuldigungen als "konstruiertes Szenario" und wies die "schändliche Behauptung kategorisch und auf das Schärfste zurück". Der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi warf den USA vor, damit nur von innenpolitischen Problemen ablenken zu wollen. Salehi erklärte weiter, die USA würden sich möglicherweise deswegen entschuldigen müssen. Der iranische UN-Gesandte legte offiziell Beschwerde bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und beim UN-Sicherheitsrat ein.

Teheran bestellte den Schweizer Botschafter ein, der die Interessen der USA im Iran vertritt. Beide Länder unterhalten seit 1980 keine diplomatischen Beziehungen mehr. Das ist derzeit insbesondere wegen des Streits um das iranische Atomprogramm angespannt.

Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa

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