Boko Haram terrorisiert Nigeria Über 100 Tote bei Doppelanschlag
21.05.2014, 01:25 Uhr
Allein in diesem Jahr starben bereits über 2000 Menschen durch Anschläge in Nigeria. Hier das Bild eines Autobombenanschlags in Kano.
(Foto: REUTERS)
In Nigeria sterben mindestens 118 Menschen bei zwei Explosionen auf einem Markt. Hinter dem Terror steht vermutlich die islamistische Sekte Boko Haram: Sie hat bereits 200 Mädchen entführt, von denen weiter jede Spur fehlt.
In Nigeria sind am Dienstag bei zwei Bombenanschlägen mindestens 118 Menschen getötet worden. 45 weitere Menschen seien durch die in kurzem Abstand detonierten Sprengsätze verletzt worden, teilten die Behörden mit. "Viele Menschen rennen mit Blut an ihren Kleidern vom Tatort weg", sagte ein Augenzeuge. Hinter den Angriffen in einem belebten Geschäftsviertel in der Stadt Jos wurde die islamistische Gruppe Boko Haram vermutet, die im April mehr als 200 Schülerinnen verschleppt hat.
"Wir haben bislang 118 Leichen aus den Trümmern geborgen" , sagte der Koordinator der Rettungsarbeiten in dem nordöstlich der Hauptstadt Abuja gelegenen Ort. "Die Zahl könnte bis zum Morgen weiter steigen." Noch seien viele Trümmer nicht weggeräumt worden. Mehrere Geschäfte brannten aus. Fensterscheiben gingen zu Bruch. Ringsum lagen Trümmer auf der Straße.
Der erste Sprengsatz sei gegen 15.00 Uhr detoniert, teilte die Polizei mit, der zweite eine halbe Stunde später, als zahlreiche Menschen den Opfern zu Hilfe eilten. Ein solches Vorgehen ist von Extremisten im Irak und anderen Ländern bekannt, die auf diese Weise die Zahl der zivilen Opfer in die Höhe treiben wollen. Eine Bombe habe sich in einem Lastwagen befunden, ein anderer Sprengsatz in einem Minibus, berichtete ein Offizier der Spezialeinsatzkräfte.
Steckt Boko Haram dahinter?
Zu den Anschlägen in Jos bekannte sich zunächst niemand. Doch das ist nicht unüblich bei Anschlägen, für die Boko Haram verantwortlich gemacht wird. Die Gruppe kämpft für einen islamistischen Staat im Norden des Landes. Mehr als 3000 Menschen kamen in dem Konflikt bereits ums Leben. Die Streitkräfte des Landes hatten im Mai 2013 eine Offensive gegen die Gruppe begonnen, jedoch ohne großen Erfolg.
Sollte Boko Haram tatsächlich hinter den Anschlägen in Jos stecken, wäre das ein Indiz dafür, dass die Islamisten aus ihrem angestammten Gebiet im Norden weiter ins Zentrum Nigerias vorrücken. Jos war bislang von Gewalt der Gruppe weitgehend verschont geblieben.
Mädchen noch immer spurlos verschwunden
Die Terrorgruppe mit Kontakten zu nordafrikanischen Al-Kaida-Ablegern will im muslimischen Norden Nigerias einen fundamentalistisch-islamischen Staat errichten. Mitte April hatte Boko Haram mehr als 200 Schulmädchen im Norden Nigerias entführt. Die Islamisten drohen, die Mädchen zu verkaufen, wenn die Regierung in Abuja gefangene Boko-Haram-Mitglieder und deren Angehörige nicht freilässt.
Bisher fehlt trotz der Unterstützung von amerikanischen und europäischen Experten und dem Einsatz von Aufklärungsflugzeugen noch jede Spur von den Mädchen. Frankreich und Nigeria sowie vier andere afrikanische Länder hatten am vergangenen Samstag bei einem Anti-Terrorgipfel einen Aktionsplan gegen die Terrororganisation beschlossen. Man werde den Informationsaustausch der Geheimdienste verstärken, die Aktionen afrikanischer Militärs koordinieren und die Grenzen in Afrika kontrollieren, sagte der französische Präsident François Hollande. Eine Militäraktion des Westens gegen Boko Haram schloss Hollande allerdings aus.
Der Terror der Extremisten treibt im Norden Nigerias immer mehr Menschen in die Flucht: Rund ein Jahr nach der Verhängung des Ausnahmezustands in den besonders schlimm betroffenen Bundesstaaten Yobe, Borno und Adamawa wurden dort nach UN-Angaben 250.000 Menschen vertrieben. Rund 61.000 weitere hätten in Kamerun, Tschad und Niger Zuflucht gesucht.
Quelle: ntv.de, fma/dpa/AFP/rts