Rot-grüne Missverständnisse? Überflugrechte und AWACS
09.12.2002, 07:50 UhrZwischen SPD und Grünen hat es offenbar einige Verwirrung über die zu gewährende Unterstützung für die USA im Falle eines Irak-Krieges gegeben. Auslöser war eine Erklärung der Grünen auf dem Parteitag in Hannover. Darin sprachen sich die Delegierten gegen auch jede passive Unterstützung für einen möglichen US-Angriff auf den Irak ohne UN-Mandat aus. Am Montag demonstrierten SPD und das neu gewählte Spitzen-Duo bei den Grünen Einigkeit bei den deutschen Hilfszusagen bei einem Militärschlag mit UN-Mandat - wichen Fragen nach der deutschen Haltung bei einem US-Alleingang jedoch aus.
Die neue Grünen-Vorsitzende Angelika Beer hatte der Tageszeitung "Die Welt" gesagt, im Falle eines amerikanischen Alleingangs könne Deutschland den USA weder Überflugrechte noch die Nutzung ihrer Militärbasen gestatten. Außerdem erlaube das Grundgesetz "im Falle eines Angriffskrieges weder logistische Unterstützung noch die Beteiligung an AWACS-Einsätzen".
Diese Position stimme mit der Haltung der SPD überein, erklärte Beer am Montag im Deutschlandfunk. Dort jetzt einen Spalt zwischen Rot und Grün zu suchen, sei relativ erfolglos.
Regierungssprecher Bela Anda machte inzwischen deutlich, dass die Grundlage aller Hilfszusagen der Bundesregierung an die UN-Resolution 1441 zu den Waffenkontrollen im Irak gebunden sei. Sollte sich Bagdad dieser Resolution widersetzen und die internationale Gemeinschaft ein militärisches Vorgehen gegen den Irak beschließen, werde die Bundesregierung den USA Überflugrechte und die Nutzung der amerikanischen Stützpunkte in Deutschland gewähren. Es gebe keinen Anlass daran zu zweifeln, dass sich die USA nicht an den Beschluss des UN-Sicherheitsrates hielten. Daher gebe es keine Überlegungen für einen solchen Fall.
Zuvor hatte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz im Inforadio Berlin-Brandenburg erklärt, Deutschland werde den USA Überflugrechte und die Nutzung der Militärbasen gewähren. Die Regierung habe sich in dieser Frage bereits festgelegt. Damit erweckte Scholz offensichtlich bei einigen Medien den Eindruck, die Zusage gelte auch für den Fall eines Angriffs ohne UN-Mandat.
Auswärtiges Amt: Keine US-Anfrage wegen AWACS
Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, wies inzwischen einen Zeitungsbericht zurück, wonach die USA Aufklärungsflugzeuge vom Typ AWACS mit deutscher Besatzung gefordert hätten. Im Deutschlandfunk sagte sie, die USA konsultierten derzeit die NATO-Verbündeten für den Fall, dass es keine friedliche Einigung mit dem Irak gibt. Es gebe aber keine formelle Anfrage und insofern keinen Entscheidungsbedarf.
SPD-Fraktionsvize Erler gegen AWACS-Einsatz
Die Debatte um die AWACS konnte Müller mit dieser Erklärung indes nicht stoppen. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, sprach sich gegen einen Einsatz deutscher AWACS-Besatzungen aus. Mit einer solchen Beteiligung würde Deutschland eine "rote Linie " überschreiten, sagte er im Südwestrundfunk. Das beziehe sich auf jede Form einer kriegerischen Handlung, die etwa durch einen amerikanischen Angriff auf den Irak ausgelöst werde. Eine Beteiligung an einem solchen Krieg wäre nicht vereinbar mit den Ankündigungen der Bundesregierung, betonte Erler.
Die AWACS-Maschinen sind im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen stationiert. Die Besatzungen bestehen zu einem Drittel aus Bundeswehrsoldaten.
Quelle: ntv.de