EU hebt Kuba-Sanktionen auf Überprüfung in einem Jahr
20.06.2008, 09:36 UhrDie Europäische Union hebt ihre diplomatischen Sanktionen gegen Kuba auf. Das haben die EU-Außenminister am Rande des Gipfeltreffens in Brüssel vereinbart. Der formelle Ratsbeschluss dazu wird allerdings zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Bei den Sanktionen handelt es sich nicht um Handelsbeschränkungen, sondern um ein Verbot von Kontakten zwischen hochrangigen kubanischen Politikern und der EU. Die EU hatte diese Kontakte 2003 eingestellt, nachdem das Regime von Fidel Castro 75 Dissidenten inhaftiert hatte. Zugleich hatte die EU demonstrativ die Kontakte zu Oppositionellen verstärkt.
Strenge Revisionsklausel
Bereits 2005 waren die Maßnahmen vorübergehend aufgehoben worden. Sie sollen nun vor allem auf Drängen Spaniens vollständig aufgehoben werden, weil es nach dem Rückzug Fidel Castros aus der Staatsführung Anzeichen für eine Liberalisierung gebe. Spanien hatte seine Beziehungen zu Kuba im April 2007 normalisiert und seit längerem auf die Aufhebung der Sanktionen gedrungen. Tschechien und Schweden hatten Bedenken dagegen. Die Entscheidung werde nach einem Jahr überprüft und nur dann beibehalten, wenn die kubanische Regierung bis dahin politische Gefangene freilasse, hieß es aus der deutschen Delegation.
Fidel Castro hatte nach fast 50 Jahren als Staats- und Parteichef wegen seiner schweren Erkrankung die Macht an seinen Bruder Raul abgegeben, der sein Amt im Februar antrat. Seit 2003 wurden in Kuba nur 20 von 75 zu langen Haftstrafen verurteilten Dissidenten freigelassen, zumeist aus gesundheitlichen Gründen.
USA kritisieren Europa
Die US-Regierung reagierte ungehalten auf die Entscheidung der EU-Staaten. "Wir haben nur einige sehr kleine kosmetische Änderungen durch das Regime gesehen", sagte Außenamtssprecher Tom Casey in Washington. "Wir sehen keinerlei fundamentalen Bruch" gegenüber dem Kommunismus, wie er unter Fidel Castro praktiziert worden sei. Die Verbündeten sollten von Schritten absehen, die der Führung in Havanna "zusätzliche Legitimation" geben könnten, so Casey.
Opposition: Heuchlerische EU-Politik
Auch die kubanische Opposition zeigte sich besorgt. Die Entscheidung sei bestimmt von "wirtschaftlichen Interessen und heuchlerisch", sagten Dissidenten in ersten Reaktionen. "Dies bestätigt einmal mehr, dass die EU trotz ehrenvoller Ausnahmen mit ihrer heuchlerischen Politik fortfährt, die nur von Wirtschaftsinteressen bestimmt wird, und nicht darauf abzielt, dass Kuba in den Kreis der demokratischen Länder der Welt eintritt", sagte Vladimiro Roca von der Sozialdemokratischen Partei.
Der Ökonom Oscar Espinosa, einer der 75 Dissidenten, wegen deren Verhaftung 2003 die EU die Sanktionen beschlossen hatte, sagte: "Es ist besorgniserregend, denn die Aufhebung ohne Gegenleistung kann sehr negative Auswirkungen im Inneren Kubas haben." Vor allem die "harten Sektoren" der Regierung könnten das als Signal verstehen, es lohne sich, unnachgiebig und unversöhnlich zu bleiben."
Quelle: ntv.de