Skandal beim BND Uhrlau darf bleiben
25.04.2008, 16:16 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilt die Kritik des Bundestags am Bundesnachrichtendienst wegen der Bespitzelung einer deutscher Journalistin und eines afghanischen Ministers. BND-Chef Ernst Uhrlau verliert seinen Posten dennoch nicht.
Das Bundeskanzleramt wies Uhrlau lediglich an, drei ranghöhere Mitarbeiter des Auslandsgeheimdienstes umzusetzen. Den Grünen reicht das nicht - sie fordern Konsequenzen im Kanzleramt. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele forderte bei n-tv, im Kanzleramt müsse man sich der Verantwortung für den BND "endlich" klar werden.
"Welche Weisungen hat beispielsweise der Chef des Bundeskanzleramts, der ja Oberaufseher des Bundesnachrichtendienstes ist, gegeben, dass nach den früheren Bespitzelungen von Journalisten so was nicht wieder vorkommt?", fragte Ströbele. Kanzleramtsminister ist der CDU-Politiker Thomas de Maizire.
Die Bewertung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) gebe auch Merkels Einschätzung wieder, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Das PKGr hatte ein "gestörtes Vertrauen" zur Leitung des BND festgestellt, von einem "schweren Grundrechtsverstoß" gesprochen und die mangelnde Informationssorgfalt des Dienstes missbilligt.
"Disziplinarische Ermittlungen wurden eingeleitet"
Bei den drei BND-Mitarbeitern handelt es sich nach Angaben Wilhelms um den verantwortlichen Abteilungsleiter, seinen früheren Stabsleiter sowie den Verantwortlichen im Stabsbereich von BND-Präsident Uhrlau. "Disziplinarische Ermittlungen wurden eingeleitet", sagte Wilhelm. Zudem werde das Kanzleramt unverzüglich eine Prüfgruppe in die entsprechende BND-Abteilung entsenden, um die Abläufe generell unter die Lupe zu nehmen. Der BND hatte ein Spionageprogramm auf der Festplatte des afghanische Handels- und Industrieminister Amin Farhang installiert und dabei auch die E-Mail-Korrespondenz der deutschen "Spiegel"-Redakteurin Susanne Koelbl abgefischt.
Keine Entschuldigung bei afghanischem Minister
Auf die Frage, ob die Bundesregierung sich bei Farhang entschuldigt habe, sagte Wilhelm: Diese Frage könne er nicht einfach beantworten, weil ihm nicht bekannt sei, aufgrund welcher Informationen der BND damals die Entscheidung getroffen habe. Nach einer Rechtsänderung im Sommer 2007 könne aber eine solche Entscheidung heute nur noch von der BND-Leitung selbst getroffen werden. Trotz der Bespitzelung Farhangs ist die Zusammenarbeit mit Kabul laut Auswärtigem Amt (AA) weiter eng und vertrauensvoll. Die afghanische Regierung habe bisher noch keine offizielle Anfrage an die deutsche Seite gerichtet, sagte AA-Sprecher Martin Jäger.
Farhang, der in Deutschland studierte, seinen Doktortitel an der Universität Köln machte und an der Ruhr Universität in Bochum lehrte, reagierte empört auf die gegen ihn gerichteten Abhörmaßnahmen. Er äußerte sich in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" enttäuscht, dass sich weder der BND noch die Bundesregierung bei ihm entschuldigt hätten, und wies einen möglichen unterschwelligen Vorwurf zurück, er kooperiere mit den radikal-islamischen Taliban. Farhang sagte der Zeitung: "Durch diese absurde Lüge, ich sei eine Art Doppelagent, ist mein Leben und das meiner Familie in größter Gefahr."
Der FDP-Abgeordnete Max Stadler bezeichnete die Entscheidung, einen ausländischen Minister zu überwachen, im WDR als "äußerst problematisch". "Das ist aber Angelegenheit der Bundesregierung. Wenn dabei jetzt, wie es geschehen ist, Mails von Frau Koelbl erfasst wurden, dann hätte diese Überwachung sofort abgeschaltet werden müssen."
"Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen"
Linke-Fraktionsvize Wolfgang Neskovic sieht indes in den vom Kanzleramt angeordneten personellen Konsequenzen ein "verheerendes Signal für die Mitarbeiter des BND". Die Mitarbeiter würden als "Fußabtreter" in der politischen Auseinandersetzung zwischen Union und SPD genutzt. "Das Bundeskanzleramt verfährt dabei nach dem Motto: 'Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.'"
Quelle: ntv.de