Politik

Der Kriegstag im Überblick Ukraine verliert ein Drittel ihrer Kraftwerke - NATO verspricht Drohnen-Abwehr

Ukrainische Notfalldienste im Dauereinsatz: Mehr als 1000 Orte in der Ukraine sind nach Drohnenangriffen ohne Strom.

Ukrainische Notfalldienste im Dauereinsatz: Mehr als 1000 Orte in der Ukraine sind nach Drohnenangriffen ohne Strom.

(Foto: picture alliance / AA)

Russland will der Ukraine den Strom abstellen - und setzt dabei laut Kiew auch auf billige iranische Kamikaze-Drohen. Selenskyj beklagt eine massive Zerstörung der heimischen Elektrizitätswerke binnen einer Woche. Die NATO verspricht schnelle Hilfen zur Stärkung der Luftabwehr. Ein Experte sieht Kiews Offensiven gestoppt. Der 237. Kriegstag im Überblick.

Stoltenberg sagt zügige Luftabwehrhilfen zu

Nach zahlreichen russischen Angriffen auf die Strom-Infrastruktur der Ukraine hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärt, das Bündnis werde Kiew "in den kommenden Tagen" Systeme zur Drohnenabwehr liefern. Damit solle das Land bei der Verteidigung gegen Drohnen aus iranischer Produktion unterstützt werden, mit denen Russland kritische Infrastruktur in der Ukraine zerstöre.

Stromausfälle: Selenskyj beklagt "kritische Lage"

Nach eigenen Angaben befindet sich die Ukraine derzeit in einer bedenklichen Lage. "Die Lage ist jetzt im ganzen Land kritisch", hieß es aus dem Präsidialamt in Kiew. Laut Staatschef Wolodymyr Selenskyj zerstörte Russland binnen einer Woche 30 Prozent der ukrainischen Elektrizitätswerke. Laut den staatlichen Notfalldiensten waren mehr als 1100 Orte ohne Strom. Zwischenzeitlich seien wegen der Angriffe seit dem 7. Oktober bis zu 4000 Orte ohne Strom gewesen. Bei den Angriffen seien mehr als 70 Menschen getötet und rund 240 weitere verletzt worden. Auch in Teilen der Hauptstadt Kiew gab es im Laufe des Tages Unterbrechungen der Strom- und Wasserversorgung, wie der örtliche Stromversorger DTEK mitteilte.

Das russische Verteidigungsministerium sprach von Angriffen mit hochpräzisen Langstreckenwaffen auf die Armee und Energie-Infrastruktur der Ukraine. Alle Ziele seien getroffen worden. Bei den Angriffen setzte die russische Armee nach ukrainischen Angaben auch iranische Kamikaze-Drohnen ein. Außenminister Dmytro Kuleba schrieb auf Facebook, dass er Präsident Selenskyj vorgeschlagen habe, die diplomatischen Beziehungen zu Teheran abzubrechen. Kuleba kündigte auf einer Pressekonferenz an, Israel um militärische Hilfe und die umgehende Lieferung von Luftabwehrsystemen zu bitten.

Iranische Drohen: Kreml gibt sich ahnungslos

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte auf Nachfrage eines Journalisten, ihm lägen "keine Informationen" über den Einsatz iranischer Drohnen in der Ukraine durch die russische Armee vor. Zuvor hatte das US-Außenministerium mit Sanktionen gegen Unternehmen und Länder gedroht, die in das iranische Drohnenprogramm involviert sind.

Nach Angaben aus Regierungs- und diplomatischen Kreisen in Teheran sagte der Iran bereits die Lieferung weiterer Drohnen und Boden-Boden-Raketen zu. Eine entsprechende Vereinbarung sei bereits am 6. Oktober getroffen worden. Damals hätten der Erste Vizepräsident des Iran, Mohammad Mochber, und weitere Vertreter Teherans in Moskau Gespräche mit der russischen Regierung über Waffenlieferungen geführt, sagten vier mit der Angelegenheit vertraute iranische Vertreter.

Kiews Militärgeheimdienst sieht Russlands Raketenvorräte erschöpft

Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR geht davon aus, dass der russische Vorrat an vielen Raketentypen ein kritisch niedriges Niveau erreicht hat. "Die russische Rüstungsindustrie kann nicht genügend neue Raketen produzieren, und die, mit denen sie am 24. Februar in den Krieg gezogen sind, gehen bereits zur Neige", sagte der HUR-Leiter, Brigadegeneral Kyrylo Budanow, laut einer Mitteilung. "Bei vielen Gütern ist diese Zahl bereits unter das kritische Niveau gesunken. Ich meine das Niveau von 30 Prozent", fügte er hinzu. Budanow sagte, dass die russischen Lieferungen von "Iskander"-Marschflugkörpern beispielsweise auf 13 Prozent des normalen Niveaus gefallen seien.

Militärexperte sieht Wendepunkt im Krieg

Nach Einschätzung des Militärexperten Carlo Masala hat der Krieg zwischen Russland und der Ukraine einen weiteren Wendepunkt erreicht. "Der Krieg dreht sich jetzt gerade", sagte der Politikprofessor der Bundeswehruniversität München im "Stern"-Podcast "Ukraine - die Lage". Gleich an mehreren Stellen gerate die Ukraine unter Druck: "Wir haben Kämpfe im Osten, wir haben Kämpfe im Süden, wir haben sozusagen eine zweite belarussische Front, wir haben Beschuss auf die großen Städte", erläuterte Masala. "Den Ukrainern ist die Initiative genommen worden", ihre Gegenoffensive in den besetzten Gebieten sei "im Prinzip zum Halten gekommen".

Dies ändere jedoch nichts an den massiven Problemen der russischen Streitkräfte, so Masala. Dass diese jetzt auf einfach konstruierte iranische Drohnen setzten, während die Ukrainer über modernes Gerät verfügten, sei eine paradoxe Situation. Und zudem "ein weiterer Hinweis darauf, dass das Material bei den Russen knapp wird".

Kremltruppen melden Eroberung in Charkiw

Am Nachmittag verübte die russische Armee auch auf Charkiw im Nordosten und Mykolajiw im Süden Angriffe. In der Region Charkiw eroberte sie nach eigenen Angaben die Ortschaft Gorobiwka unweit der russischen Grenze zurück. Es wäre die erste Eroberung einer Ortschaft, seitdem die ukrainische Armee im September eine erfolgreiche Gegenoffensive in dem Gebiet geführt hatte.

Zur Stärkung seiner Armee hatte Putin am 21. September eine Teilmobilmachung von hunderttausenden Reservisten angeordnet. Aus dem Kreml hieß es dazu nun, die Teilmobilmachung sei noch nicht beendet, in einigen Regionen des Landes aber bereits abgeschlossen.

Kampfjetabsturz in Russland fordert 15 Opfer

Beim Absturz eines russischen Militärflugzeugs am Montag in Jejsk am Asowschen Meer kamen nach neuen Angaben des Gouverneurs der russischen Region Krasnodar 15 Menschen ums Leben. Die Maschine war in einen Wohnkomplex gestürzt, Ermittler gingen von einem "technischen Defekt" der Maschine aus, die sich nahe der Ukraine auf einem Übungsflug befunden habe.

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Quelle: ntv.de, mau/AFP/rts

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