Zoff um Stuttgart 21 Union attackiert Grüne
02.10.2010, 20:55 UhrMit scharfer Zunge verurteilt Verteidigungsminister Guttenberg das Verhalten der Grünen beim Protest gegen Stuttgart 21. Die Grünen zeichne nur die "bebende Unterlippe der Empörung aus". In den vergangenen Jahren hätten sie in der Regierungsverantwortung ständig versagt. Derweil verschärfen sich die Verbalattacken zwischen Grünen-Chef Özdemir und Ministerpräsident Mappus.
Die Union hat wegen der Auseinandersetzung um Stuttgart 21 die Tonlage gegen die Grünen verschärft. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) warf den Grünen vor, dass ihnen in der Auseinandersetzung "die Formen des Anstands entgleisen." Es sei etwa empörend, dass Grünen-Chef Cem Özdemir dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten vorgeworfen habe, Blut sehen zu wollen, sagte Guttenberg auf einer Veranstaltung der Jungen Union. Özdemir habe gut daran getan, sich dafür zu entschuldigen.
Mit Blick auf die Auseinandersetzungen in Stuttgart sagte Guttenberg, dass es "Gott sei Dank in diesem Land das Recht zu Demonstration gibt, aber man von allen Seiten so etwas wie Niveau abverlangen kann und sollte." In Stuttgart sei die Grenze zum "zelebrierten Krawall" überschritten worden. "Wenn jemand bei einem Gesprächsangebot sage, mit 'Lügnern sprechen wir nicht' und dann 'Mappus raus', dann ist das für mich zunächst einmal Krawall."
Es sei wichtig, einen "schonungslosen" Blick auf die Grünen zu werfen, die in den vergangenen Jahren in Regierungsverantwortung ständig versagt hätten. "In der Opposition aber zeichneten sie sich im Wesentlichen durch eine bebende Unterlippe der Empörung aus", sagte Guttenberg.
Gegenseitige Verbalattacken
Grünen-Politiker und der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) kritisierten sich derweil wegen der Ausschreitungen mit 130 Verletzten gegenseitig.
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir sagte der "Passauer Neuen Presse", das "brutale Vorgehen" gegen die Demonstranten mit Wasserwerfen und Pfefferspray sei mit Blick auf die Landtagswahlen im März "knallhartes Kalkül". Mappus wolle damit die Demonstranten in zwei Lager spalten. Seine eigenen Anhänger, "bürgerliche Demonstrierende", wolle er abschrecken, indem ihnen Angst gemacht werde. Doch damit schaufle sich Mappus sein "politisches Grab". Er habe "auf ältere Damen und Kinder einprügeln" lassen und werde im März abgewählt. Ähnlich äußerte sich der Tübinger Bürgermeister Boris Palmer (Grüne) und sprach in der "Frankfurter Rundschau" von "kalkulierter Gewalt".
Mappus warf den Grünen vor, mit der Organisation der Proteste gegen "Stuttgart 21" gemeinsame demokratische Spielregeln aufzugeben: "Die Grünen helfen mit, eine außerordentliche Opposition zu organisieren, die so tut als ob wir in einer Diktatur leben", sagte Mappus der "Welt am Sonntag". Es sei kein Zufall, dass die Sache ein halbes Jahr vor der Landtagswahl hochgepuscht werde.
Rech revidiert Pflasterstein-Vorwurf
Unterdessen machte der Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes ebenfalls die baden-württembergische Landesregierung für das harte Vorgehen der Polizei verantwortlich. Vieles spreche dafür, dass bei dem Einsatz von Anfang an keine Deeskalation geplant war, sagte der ehemalige Rektor der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen der "Stuttgarter Zeitung". Feltes nannte als Beispiel den aus seiner Sicht überzogenen Wasserwerfereinsatz und verwies darauf, dass er grundlos in die Menschenmenge hinein gerichtet gewesen sei. "Man hat das Gefühl, die Politik wollte diesen Konflikt", sagte er.
Bei den Protesten am Donnerstag waren unter den Verletzten zahlreiche Schüler, ältere Menschen sowie sechs Polizeibeamte. Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) hatte den Einsatz von Wasserwerfern und Pfefferspray mit dem "Selbstschutz" der Beamten gerechtfertigt, weil auf sie "Pflastersteine" geworfen worden seien. Später nahm Rech diesen Vorwurf zurück: Jugendliche hatten nur mit Kastanien auf die Polizisten geworfen, wie eine Polizeisprecherin bestätigte.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP