Prägt er, prägt er nicht? Union streitet über Islam
05.03.2011, 10:46 Uhr
Ein Muslim betet in der Ayasofya Moschee in Hannover.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Union debattiert wieder. Diesmal geht es um den Islam und seine Rolle in Deutschland. Bundespräsident Wulff wiederholt seine umstrittene Äußerung: "Der Islam ist ein Teil von Deutschland." Unionsfraktionschef Kauder hält dagegen und meint, dass der Islam unsere Gesellschaft nicht präge. Muslimische Verbände sind empört.
In der Union entbrennt ein Streit über die Rolle des Islams in Deutschland. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) unterstützte den neuen (CSU), für den der Islam aus historischer Sicht nicht zu Deutschland gehört. Friedrich hatte damit einer früheren Bemerkung von Bundespräsident Christian Wulff widersprochen.
Wulff wiederholte indes den Satz über die Integration von Muslimen in Deutschland. In einem Interview mit dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira, das am Montag aufgezeichnet und nun ausgestrahlt wurde, sagte er: "Der Islam ist ein Teil von Deutschland." Man dürfe nicht zulassen, dass diese Religion automatisch mit Terrorismus in Verbindung gebracht werde. Die muslimischen Einwanderer hätten die gleichen Rechte wie alle anderen Deutschen, da auch sie zum Aufbau des Staates beitrügen.
Der CDU-Politiker und Vorsitzende des Bundestagsausschusses des Auswärtigen, Ruprecht Polenz, verteidigte Wulffs Aussage. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Polenz: "Es passt nicht, wenn man sagt, eine Weltreligion gehöre nicht zu Deutschland." Andernfalls müssten vier Millionen Muslime das Gefühl haben, ihre Religion sei nicht offiziell anerkannt. Nach dem Grundgesetz bestehe aber eine wohlwollende Neutralität des Staats zu den Religionen. Wulff habe mit seiner richtigen Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, auch keineswegs behauptet, der Islam habe das Land ähnlich stark geprägt wie das Christentum.
Der CDU-Politiker Kauder stellte sich dagegen auf die Seite Friedrichs: "Der Islam hat unsere Gesellschaft nicht geprägt und prägt sie auch heute nicht. Der Islam gehört damit nicht zu Deutschland", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag der "Passauer Neuen Presse". Kauder fügte jedoch hinzu: Wohl aber gehörten die Muslime zu Deutschland. Ähnlich äußerte sich sein Fraktionskollege, der Innenausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU), bei "Spiegel-TV": "Natürlich ist der Islam ein starker Teil der Realität in unserem Land, aber dass er zur Identität unseres Landes gehört, würde ich auch nicht sagen."
Kritik von Opposition
Der nordrhein-westfälische Arbeits- und Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) warf dem neuen Innenminister in der "Rheinischen Post" vor: "Friedrich behindert mit seinen Äußerungen die Integration." Auch muslimische Verbände kritisierten die Äußerungen. Friedrich habe die Islamkonferenz, für die er zuständig ist, als Schau-Veranstaltung in Verruf gebracht, sagte der Vorsitzende des deutschen Islamrats, Ali Kizilkaya, der "Bild"-Zeitung. "Die Kanzlerin muss klarstellen, ob Muslime dazugehören oder nicht", forderte er.
Man wolle auch mit dem neuen Innenminister zu Dialog und Lösungen kommen, sagte der Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, dem Blatt. Aber: "Wenn der Innenminister den Streit sucht, wird er ihn bekommen." Nach Angaben der Bundesregierung leben in Deutschland derzeit etwa 3,8 bis 4,3 Millionen Muslime, rund fünf Prozent der Bevölkerung.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa