Pekings "Stichwortgeber" Unions-Attacke auf Steinmeier
24.11.2007, 15:05 UhrIn der großen Koalition spitzt sich der Konflikt über den richtigen Kurs in der Außenpolitik zu. Während die Union ihre Angriffe auf Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verstärkte, warnte dieser CDU und CSU vor "taktischen Spielchen".
CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder warf dem neuen Vizekanzler vor, sich als "Stichwortgeber für ausländische Kritik" herzugeben. Steinmeier habe die Proteste Chinas gegen den Empfang des Dalai Lama durch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "eher befeuert, als sie zu beruhigen", kritisierte Kauder in der "Frankfurter Rundschau" - ähnlich wie zuvor bereits Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Steinmeier hielt der Union im "Spiegel" entgegen: "Ich mache der Kanzlerin keine Vorschriften, mit wem sie spricht. Umgekehrt sollte die Union mich auch nicht für die Konsequenzen verantwortlich machen." Er verwahrte sich gegen den Vorwurf der Leisetreterei in Menschenrechtsfragen: "Im Umgang mit autoritären Staaten habe ich mir nichts vorzuwerfen. Ich pflege offene, sehr klare Worte, wenn auch nicht unbedingt immer vor laufenden Kameras."
Die Behauptung, er kehre Kritikwürdiges unter den Teppich, sei "Quatsch". Indirekt distanzierte sich Steinmeier zugleich von der Kritik des SPD-Altkanzlers Gerhard Schröder an seiner Nachfolgerin. Schröder hatte Merkel in Peking wegen des Dalai-Lama-Empfangs gerügt. "Ich finde es gut, wenn Deutschland sich im Ausland möglichst geschlossen präsentiert", betonte der Vizekanzler mit Blick auf Schröder.
Wie aus Regierungskreisen verlautete, hat auch die zuständige Abteilung im Kanzleramt gegen den Empfang des geistlichen Oberhaupts der Tibeter in der Berliner Regierungszentrale wegen der zu erwartenden Konsequenzen Bedenken geäußert. Diese Warnungen seien aber unbeachtet geblieben, hieß es in Berlin.
In der SPD-Führung wurden die verstärkten Unions-Attacken auf Steinmeier mit den jüngsten Umfrage-Ergebnissen erklärt. Vor allem die CDU werde offenbar "nervös", weil der Außenminister die Kanzlerin erstmals seit längerer Zeit in der Beliebtheits-Skala überholt habe.
Steinmeier selbst erinnerte daran, dass die SPD in der Außenpolitik schon vieles gegen den erbitterten Willen der Union durchgesetzt habe. Dies sei bei der Ostpolitik Willy Brandts ebenso der Fall gewesen wie bei der Ablehnung des Irak-Kriegs durch Schröder, sagte er am Freitagabend beim Kongress der Jungsozialisten in Wolfsburg. "Am Ende hat uns die Geschichte Recht gegeben", meinte der Vizekanzler, der für seinen Auftritt vom Parteinachwuchs gefeiert wurde.
Quelle: ntv.de